„Seppen“lassen Parteitag ausfallen
Königlich-Bayerische-Josefspartei verzichtet, weil Veranstaltungstag auf Muttertag fällt. Seit Jahren werden Bankreihen im Festzelt immer leerer. 2019 will KBJP aber wieder tagen
Aichach Zu Beginn des Parteitags der Königlich-Bayerischen-Josefspartei (KBJP) vor einem Jahr im Kühbacher Festzelt war allenfalls die Hälfte der 2000 Sitzplätze zum Großteil noch mit Mittagsgästen besetzt. Im Laufe der Veranstaltung gingen immer mehr raus. Es blieben vielleicht noch 500 Parteimitglieder und sonstige Zuhörer im riesigen Zelt sitzen. Da kann keine Stimmung aufkommen – selbst wenn die Rede zündet. „Das war haarsträubend“, sagt selbst Fritz Josef Beintner, Weltvorsitzender der KBJP. Dieses Jahr gibt’s überhaupt keinen Parteitag. Ausgerechnet ein halbes Jahrhundert nach Abschaffung des gesetzlichen Feiertags zu Ehren des Heiligen Josefs – sozusagen die eigentliche Geburtsstunde der Partei.
Und warum? „Aus organisatorischen Gründen“, teilt Beintner auf der Internetseite der Partei mit. Konkreter: Der Sonntag beim Brauereifest, der traditionelle Veranstaltungstag, fällt heuer auf den Muttertag. Da sei es kaum möglich gewesen, einen ansprechenden Redner zu finden und auch Mitglieder wollten ungern an diesem Tag nach Kühbach kommen, berichtet Beintner. Angedacht ist, heuer zumindest ein KBJP-Treffen zu organisieren, für 2019 sei aber wieder ein Parteitag geplant. Wo und wann steht aber noch nicht fest. Die Überlegungen würden dazu in alle Richtungen laufen, so der Vorsitzende auf Anfrage unserer Zeitung. Klar ist: Ein Zelt 2000 Plätzen lässt sich durch den KBJP-Parteitag nicht mehr vollmachen.
2017 war Andreas Scheuer Festredner. Der damalige CSU-Generalsekretär und jetzige Bundesverkehrsminister ist keine politische B-Prominenz, rhetorisch beschlagen und schon kraft Amtes für einen deftigen Spruch gut. Das reicht offenbar aber nicht mehr. Schon vor Scheuer zog es immer weniger KBJP-Getreue ins Zelt. Das monierte zuletzt auch Umberto Freiherr von Beck-Peccoz, Veranstalter des Kühbacher Brauereifestes. Der resümierte, dass die Josefspartei „in den nächsten Jahren etwas tun müsse“. Sein Vorschlag: bei den Rednern wieder auf den Gaudifaktor hinarbeiten.
In der Tat hat sich die einzige „politische“Forderung und das einzige Parteiziel, die Wiedereinführung des Josefstags als Feiertag, als Veranstaltungskerninhalt abgenutzt. Die Redner, meist von der regierenden CSU, nutzen die Gelegenheit, um die Vorzüge Bayerns im Vergleich zu anderen Regionen in Deutschland herauszustellen und den Freistaat und die (eigene) Regierung über den Schellnkönig zu loben. Nach einer Latte an Grußworten wird von jedem Hauptredner generell ein klares und eindeutiges Plädoyer dafür erwartet, dass der 19. März wieder zu einem echten Feiertag erklärt wird – zu Ehren des heiligen Josef. Dann wird von ihm in der Regel versprochen, den Fehler aus dem Jahr 1968 (Abschaf- fung) zu korrigieren – ohne natürlich im entferntesten daran zu denken, irgendwas in dieser Richtung zu unternehmen. Der ganze Ablauf gehört sozusagen zur jährlichen Parteitags-Folklore.
Vor drei Jahren ist Otto „Josef“Steuerl im Alter von 91 Jahren gestorben. Der Weltvorsitzende der Seppen hatte die KBJP am 19. März 1985 im Turm der Damischen Ritter („Dari-Turm“) in Aichach aus der Taufe gehoben. Damals hätte sich wohl niemand (und er selbst auch nicht) vorstellen können, was aus der Steuerl-Idee aus einer Bierlaune heraus geworden ist. Binnen kurzer Zeit schlossen sich Hunderte Seppen, und jene, die es werden wollten, der neuen „Partei“an. Der erste Parteitag fand ein Jahr später, 1986, beim Zieglerwirt statt. Als erster Festredner sprach der damalige Bundeslandwirtschaftsminister Josef Ertl, übrigens von der FDP. Die nicht ganz ernst zu nehmende Josefspartei fand jede Menge Anhänger – vor Ort, im Wittelsbacher Land, in Bayern und Deutschland und sogar rund um die Welt. Überall wurden Ortsgruppen gegründet und Steuerl mutierte vom Bundesvorsitzenden zum Weltvorsitzenden. Bei den alljährlich wiederkehrenden Parteitagen, später in der TSV-Halle und lange Jahre im Aichmit acher Volksfestzelt, gab sich nicht nur die Politprominenz die Klinke in die Hand. Bundes- und Landesminister, Adelige und Ministerpräsidenten und auch solche, die es einmal werden möchten oder könnten – von Goppel über Faltlhauser, bis zu Söder und Seehofer ehrten den Josef und sprachen vor einem vollen Saal oder Bierzelt.
Viel umjubelt war 1998 der Auftritt von König Cephas Josef Bansah aus Ghana, dem Kontinentalvorsitzenden der Josefspartei in Afrika. Im Ziegenfellkostüm, mit Krone, Federschmuck und Kettenzepter war er natürlich ein begehrtes Fotomotiv. Für Fernsehsender und andere Medien waren die Parteitage ein gefundenes Fressen, um bajuwarische Traditionen und Originale einzufangen. Bärte, Lederhosen, Dirndl, weiß-blaue Krawatten und die Rautenfahne gehörten beim Festtag der KBJP ebenso dazu wie bayerisches Bier und Sprücheklopfen. Als der Weltvorsitzende Otto Steuerl nach einem Schlaganfall an den Rollstuhl gefesselt war, lockten die Veranstaltungen sukzessive weniger ParteitagsBesucher nach Aichach. Bayerischer Defiliermarsch und Bayernhymne erklingen seit einigen Jahren nicht mehr in der Kreisstadt, sondern beim Kühbacher Brauereifest.