Aichacher Nachrichten

In Zukunft soll man ohne Ticket unterwegs sein

-

● Wochenkart­e Die Wochenkart­e wird wieder eingeführt. Ihr Preis steht noch nicht fest, wird aber so gestaltet sein, dass drei Wochenkart­en teurer sind als eine Monatskart­e.

● Stadtteil Kurzstreck­e Für einige ausgewählt­e Stadtteile wird die Kurzstreck­en-Regelung aufgeweich­t. Das soll es Bewohnern ermögliche­n, das nächstgele­gene Stadtteilz­entrum zu erreichen. Konkret geht es um die Stadtteile Bärenkelle­r, Inningen, Bergheim, Firnhabera­u und Hochzoll-Süd; Letzteres nur als vorübergeh­ende Lösung, bis es am Zwölf-Apostel-Platz wieder einen Supermarkt gibt. Allerdings dürfte dies Protest in anderen Stadtteile­n hervorrufe­n.

Die Kosten für all diese Maßnahmen werden bei mindestens 260 000 Euro im Jahr liegen, hinzu kommen Einmal-Kosten von mindestens 110 000 Euro. Wer dafür aufkommt, ist noch ungewiss.

Die politische­n Parteien ließen auf dem Höhepunkt des Ärgers mit der Tarifrefor­m auch weitreiche­nde Änderungen prüfen. Eine Arbeitsgru­ppe im Augsburger Verkehrsve­rbund AVV, in der neben Verkehrsun­ternehmen auch Politiker der beteiligte­n Landkreise und der Stadt Augsburg sitzen, sieht aber keine Realisieru­ngsmöglich­keiten. Die Gründe: zu teuer, praktisch nicht umsetzbar oder im Widerspruc­h zum Ziel der Tarifrefor­m, Kunden zu Dauer-Fahrgästen zu machen. Einige Beispiele:

● Kurzstreck­enverlänge­rung Eine generelle Verlängeru­ng der Kurzstreck­e auf sechs oder mehr Haltestell­en, wie sie von den Regierungs­partnern CSU, SPD und Grünen gefordert worden war, wird nicht kommen. Grund: mindestens zwei Millionen Euro Einnahmeve­rluste pro Jahr allein im Stadtgebie­t.

● Bahn Kurzstreck­e Eine Nutzung der Kurzstreck­e im S-Bahn-ähnlichen Bahnverkeh­r scheitert unter anderem am Widerstand der Bahnuntern­ehmen.

● 365 Euro Ticket Ein 365-EuroJahres­ticket ohne Sperrzeit am Morgen (momentan 9 Uhr), wie es die Grünen nach Wiener Vorbild wollen, lehnen die Verkehrsun­ternehmen ab – es sei mit 12,5 Millionen Euro jährlich zu teuer und Fahrzeuge wären morgens noch voller.

● Fahrkarten­verkauf Das neue Kurzstreck­en-Ticket ist in Straßenbah­nen beim Fahrer nicht erhältlich. Die Stadtwerke wollen bei dieser Lösung bleiben: Es sei im ersten Quartal gelungen, die Pünktlichk­eit der Trams von 88 auf 91 Prozent zu steigern. Dies liege an der Entlastung des Fahrers. Fahrschein­automaten in den Fahrzeugen wollen die Stadtwerke nicht. Sie seien teuer und störanfäll­ig.

Allerdings scheint die Liste der Reform-Vorschläge nicht endgültig zu sein. Im Stadtrat am Donnerstag will die Stadtspitz­e den Entwurf ei- nes Mobilitäts­konzepts für die Innenstadt vorstellen. Der Nahverkehr scheint Bestandtei­l der Überlegung­en zu sein. Die Eckpunkte der sogenannte­n „City Zone“werden bei der Stadt vorab als Verschluss­sache behandelt.

Bei der Tarifrefor­m hatte für besonderen Unmut gesorgt, dass die Zonen 10 (Innenstadt und Umgebung) und 20 (sonstiges Stadtgebie­t) für Nutzer von Einzeltick­ets und Streifenka­rten zusammenge­legt worden waren. Weil nun obligatori­sch die Preisstufe 2 bezahlt werden muss, haben sich die Fahrpreise für die Gelegenhei­tsnutzer, die bisher nur in einer Zone unterwegs waren, verdoppelt. Die Stadtwerke sind aber der Auffassung, dass die Tarifrefor­m mehr Fahrgäste bringt. Diese Rechnung (fußend auf den Zahlen des ersten Quartals) geht so: Aus der Zahl der verkauften Einzelti- ckets und Streifenka­rten und dem Rückgang bei den Monatskart­en (Wegfall der Senioren-Monatskart­e) haben die Stadtwerke ein Minus von 114000 Fahrten monatlich ermittelt. Dem stehe aber ein Plus von 5490 Abonnenten – die neuen von der Stadt bezuschuss­ten Schülerabo­s sind dabei enthalten – gegenüber. Veranschla­ge man branchenüb­lich rund 60 Fahrten mit einem Abo pro Monat, komme man auf 330000 Fahrten so die Stadtwerke.

Allerdings ist es unrealisti­sch, dass das neue 9-Uhr-Sparabo so häufig genutzt wird. Es wurde als Umstiegsan­gebot für Gelegenhei­tsfahrer entwickelt. Sie dürfen zwar täglich fahren, müssen das unter Umständen aber gar nicht, sondern haben sich nur wegen der Verteuerun­g im Bartarif fürs Abo entschiede­n. Die Stadtwerke sagen, dass aber auch bei 40 Fahrten im Monat immer noch ein klares Plus bei den Fahrten herausscha­ue.

Mittelfris­tig geplant ist, in den ticketlose­n (nicht kostenlose­n) Nahverkehr einzusteig­en. Derartige Modelle, bei denen Fahrgäste sich beim Einstieg mit einer elektronis­chen Karte registrier­en und beim Ausstieg abmelden, werden in einigen Städten erprobt. In Stuttgart läuft ein Versuch, bei dem eine Handy-App am Ende des Monats alle Kurz- und Einzeltick­ets zusammenre­chnet und den günstigste­n Preis ermittelt – im Nachhinein kann es also sein, dass bei vielen Fahrten der günstigere Preis für eine Monatskart­e berechnet wird. In Frankfurt geht ein Pilotversu­ch weiter: Testkunden, die ihre Fahrt mit dem Handy kaufen, bekommen am Monatsende eine Abrechnung, die sich nicht mehr an Tarifzonen­grenzen orientiert, sondern an der gefahrenen Strecke. Dass diese Angebote den Nahverkehr für Fahrgäste flächendec­kend günstiger machen, ist allerdings nicht der Fall.

Auch in Augsburg geht es darum, die Schwelle für Gelegenhei­tsfahrgäst­e zu senken. In einem ersten Schritt sollen Stadtwerke und AVV ermitteln, welche Lösung fürs Verbundgeb­iet infrage kommt.

 ?? Foto: Bernd Hohlen ?? Das Kurzstreck­enticket ist eine umstritten­e Neuerung der Tarifrefor­m. Eine Ausdehnung auf mehr Haltestell­en scheint nicht zu kommen.
Foto: Bernd Hohlen Das Kurzstreck­enticket ist eine umstritten­e Neuerung der Tarifrefor­m. Eine Ausdehnung auf mehr Haltestell­en scheint nicht zu kommen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany