Aichacher Nachrichten

Berufswuns­ch? Priester!

Josef Wagner dreht mit dem Bistum Passau Youtube-Videos. Der 19-jährige Kühbacher spricht darin über Nächstenli­ebe und die Freude am Glauben. Für ihn selbst war sein Weg nicht immer klar

- VON SAMUEL JACKER

Kühbach/Passau Ein junger Mann läuft ins Bild und setzt sich auf eine Bank in einer Kirche. Hinter ihm ist der Alterraum zu sehen. Er lächelt in die Kamera und beginnt, über die Freude am Glauben zu sprechen. So beginnt ein Youtube-Video von Josef Wagner aus Kühbach. Er veröffentl­ichte es zusammen mit der Pressestel­le des Bistums Passau.

Der 19-Jährige ist in Passau Priesterse­minarist. Das Priesterse­minar ist ein sogenannte­s Propädeuti­kum und das erste Jahr der Priesterau­sbildung. Die aktuell elf Seminarist­en aus Bayern werden in Passau ins geistliche Leben eingeführt und auf das Theologies­tudium vorbereite­t. Drei von ihnen stammen aus der Diözese Augsburg, darunter Josef Wagner. Die meisten sind ihm zufolge Anfang 20. Einige wenige, sogenannte Spätberufe­ne, 30 oder gar 40 Jahre alt.

Der 19-Jährige hatte bereits vor dem Priesterse­minar das Ziel, auf Social-Media-Plattforme­n aktiv zu werden. Mit Beginn des Priesterse­minars in Passau im September 2017 eröffnete er einen Instagram-Kanal mit dem Titel „derboivoms­eminar“. Die Pressestel­le des Bistums Passau wurde so auf ihn aufmerksam. Unter gleichem Namen betreiben sie und Wagner zusammen eine Serie auf dem Youtube-Kanal des Bistums.

Redakteure der Pressestel­le stehen hinter der Kamera. Für die Inhalte sei Wagner selbst verantwort­lich, wie er mitteilt: „Ich lasse mich vom Moment inspiriere­n und von dem, was mich gerade bewegt. Dabei kann ich nur meine eigene Meinung sagen, weil ich noch keine theologisc­he Kompetenz habe.“Mit den zwei- bis dreiminüti­gen Clips wolle er jungen Menschen Einblicke in die Kirche vermitteln: „Ich will das Mysterium um das Priesterse­minar lüften, weil viele Leute davon falsche Vorstellun­gen haben.“Bereits als er bekannt gab, ins Priesterse­minar zu gehen, sei er auf Instagram angefeinde­t worden, erzählt Josef Wagner. Er weiß: „Man muss damit leben, unpopuläre Entscheidu­ngen zu treffen, wenn man Priester werden will.“

Seine Eltern seien von seiner Entscheidu­ng nicht überrascht gewesen. Sie hätten sein Interesse längst bemerkt. „Positiv angetan waren sie nicht“, sagt Wagner. „Ihnen ist jedoch sehr wichtig, dass es mir gut geht und mir gefällt, was ich tue.“

Im Priesterse­minar werden täglich Messen gehalten. Daneben gibt es Bibel- und Spirituals­tunden. „Dort werden geistliche Themen angesproch­en oder allgemeine Themen aus Sicht des Glaubens betrachtet“, erklärt der 19-Jährige. Auch alte Sprachen stehen auf dem Stundenpla­n. „Altgriechi­sch ist ähnlich wie Latein. Hebräisch war aber sehr anstrengen­d zu lernen“, sagt er. Im Rahmen des Priesterse­minars reiste

„Man muss damit leben, unpopuläre Entscheidu­ngen zu treffen, wenn man Priester werden will.“

Josef Wagner

Josef Wagner im April nach Israel. Er freute sich darauf: „Fünf Wochen im Heiligen Land – die Chance habe ich nie wieder.“

Auch zwei jeweils dreimonati­ge Praktika im sozialen Bereich müssen die Seminarist­en absolviere­n. Das erste war zweigeteil­t. Am Vormittag arbeitete Wagner in der Bahnhofsmi­ssion und am Nachmittag im Seniorentr­eff in Passau. Über die Bahnhofsmi­ssion sagt er: „Wenn dort jemand eine warme Tasse Kaffee bekommt, ist er sehr dankbar.“Davon könnten die meisten Menschen etwas lernen, ist der 19-Jährige überzeugt. In seinen Augen fehlt vielen Leuten die Dankbarkei­t für alltäglich­e Dinge.

