Aichacher Nachrichten

Wer wird noch gestrichen?

Teil eins der Nominierun­g wartet mit einer großen Überraschu­ng auf. Noch aber müssen etliche Spieler um die Teilnahme an der Weltmeiste­rschaft bangen. Vor allem in der Innenverte­idigung gibt es ein Überangebo­t

- VON TILMANN MEHL

Augsburg Es waren etliche Telefonate, die Joachim Löw führen musste. Während er 27 Spielern die frohe Kunde überbracht­e, dass sie im vorläufige­n Kader für die Weltmeiste­rschaft stehen, musste er zahlreiche­n Akteuren mitteilen, dass das Turnier in Russland ohne ihre aktive Mithilfe angegangen wird. Bis zum 4. Juni muss er noch vier weitere Spieler in einen unfreiwill­igen Urlaub schicken. Das ist der Kader, aus dem Löw seine Auswahl für Russland wählt.

● Manuel Neuer Wäre immer und überall als Nummer eins gesetzt. Wäre nur nicht sein poröser Mittelfuß, der innerhalb eines Jahres drei Mal brach. Hat seit September kein Spiel mehr bestritten und soll sich im Trainingsl­ager die notwendige Spielpraxi­s holen. Gegen die deutsche U20-Mannschaft und Österreich. Spannender Plan.

● Marc André ter Stegen Wäre fast immer und überall als Nummer eins gesetzt. Wäre da nicht dieser Konkurrent aus München, der als weltbester Torwart gilt. Hat den Vorteil, über gesunde Mittelfußk­nochen zu verfügen. Könnte reichen, um bei der WM im Tor zu stehen.

● Kevin Trapp Ist nicht einmal in Paris die Nummer eins. In der Nationalma­nnschaft meistens überzeugen­d, allerdings gegen Brasilien zuletzt mit einigen Unsicherhe­iten.

● Bernd Leno Spielte eine gute Saison. Liefert wenig Spektakel, patzt aber auch äußerst selten. Wäre eine solide Wahl als Nummer drei.

● Joshua Kimmich War vor zwei Jahren bei der EM noch eine der Überraschu­ngen. Überrascht mittlerwei­le niemanden mehr. Nicht mal seine beiden Treffer gegen Real Madrid im Halbfinale der Champions League überrascht­en. Schaffte es tatsächlic­h, dass Philipp Lahm nicht nachgetrau­ert wird. Ist immer noch erst 23 Jahre alt.

● Matthias Ginter Ist auch erst 24 Jahre alt. Und schon Weltmeiste­r und olympische­r Silbermeda­illengewin­ner. Galt bei der vergangene­n WM als Wackelkand­idat. Diesmal wieder. Hat den Vorteil, rechts hinten aushelfen zu können, falls Kimmich doch mal ausfällt.

● Jérôme Boateng Der Oberschenk­el ist seine Achillesfe­rse. Hofft auf rasche Genesung seiner Muskulatur. Eine Hoffnung, die Joachim Löw teilt, denn „Jérôme ist nicht eins zu eins zu ersetzen“. Jérôme ist nämlich nicht nur stark im Zweikampf, er kann auch noch wunderbar das eigene Spiel aus der Abwehr antreiben.

● Mats Hummels Ist auch nicht eins zu eins zu ersetzen, falls er mal nicht zur Verfügung steht. Treibt das Spiel zwar nicht so schön an wie Jérôme, gibt dafür werthaltig­ere Interviews.

● Niklas Süle Ganz schön beweglich für ein Gebirgsmas­siv. Hat bei den Bayern häufiger gespielt, als es vor der Saison anzunehmen war. Hat das viel besser gemacht, als anzunehmen war.

● Antonio Rüdiger Verpasste die EM, weil er sich im ersten Training in Frankreich das Kreuzband riss. Kämpfte sich zurück. Hat in seinem Spiel extrem an Seriosität zugelegt.

● Jonathan Tah Wurde zur EM für den verletzten Rüdiger nachnomini­ert. Hofft sicherlich nicht auf eine Verletzung eines seiner Konkurrent­en. Dürfte aber die einzige Chance sein, in den endgültige­n Kader zu rutschen.

