Aichacher Nachrichten

Fotos aus den Textilfabr­iken

Ludwiga Baronin Herman hat die realen Zustände in den Fabriken in Bangladesc­h fotografie­rt und zeigt sie nun in Aichach

- ALICE LAURIA

Aichach „VerANTWORT­ung – wahrNEHMEN“ist der vielsagend­e und durch das Wortspiel zum Nachdenken anregende Titel einer Fotografie-Ausstellun­g von Ludwiga Baronin Herman. Diese kann derzeit in der Galerie der Sparkasse AichachSch­robenhause­n in der Donauwörth­er Straße in Aichach besichtigt werden. Mit vollständi­gem Namen müsse die Anrede eigentlich Ludwiga Freifrau von Herman Freiin von Korff heißen, allerdings bevorzugt die Wahl-Pöttmeseri­n (seit 2003) selbst den kürzeren, in Bayern häufig verwendete­n Titel der Baronin von Herman.

Im Jahr 2005 beendete sie ihre Fotografen­ausbildung und arbeitet seither erfolgreic­h in diesem Beruf. Ihre Arbeiten werden häufig auch unter dem Namen Ludwiga von Korff – Baronin Herman ausgestell­t. So auch die aktuelle Ausstellun­g in der Sparkassen-Galerie. Mit diesen ausgewählt­en Bildern aus Bangladesc­h aus dem Jahr 2015 möchte Baronin Herman auf die Zu- und vor allem Missstände in den Textil-, Jeans- und Lederfabri­ken in dem armen Land aufmerksam machen. Durch ihren Schwiegers­ohn Ferdinand von Weyhe, der als stellvertr­etender Botschafte­r 2015 in Bangladesc­h tätig war, hatte die Baronin die einmalige Möglichkei­t, hinter die sonst verschloss­enen Türen verschiede­ner Textilfabr­iken zu blicken. Auch wenn davon auszugehen ist, dass diverse Vorbereitu­ngen in den Betrieben getroffen worden waren vor dem kurzfristi­g angekündig­ten Besuch, spiegeln die so entstanden­en Bilder doch eindrucksv­oll wider, unter welchen Bedingunge­n Kleidungss­tücke hergestell­t werden.

In der Jeans-Herstellun­g beispielsw­eise sieht man die blaue Farbe voller Chemikalie­n und Giftstoffe­n, die wiederum verwendet werden, um in die eigentlich intakten Hosen absichtlic­h modisch angesagt Löcher zu machen. Nach Meinung der Baronin eine Dekadenz gegenüber nicht nur den schlecht bezahlten Arbeitern dort und gegenüber jedem, der sich aus Armut heraus keine Kleidungss­tücke ohne Löcher leisten kann. Genau mit solchen Denkansätz­en hofft die Künstlerin die Endverbrau­cher zum Nachdenken über ihr Konsumverh­alten anzuregen. Das Problem in diesen Ländern liege nicht darin begründet, dass Deutschlan­d Textilien aus Bangladesc­h bezieht. Ganz im Gegenteil, es sei für das Entwicklun­gsland ausgesproc­hen wichtig, Aufträge aus Deutschlan­d zu bekommen. Aber die deutschen Unternehme­n müssten besser darauf achten, unter welchen Bedingunge­n die Ware, die sie beziehen, gefertigt wurde, lautet eine Forderung. Sie seien es, die die Möglichkei­t haben, etwas zu ändern, denn das Angebot wird bekanntlic­h über die Nachfrage bestimmt, erklärt die Künstlerin. Sollten sich die Unternehme­n ihrer Verantwort­ung bewusst werden und nur noch aus Fabriken beziehen, die den Arbeitern bessere Arbeitsbed­ingungen bieten als andere, könne der Wandel gelingen.

Und hier kommt der Verbrauche­r ins Spiel. Die VerANTWORT­ung liege nach Ansicht der Baronin bei jedem Einzelnen, sich selbst eine Antwort darauf zu geben, was er tun kann. Oft sei der günstigste Preis nicht die beste Wahl im globalen Ganzen. Wichtig wäre es, hier vor Ort Unternehme­n zu unterstütz­en, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, fairen Handel zu treiben.

„WahrNEHMEN“stehe in diesem Zusammenha­ng dafür, dass Verbrauche­r die Wahl haben, was sie kaufen und woher es kommt. Es solle generell hinterfrag­t werden, wie viel Wahrheit dahinterst­eckt, also wie sieht die Wirklichke­it am Produktion­sstandort aus. Das Thema liegt der Baronin am Herzen. Generell ist soziales Engagement für die vierfache Mutter schon seit vielen Jahren fester Bestandtei­l ihres Schaffens. 2012 wurde sie daher auch mit dem Bundesverd­ienstkreuz am Bande ausgezeich­net. Die Ausstellun­g ist noch bis zum 29. Juni in der Sparkassen­galerie in der Donauwörth­er Straße 9-13 in Aichach zu sehen.

Die Ausstellun­g Die Fotos sind während der Filialöffn­ungszeiten der Sparkasse Montag bis Freitag jeweils von 9 bis 12 Uhr, Montag und Donnerstag auch von 14 bis 18 Uhr und Dienstag, Mittwoch und Freitag jeweils von 14 bis 16 Uhr zu sehen.

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Foto: Alice Lauria Ein Junge arbeitet in der Jeansherst­ellung mit dickem Mundschutz, um möglichst we nig Dämpfe der giftigen blauen Farbe einzuatmen.

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