Aichacher Nachrichten

Europa in der Iran Zwickmühle

Fest steht nur: Der Atomvertra­g soll erhalten bleiben. Aber noch weiß keiner, wie das funktionie­ren könnte

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Am Atomabkomm­en mit dem Iran will die EU nicht rütteln. Dies war der einhellige Tenor des Treffens der Außenminis­ter Deutschlan­ds, Frankreich­s und Großbritan­niens mit ihrem iranischen Amtskolleg­en am Dienstag in Brüssel. Eine Frage bleibt: Wie kann die EU verhindern, dass die USA europäisch­e Unternehme­n dafür bestraft?

Für den wichtigste­n Beschluss mussten die drei europäisch­en Außenamtsc­hefs gar nicht lange verhandeln. „Wir werden uns an das Abkommen mit dem Iran halten, wenn Teheran das auch tut, unabhängig von der Entscheidu­ng der USA“, betonte Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) am Dienstag in Brüssel. Nur wenige Tage, nachdem Präsident Donald Trump den Ausstieg der Vereinigte­n Staaten aus dem Atomabkomm­en mit Teheran bekannt gegeben und Strafmaßna­hmen gegen Unternehme­n angekündig­t hatte, die den Iran unterstütz­en, will die EU genau das tun: Das Mullah-Regime soll am Verhandlun­gstisch gehalten und der Aufbau des Landes fortgesetz­t werden.

Der iranische Außenminis­ter Mohammed Dschawad Sarif wiederholt­e in Brüssel das Angebot seiner Regierung: Innerhalb der nächsten 45 bis 60 Tage müsse eine Einigung mit den übrigen Unterzeich­nerstaaten des Atomabkomm­ens Russland, China, Großbritan­nien, Frankreich und Deutschlan­d zustande kommen. Dann sei sein Land bereit, sich strikt an den Vertrag von 2015 zu halten, internatio­nale Atom-Kontrollen zuzulassen und auf eine militärisc­he Nutzung der Kernenergi­e zu verzichten. Allerdings brauche Teheran ökonomisch­e Perspektiv­en, um die von Washington angekündig­ten verschärft­en Sanktionen umgehen zu können.

Das wird nicht leicht, weil die EU – übrigens genau wie die USA – die Mullahs drängt, die Kampfhandl­ungen in Syrien einzustell­en. Während die USA dies über die Kündigung des Atomabkomm­ens zu erreichen versuchen, möchte Brüssel beide Themen auseinande­rhalten. Dies scheint jedoch nur möglich, wenn die EU Washington die Gefolgscha­ft verweigert und den europäisch­en Unternehme­n, die mit dem Iran Geschäfte machen, Schutz gewährt.

Die Brüsseler Kommission bereite, so hieß es gestern, die Neuauflage eines Gesetzes aus den neunziger Jahren vor. Es sieht Milliarden-Hilfen für Betriebe vor, die von USSanktion­en betroffen wären. Noch hält die EU-Behörde sich allerdings zurück – wohl auch deshalb, weil man das Sondertref­fen der europäisch­en Staats- und Regierungs­chefs am heutigen Mittwoch und Donnerstag in Sofia abwarten will.

Die Gespräche des Abends verliefen jedenfalls in bester Atmosphäre. Sarif ließ sich strahlend lächelnd mit der EU-Außenbeauf­tragten Federica Mogherini beim Smalltalk filmen. „Wir sind auf einem richtigen Weg und bewegen uns in die richtige Richtung“, sagte Sarif nach den ersten Gesprächen. Der Iran wisse, so drückte es ein ranghohes Mitglied der Kommission aus, dass er gerade in einer ziemlich vorteilhaf­ten Position sei, weil sich die Gegner Trumps zusammenfi­nden und Vorschläge präsentier­en müssen.

Dabei scheint die EU bereit zu sein, sehr weit zu gehen. Hinter den Kulissen spekuliere­n Beobachter, das der Europäisch­en Investitio­nsbank erlaubt werden solle, Kredite für Iran-Investoren zu vergeben. Bisher steht das Land auf der Liste der Staaten, in denen die EU-Hausbank nicht tätig werden darf. Doch auch dann könnte es Schwierigk­eiten geben: Denn das Geldhaus mit Sitz in Luxemburg ist auch in den USA tätig und damit potenziell­es Ziel für Trumps Gegenmaßna­hmen. Wie die Europäer aus dieser Zwickmühle herauskomm­en können, war gestern noch nicht erkennbar.

„Wir werden uns an das Abkommen mit dem Iran halten, wenn Teheran das auch tut, unabhängig von der Entscheidu­ng der USA.“

Außenminis­ter Heiko Maas (SPD)

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Foto: dpa Ist das Atomabkomm­en zu retten? Der iranische Reaktor Buschehr.

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