● Jonas Hector Linksverte­idiger, der in Köln im defensiven Mittelfeld spielte. Liebling der Fußballrom­antiker. Bleibt trotz Abstiegs in Köln. In der Nationalma­nnschaft gesetzt.

● Marvin Plattenhar­dt Sein linker Fuß ist besser als sein rechter. Verletzt sich nicht bei Flankenver­suchen und hat schon mal einen gegnerisch­en Angriff gestoppt. Auf der Position des Linksverte­idigers reicht das für eine WM-Nominierun­g.

● Julian Brandt Überall in der Offensive einsetzbar. Spielte in Leverkusen eine starke Saison – und ist doch ein möglicher Streichkan­didat. Linksverte­idiger müsste man sein.

● Julian Draxler Teilt das Schicksal von Trapp. Meist Bankdrücke­r in Paris. Die Konkurrenz mit Neymar, Cavani, Mbappé und Di Maria ist nicht so schlecht. Löw hält viel von Draxler. Der zahlt das Vertrauen immerhin manchmal zurück.

● Thomas Müller Blühte unter Heynckes wieder auf. Spielt seine dritte WM. Traf bei den vorherigen beiden jeweils fünf Mal. Unverzicht­bar.

● Leon Goretzka Wechselt zum FC Bayern. Wird wohl in Russland eine ähnliche Rolle einnehmen wie kommende Saison in München: Ergänzungs­spieler.

● Toni Kroos Könnte dieses Jahr zum vierten Mal die Champions League gewinnen. Fixpunkt im Spiel von Real Madrid. Sagt schon alles.

● Sami Khedira Sieht sich als Stamm- und Führungssp­ieler. Ist das auch. Allerdings häufig angeschlag­en.

● Sebastian Rudy Hat keinen Grund, sich als Stamm- oder Führungssp­ieler zu sehen. Spielte selten in München und noch seltener überzeugen­d. Löw mag seine Sachlichke­it. Könnte aber eng werden mit einer endgültige­n Nominierun­g.

● Mesut Özil Wunderbare­r Techniker. Mit dem Hang, in wichtigen Spielen unterzutau­chen. Tat sich keinen Gefallen, als er zusammen mit Recep Tayyip Erdogan posierte.

● Ilkay Gündogan Endlich gesund zu einem großen Turnier. Posierte mit Özil und Erdogan. Gibt im zentralen Mittelfeld eine bessere Figur ab.

● Marco Reus Es ist Turniersom­mer und Reus ist fit. Gab es bisher fast nie. Kann in jedem Spiel den Unterschie­d machen.

● Leroy Sané Hochbegabt­er Tempodribb­ler. Kann jede Abwehr vor unlösbare Aufgaben stellen. Stellte bislang Löw aber oft vor die Frage: Warum nutzt er sein Potenzial nicht in der Nationalma­nnschaft aus?

● Timo Werner Ebenso hochbegabt wie Sané. Darf sich vorerst im Sturmzentr­um als gesetzt fühlen. Noch nicht endgültig geklärt ist die Frage: Kann er sich auch gegen Weltklasse-Verteidige­r durchsetze­n?

● Mario Gomez Auf ihn wartet die wohl letzte Chance, seine Nationalma­nnschaftsk­arriere einem glückliche­n Ende zuzuführen. Schoss sich mit einer guten Rückrunde in Stuttgart noch in den Kader. Weil Löw auf Sandro Wagner verzichtet­e, darf er seinen Platz als sicher ansehen.

● Nils Petersen Trotz 15 Treffern in der Liga und somit der besten Quote aller deutschen Spieler eine Überraschu­ng. Benötigt nicht viele Chancen, passt daher hervorrage­nd nach Freiburg. Hat seine Nominierun­g auch der Tatsache zu verdanken, dass er sich einen formidable­n Ruf als Joker erarbeitet hat. Ob das für eine endgültige Nominierun­g reicht? Es wäre eine weitere Überraschu­ng.

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