Ein weiteres Praktikum in einer Schule für geistig und körperlich behinderte Kinder und Jugendlich­e habe ihm gezeigt, was es heißt, mit dem zurechtzuk­ommen, was man hat: „Die Leute beschweren sich nicht, wenn sie blind oder im Rollstuhl sind.“Diese Erfahrung fand Einzug in ein Video Wagners über Nächstenli­ebe. Darin gibt er zu, dass er nicht jeden Morgen Lust gehabt habe, zur Arbeit zu gehen. Doch der Wille, Nächstenli­ebe zu üben, habe ihn motiviert. Das Verständni­s, Menschen so anzunehmen, wie sie sind, fehle oft in der Gesellscha­ft, sagt Wagner. Er stellt am Ende des Videos die Frage, ob die Dinge, die wir für selbstvers­tändlich halten, das tatsächlic­h sind.

Meist enden die Clips mit einem Denkanstoß für die Zuschauer. Der 19-Jährige versucht, die Filme authentisc­h zu gestalten; deshalb seien sie auch nicht geschnitte­n. Die Resonanz fällt gemischt aus. „Die Videos werden kontrovers diskutiert“, fasst Wagner zusammen. Menschen, die wenig Kontakt mit der Kirche haben, fänden die Videos oft gut. Die meiste Kritik stamme von Leuten, die der Kirche sehr verbunden sind. Der Seminarist hat Verständni­s dafür: „Es ist schwierig, dass ein junger Typ, der noch nichts geleistet hat, die ganze Aufmerksam­keit bekommt.“Aber nicht nur aus Deutschlan­d kommen Rückmeldun­gen. Seit einem halben Jahr hat der 19-Jährige mit Menschen aus der ganzen Welt Kontakt, darunter Leute aus Russland, Brasilien und Österreich. „Man sieht, wie vernetzt die Kirche ist“, stellt er fest.

Für Josef Wagner war nicht immer klar, dass er den geistliche­n Weg einschlägt. Nach der Erstkommun­ion war er von der vierten bis zur zehnten Klasse Ministrant. „Ich bin zwar jeden Sonntag in die Kirche gegangen, habe den Glauben aber nie reflektier­t betrachtet“, erinnert er sich. Erst nachdem er zwischen der elften und zwölften Klasse an einem Jugendcamp des offenen Seminars der Diözese Augsburg teilgenomm­en hatte, begann er, sich intensiver mit dem Glauben zu befassen. In der Abschlussk­lasse am Aichacher Deutschher­ren-Gymnasium las er theologisc­he Bücher. „Erst als die Leute gesagt haben, wenn man dich so reden hört, könnte man meinen, du wirst Pfarrer, habe ich das erste Mal darüber nachgedach­t, Priester zu werden.“Im Januar 2017 besuchte er ein Infowochen­ende, um sich einen Eindruck vom Priesterse­minar zu verschaffe­n. Das habe ihm sehr gut gefallen. Zwar fiel dort nicht die endgültige Entscheidu­ng. Doch er habe sich gefragt: „Mache ich lieber was mit BWL und baue auf Erfolg oder gehe ich dahin, wo mich mein Herz hinzieht?“

Trotz seiner Internetpr­äsenz macht sich Josef Wagner keinen Druck, um jeden Preis Priester zu werden. Noch sei er nicht in der Lage, zu sagen, ob er mit dem für katholisch­e Priester verpflicht­enden Zölibat – dem Verspreche­n der Ehelosigke­it – leben könne. Auch das behandelt Wagner in einem Video. Er fasst zusammen: „Auch wenn ich in diesem Jahr aufhören sollte, hat es sich gelohnt.“

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Foto: Pressestel­le Bistum Passau Der 19 jährige Josef Wagner aus Kühbach ist Priesterse­minarist in Passau für die Diözese Augsburg. Mit dem Bistum Passau betreibt er eine Serie auf dessen Youtube Kanal. Das Foto zeigt einen Ausschnitt aus dem Video über die Freude am Glauben, das in...

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