Klinikum: Reinigungskräfte wollen mehr Lohn
Seit 2005 gibt es im Tarifvertrag eine neue Niedriglohn-Klasse für „einfachste Tätigkeiten“. Doch ob das Säubern von Patientenzimmern dazu gehört, wird unterschiedlich gesehen. Eine Klage in erster Instanz hatte keinen Erfolg
Augsburg Vor dem Arbeitsgericht sind vier Reinigungskräfte des Klinikums mit einer Klage gescheitert, die eine bessere Entlohnung zum Ziel hat. Hintergrund: Im Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst gibt es seit 2005 eine Niedriglohngruppe für „einfachste Tätigkeiten“. Das Einstiegsgehalt liegt aktuell bei 1750 Euro. Die Reinigungskräfte machen geltend, dass ihre Tätigkeiten anspruchsvoller und belastender sind als die im Tarifvertrag beispielhaft genannten Tätigkeiten wie Garderobenpersonal oder Reiniger von Grünanlagen. Der zuständigen Kammer am Augsburger Arbeitsgericht waren die Aussagen aber zu wenig konkret, auch wenn das Gericht betonte, dass es sich bei der Arbeit unabhängig von der Eingruppierung um eine „wertvolle Tätigkeit“handelt. Laut Verdi dürfte die Angelegenheit in die nächste Instanz vors Landesarbeitsgericht gehen.
Am Klinikum sind momentan um die 170 Arbeitskräfte in die unterste Entgeltgruppe eingestuft, wobei die Zahl mit dem Auslaufen alter Arbeitsverträge und der Neueinstellung zu den aktuellen Konditionen steigt. Bei einem Teil, etwa Hilfskräften in der Küche, ist die Eingruppierung im Tarifvertrag eindeutig geregelt. Für die Frage, wie Reinigungskräfte im Patientenbereich einzustufen sind, macht der Tarifvertrag aber keine eindeutige Vorgabe. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu Putzkräften in einem Pflegeheim sei nicht einschlägig, so das Gericht.
Die Reinigungs-Frauen sagten vor Gericht, dass ihr Job gewisse Grundkenntnisse und eigenständige Entscheidungen erfordere. „Mit zwei bis drei Tagen Einarbeitungszeit ist es nicht getan. Ich musste mir am Anfang Zettel schreiben“, so eine der Klägerinnen. Speziell vor ihrem ersten Wochenenddienst, bei dem sie zusammen mit einer Kollegin allein für die Sauberkeit auf der Station verantwortlich war, habe sie Sorge gehabt. „Und dann weiß man nie, wo man reinkommt: Das kann auch ein Patient sein, der im Sterben liegt“, so eine Klägerin.
Allerdings blieb auch in der Verhandlung trotz mehrmaliger Nachfrage des Gerichts offen, inwieweit Putzkräfte so aufwendig eingelernt werden müssen, wie es in der Klageschrift behauptet wird. Das Klinikum legte Zahlen vor, die drei halbe Tage sowie eine Auffrischungsschulung einmal pro Jahr beinhalten. Ein Thema ist unter anderem, dass für unterschiedliche Bereiche in Patientenzimmern unterschiedliche Lappen benutzt werden müssen, die danach sofort auszuwechseln sind. Die Klageschrift spricht von drei Monaten Einarbeitungszeit, wobei darunter auch fällt, dass neue zusammen mit erfahreneren Kräften zusammenarbeiten und diese bei Bedarf fragen können. Die Putzfrauen machen geltend, dass sie je nach Infektionskrankheit auf einem Zimmer unterschiedliche besondere Maßnahmen treffen müssen. „Die Arbeit ist nicht so einfach“, so eine Klägerin.
Laut Verdi-Gewerkschafter Stefan Jagel wolle man die Urteilsbegründung abwarten, bevor man endgültig entscheidet, wie es weitergeht. Vermutlich werde man aber in die höhere Instanz ziehen. Jagel sagt, dass es im sozialen Bereich mit der Niedriglohngruppe (Entgeltstufe 1 im Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes) immer wieder Auseinandersetzungen gebe. Die Tarifparteien hatten sich auf die Niedriglohngruppe
Viele Kliniken haben die Jobs ausgelagert
geeinigt, weil kommunale Unternehmen geltend machten, sonst großflächig Service-Bereiche wie Reinigung und Küche ausgliedern zu müssen. „Ärgerlicherweise hat die Mehrzahl der Sozialeinrichtungen dann trotzdem ausgelagert“, so Jagel.
Auch für das Klinikum hatte es vor zwei Jahren entsprechende Überlegungen gegeben, die der Verwaltungsrat aber nicht weiterverfolgte. Wie der Freistaat damit umgehen wird, wenn er das Klinikum zum Beginn 2019 als Uni-Klinik übernimmt, ist noch offen. Allerdings dürfte es so viele Baustellen geben, dass die Frage des ServiceBereichs nicht die höchste Priorität hat.
Laut der Gewerkschaft Verdi haben außer dem Klinikum und der von der Stadt verwalteten HessingStiftung alle anderen Krankenhäuser in Augsburg die Reinigungsdienste ausgelagert. Beim Gehalt wirke sich das nicht stark aus, dafür aber beim Thema Zusatzversorgung fürs Alter.