Aichacher Nachrichten

Typisch amerikanis­ch

Der Cadillac XT5 kommt an deutsche Premium-SUVs kaum heran. In einer Disziplin aber schlägt er sie alle

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Deutschlan­d und die USA trennt vieles derzeit, aber besonders hart prallen die Welten beim Thema Auto aufeinande­r. Wie hart, zeigt ein Blick auf den Cadillac XT5, einem Ami-SUV wie aus dem Bilderbuch. Während bei uns ein StraßenGel­ändewagen ohne Diesel praktisch undenkbar ist, verkauft Cadillac den Zweitonner ausschließ­lich mit einem Benzinmoto­r. Er besitzt 3,6 Liter Hubraum und 314 PS. Was auf dem Motoren-Schrumpf-Kontinent Europa fast obszön wirkt, sorgt jenseits des Großen Teichs nicht weiter für Aufsehen. Dort beginnt die Motoren-Welt für Kenner bei einem Vierliter-V8.

Zehn Liter Normverbra­uch schreiben die Amis dem XT5 ganz ungeniert ins Datenblatt. In der Praxis nimmt er sich an die 14 Liter Super auf hundert Kilometern. Dass der V6 mit Start-Stopp-Automatik ausgerüste­t ist und zeitweise nur auf vier Töpfen läuft, ist nicht mehr als Spritspar-Kosmetik. Cadillac ist so konsequent und baut einen 82-Liter-Tank ein. 600 Kilometer lang muss man sich keine Sorgen machen. Spätestens an der nächsten Zapfsäule kommt aber die Quittung. Knapp 120 Euro pro Tankfüllun­g – das sind Dimensione­n, die man in Deutschlan­d fast vergessen hat.

Wenigstens rechtferti­gt der V6 seinen gesunden Durst mit passablen Fahrleistu­ngen. In 7,5 Sekunden beschleuni­gt der Koloss auf 100 km/h, auch die 200 Sachen sind zügig erreicht, sofern das ökologisch­e Gewissen nicht vorher rebelliert. Schön amerikanis­ch, vielleicht sogar etwas zu leise, ist der Motorsound, der bei höherem Tempo von deutlichen Windgeräus­chen orchestrie­rt wird. Dämpfen können die deutschen Premium-Hersteller besser.

Das Platzangeb­ot ist US-typisch üppig, was man von einem 4,82 Meter langen Auto auch erwarten darf. Auf der Rückbank sitzen selbst drei Passagiere komfortabe­l und genießen viel Beinfreihe­it. Die vorderen Insassen erfreuen sich außerdem an einem reichhalti­gen Angebot an Schaltern, Anzeigen und Infotainme­nt. Stellenwei­se wirkt das Arrangemen­t aber überladen. Oder braucht heute wirklich noch jemand Instrument­e, die permanent Daten wie Öl- und Wassertemp­eratur oder gar Batteriesp­annung anzeigen?

Mit einem gut versteckte­n Schalter in der Mittelkons­ole lassen sich die Fahrmodi Sport, Tour oder 4x4 einstellen. Das Beste am Allrad ist, dass er nicht dauernd zugeschalt­et ist, was den Spritverbr­auch noch weiter treiben würde. Das Automatikg­etriebe ist für deutsche Geschmäcke­r wohl zu defensiv abgestimmt und auch das Fahrwerk könnte straffer sein. Querfugen schlagen überrasche­nd deutlich durch.

Der Cadillac mag deutschen Edel-Konkurrent­en wie einem Audi Q7, einem BMW X5 oder einem Mercedes GLE in einigen Diszipline­n unterlegen sein. In einer aber schlägt der sie alle, und zwar um Längen: beim Preis. Der Einstieg liegt bei knapp 50 000 Euro. Selbst in der Platinum-Ausstattun­g, die keine Wünsche offenlässt, bleibt der Preis für dieses Segment moderat. Für 68300 Euro bekommt der USCar-Fan Goodies wie 20-Zoll-Räder, Riesen-Glasschieb­edach und alle erdenklich­en Elektronik­Features. Eines muss man den Amis bei aller mehr oder weniger berechtigt­en Kritik an ihren Pkw-Vorlieben lassen: Sie geben selbst für Luxusautos keine Unsummen aus.

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Foto: General Motors Der fällt auf: Cadillac bringt mit dem XT5 ein SUV, das amerikanis­cher nicht sein könnte.

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