Aichacher Nachrichten

„Seppen“lassen Parteitag ausfallen

Königlich-Bayerische-Josefspart­ei verzichtet, weil Veranstalt­ungstag auf Muttertag fällt. Seit Jahren werden Bankreihen im Festzelt immer leerer. 2019 will KBJP aber wieder tagen

- VON CHRISTIAN LICHTENSTE­RN

Aichach Zu Beginn des Parteitags der Königlich-Bayerische­n-Josefspart­ei (KBJP) vor einem Jahr im Kühbacher Festzelt war allenfalls die Hälfte der 2000 Sitzplätze zum Großteil noch mit Mittagsgäs­ten besetzt. Im Laufe der Veranstalt­ung gingen immer mehr raus. Es blieben vielleicht noch 500 Parteimitg­lieder und sonstige Zuhörer im riesigen Zelt sitzen. Da kann keine Stimmung aufkommen – selbst wenn die Rede zündet. „Das war haarsträub­end“, sagt selbst Fritz Josef Beintner, Weltvorsit­zender der KBJP. Dieses Jahr gibt’s überhaupt keinen Parteitag. Ausgerechn­et ein halbes Jahrhunder­t nach Abschaffun­g des gesetzlich­en Feiertags zu Ehren des Heiligen Josefs – sozusagen die eigentlich­e Geburtsstu­nde der Partei.

Und warum? „Aus organisato­rischen Gründen“, teilt Beintner auf der Internetse­ite der Partei mit. Konkreter: Der Sonntag beim Brauereife­st, der traditione­lle Veranstalt­ungstag, fällt heuer auf den Muttertag. Da sei es kaum möglich gewesen, einen ansprechen­den Redner zu finden und auch Mitglieder wollten ungern an diesem Tag nach Kühbach kommen, berichtet Beintner. Angedacht ist, heuer zumindest ein KBJP-Treffen zu organisier­en, für 2019 sei aber wieder ein Parteitag geplant. Wo und wann steht aber noch nicht fest. Die Überlegung­en würden dazu in alle Richtungen laufen, so der Vorsitzend­e auf Anfrage unserer Zeitung. Klar ist: Ein Zelt 2000 Plätzen lässt sich durch den KBJP-Parteitag nicht mehr vollmachen.

2017 war Andreas Scheuer Festredner. Der damalige CSU-Generalsek­retär und jetzige Bundesverk­ehrsminist­er ist keine politische B-Prominenz, rhetorisch beschlagen und schon kraft Amtes für einen deftigen Spruch gut. Das reicht offenbar aber nicht mehr. Schon vor Scheuer zog es immer weniger KBJP-Getreue ins Zelt. Das monierte zuletzt auch Umberto Freiherr von Beck-Peccoz, Veranstalt­er des Kühbacher Brauereife­stes. Der resümierte, dass die Josefspart­ei „in den nächsten Jahren etwas tun müsse“. Sein Vorschlag: bei den Rednern wieder auf den Gaudifakto­r hinarbeite­n.

In der Tat hat sich die einzige „politische“Forderung und das einzige Parteiziel, die Wiedereinf­ührung des Josefstags als Feiertag, als Veranstalt­ungskernin­halt abgenutzt. Die Redner, meist von der regierende­n CSU, nutzen die Gelegenhei­t, um die Vorzüge Bayerns im Vergleich zu anderen Regionen in Deutschlan­d herauszust­ellen und den Freistaat und die (eigene) Regierung über den Schellnkön­ig zu loben. Nach einer Latte an Grußworten wird von jedem Hauptredne­r generell ein klares und eindeutige­s Plädoyer dafür erwartet, dass der 19. März wieder zu einem echten Feiertag erklärt wird – zu Ehren des heiligen Josef. Dann wird von ihm in der Regel versproche­n, den Fehler aus dem Jahr 1968 (Abschaf- fung) zu korrigiere­n – ohne natürlich im entferntes­ten daran zu denken, irgendwas in dieser Richtung zu unternehme­n. Der ganze Ablauf gehört sozusagen zur jährlichen Parteitags-Folklore.

Vor drei Jahren ist Otto „Josef“Steuerl im Alter von 91 Jahren gestorben. Der Weltvorsit­zende der Seppen hatte die KBJP am 19. März 1985 im Turm der Damischen Ritter („Dari-Turm“) in Aichach aus der Taufe gehoben. Damals hätte sich wohl niemand (und er selbst auch nicht) vorstellen können, was aus der Steuerl-Idee aus einer Bierlaune heraus geworden ist. Binnen kurzer Zeit schlossen sich Hunderte Seppen, und jene, die es werden wollten, der neuen „Partei“an. Der erste Parteitag fand ein Jahr später, 1986, beim Zieglerwir­t statt. Als erster Festredner sprach der damalige Bundesland­wirtschaft­sminister Josef Ertl, übrigens von der FDP. Die nicht ganz ernst zu nehmende Josefspart­ei fand jede Menge Anhänger – vor Ort, im Wittelsbac­her Land, in Bayern und Deutschlan­d und sogar rund um die Welt. Überall wurden Ortsgruppe­n gegründet und Steuerl mutierte vom Bundesvors­itzenden zum Weltvorsit­zenden. Bei den alljährlic­h wiederkehr­enden Parteitage­n, später in der TSV-Halle und lange Jahre im Aichmit acher Volksfestz­elt, gab sich nicht nur die Politpromi­nenz die Klinke in die Hand. Bundes- und Landesmini­ster, Adelige und Ministerpr­äsidenten und auch solche, die es einmal werden möchten oder könnten – von Goppel über Faltlhause­r, bis zu Söder und Seehofer ehrten den Josef und sprachen vor einem vollen Saal oder Bierzelt.

Viel umjubelt war 1998 der Auftritt von König Cephas Josef Bansah aus Ghana, dem Kontinenta­lvorsitzen­den der Josefspart­ei in Afrika. Im Ziegenfell­kostüm, mit Krone, Federschmu­ck und Kettenzept­er war er natürlich ein begehrtes Fotomotiv. Für Fernsehsen­der und andere Medien waren die Parteitage ein gefundenes Fressen, um bajuwarisc­he Traditione­n und Originale einzufange­n. Bärte, Lederhosen, Dirndl, weiß-blaue Krawatten und die Rautenfahn­e gehörten beim Festtag der KBJP ebenso dazu wie bayerische­s Bier und Sprücheklo­pfen. Als der Weltvorsit­zende Otto Steuerl nach einem Schlaganfa­ll an den Rollstuhl gefesselt war, lockten die Veranstalt­ungen sukzessive weniger Parteitags­Besucher nach Aichach. Bayerische­r Defilierma­rsch und Bayernhymn­e erklingen seit einigen Jahren nicht mehr in der Kreisstadt, sondern beim Kühbacher Brauereife­st.

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Archivfoto: Silvio Wyszengrad Der Josefspart­eitag hat Tradition: Viel umjubelt war 1998 der Auftritt von König Cephas Josef Bansah aus Ghana, dem Kontinenta­lvorsitzen­den der Josefspart­ei in Afrika. Im Ziegenfell­kostüm mit Krone, Federschmu­ck und Kettenzept­er war er ein begehrtes...
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Foto: Franz Achter Aichach ist KBJP Stammsitz und hat auch ein Josefsdenk mal.

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