Aichacher Nachrichten

Der größte Maibaum

Der Diebstahl des „höchsten Maibaums Deutschlan­ds“ist endlich restlos geklärt. Ein nahezu gleich hoher Baum steht derweil in Affing – doch der hat ein Geheimnis

- VON CHRISTOPH LOTTER UND ALICE LAURIA

Den wohl größten Maibaum Deutschlan­ds haben die Sielenbach­er geklaut. Der Affinger ist fast genauso groß. Das hat besondere Gründe.

Affing/Sielenbach Das Schicksal des längsten Maibaums Deutschlan­ds scheint wohl endlich abschließe­nd geklärt. Trotzdem sorgt der 50-Meter-Koloss weiter für Furore. Seit am Dienstag in Affing ein fast gleich hoher Baum aufgebaut worden ist, stellt sich die Frage: Haben die Sielenbach­er und Radelsried­er Burschen tatsächlic­h den höchsten Maibaum Deutschlan­ds gestohlen?

Der Besitzer des langen Baumes, den die Sielenbach­er bei Hohenwart aufgetan haben, gibt selbst Anlass zu Zweifel. Die Aussage „der größte Maibaum Deutschlan­ds“sei keinesfall­s als Fakt anzusehen, gibt Udo Venema auf Nachfrage zu: „Diese Behauptung ist reine Spekulatio­n. Es gibt keine Möglichkei­t, das nachzuprüf­en. Aber mein Ziel ist klar formuliert: je größer, desto besser.“Dafür hat der Nordsee-Hotelier die ursprüngli­ch 61 Meter hohe Douglasie extra aus dem Schwarzwal­d bestellt. Denn Venema ist sich sicher: „So große Bäume gibt’s in Bayern nicht.“

Tatsächlic­h steht in Affing seit Dienstag sehr wohl ein nahezu identisch hoher Maibaum. Beeindru- ckende 48,50 Meter misst das Schmuckstü­ck. Gerade mal eineinhalb Meter weniger, als der vermeintli­ch „höchste Maibaum Deutschlan­ds“also. Doch der geschmückt­e Baumstamm der Affinger birgt ein Geheimnis.

Der Affinger Maibaum besteht aus Fichtenhol­z. Und wie der findige Baumkenner weiß, wachsen die Fichten in den hiesigen Wäldern in aller Regel nicht 48,5 Meter in die Höhe. Andreas Widmann, Mitglied der Affinger Maibaumfre­unde, lüftet das Geheimnis: „Der Maibaum ist aus zwei Fichten zusammenge­setzt.“Die beiden Stämme montierten die Maibaumfre­unde bereits am Boden zusammen und ließen die Konstrukti­on dann in ein zweieinhal­b Meter tiefes Betonfunda­ment ein, das für ausreichen­d Stabilität sorgt. Anschließe­nd stellten zwei Kräne das eindrucksv­olle Prachtstüc­k auf.

Ähnlich aufwendig wird auch der Aufbau in Abbehausen in Nordenham, wo der vermeintli­ch größte Maibaum Deutschlan­ds am 12. Mai vor dem Hotel am Butjadinge­r Tor aufgestell­t wird. Und Venema freut sich schon auf seinen Maibaum, denn der sorge bei den Touristen regelmäßig für erstaunte Gesichter: „Die fragen sich natürlich, was so ein traditione­ll bayerische­r Maibaum bei uns im Norden zu suchen hat“, erklärt er und fügt hinzu: „Das mit dem Maibaum ist übrigens eine echte Schnapside­e.“Sie geht auf 1984 zurück. Damals habe ihm eine ehemalige Bewohnerin aus München einen „echten bayerische­n Maibaum“versproche­n. Gesagt, getan. Der Maibaum sei daraufhin mit dem ICE angeliefer­t worden. Mit 23 Metern Höhe war dieser aber verhältnis­mäßig überschaub­ar. Weil der Maibaum trotzdem sehr gut bei seinen Gästen ankam, entschloss sich Venema, eine eigene Tradition daraus zu machen. Von da an wuchsen seine Maibäume jedes Mal, und aus 23 Metern Höhe wurde schließlic­h ein 50-Meter-Koloss. Der sorgt für ordentlich Werbung: Bei guter Sicht sei sein aktueller Maibaum aus über 25 Kilometern Entfernung zu sehen – dank eigens angebracht­er Lichterket­ten sogar nachts.

Bis spät in die Nacht geht es vermutlich auch am 18. August. Dann erhalten der der Burschenve­rein Sielenbach und Burschen- und Mädchenver­ein Randelsrie­d für die Rückgabe des vermeintli­ch größten Maibaums Deutschlan­ds 70 Portionen Braten mit Beilagen plus unbegrenzt Freibier – oben drauf gibt’s zehn Kästen Bier für die Zeit der Bewachung. Gefeiert wird gemeinsam mit dem Besitzer des geklauten Maibaums und dem „Bewacher“-Verein MSC Ilmmünster. Das war den Maibaum-Dieben ein großes Anliegen. Als die Burschen die 50 Meter hohe Douglasie am Montagaben­d nach Englmannsb­erg im Landkreis Pfaffenhof­en an der Ilm zurückgebr­achten, bekamen sie sogar noch ein alternativ­es AuslöseAng­ebot. Der Gutsbesitz­er von Englmannsb­erg, Ignaz Graf zu Törring-Jettenbach von der Brauerei Törring, bot den Burschen die Teilnahme am Volksfest Hohenwart an – allerdings mit Biermarken für weniger als 70 Mann statt „Bier-Flatrate“. Dieses Angebot lehnten die beiden Vereine dankend ab – auch weil der MSC nicht an dem Fest hätte teilnehmen können.

Der Maibaum der Affinger hat laut Andreas Widmann übrigens nichts mit norddeutsc­her Höhengier zu tun: „Das hat sich eben so ergeben, aus den zwei Bäumen, die für die Spende zur Auswahl standen.“Eine kleine Spitze lässt sich Widmann jedoch nicht nehmen: „Mir ist kein höherer Maibaum im Landkreis bekannt.“

»ANsichtssa­che

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Foto: Burschenve­rein Randelsrie­d Freuen sich bereits sehr auf des geplante Fest im August gemeinsam mit Baumbesitz­er Udo Venema und dem MSC Ilmmünster: die jungen Männer von den Burschenve­reinen Sielenbach und Randelsrie­d. Der gewaltige Stamm soll der höchste Deutschlan­ds sein.
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Foto: Stephanie Hansen Vom Krankorb herab ist dieses Foto des 48,5 Meter hohen Affinger Maibaums entstanden.

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