In den OP Sälen wird noch geschraubt
Für rund 50 Millionen Euro entsteht das neue Aichacher Krankenhaus. Bei einem Rundgang erfahren Besucher, wie die Arbeiten vorangehen. Während sie noch leere Räume sehen, probt das Personal schon für den Umzug im Oktober
Aichach Wäre es so gekommen, wie geplant, dann würde im Neubau des Aichacher Krankenhauses schon behandelt und operiert. Doch statt Ärzten und Pflegekräften sind hier noch Bauarbeiter am Werk. Leitern und Eimer stehen in den Zimmern und Fluren, aus Wänden und Decken hängen Kabel, die Böden sind mit Schutzmatten und Folien abgeklebt. Im Herbst soll der Bau nun tatsächlich fertig sein. Erst vor zwei Monaten mussten die Architekten im Werkausschuss des Kreistags eingestehen, dass der ein Vierteljahr zuvor bereits überarbeitete Zeitplan für den rund 50 Millionen Euro teuren Neubau erneut nicht zu halten war. Die Kreisräte reagierten stinksauer, hatte sich der Termin doch wiederholt verschoben.
Ein älterer Herr schaut sich mit großen Augen um und sagt: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie das bis Oktober schaffen.“Er nimmt mit knapp 40 anderen an einer Führung des Krankenhaus-Fördervereins durch den Neubau teil. Manuel Hitzler, stellvertretender Leiter des Sachgebiets Hochbau am Landratsamt, räumt ein: „Viel Luft ist nicht drin.“Wie auf jeder Baustelle gebe es unliebsame Überraschungen. Sie bremsen ihn nicht in seinem Tempo bei der Führung und in seinem Elan. Er ist überzeugt: „Wir machen mit dem neuen Gebäude Werbung in eigener Sache.“
Weiter hinten reiht sich der Ärztliche Direktor Dr. Giesbert Leissner ein. Während die Besucher durch die leeren OP-Säle, den Aufwachraum und die Geburtshilfe schlendern, sieht er vor seinem geistigen Auge dort schon Betten und medizinische Geräte stehen. „Das Haus ist so schön“, sagt Leissner. „Es ermöglicht ganz andere Abläufe.“
Von diesen neuen, einfacheren Abläufen versprechen sich das Krankenhaus und der Landkreis als Träger viel. Das Haus muss sein millionenschweres Defizit senken. Das geht nach Ansicht der Geschäftsführung der Kliniken an der Paar nur, wenn mehr Umsätze generiert und die vorhandenen Ressourcen besser genutzt werden. Damit das gelingt, wurde die Belegschaft in die Planung des Neubaus einbezogen. Ein Beispiel ist ein OPSaal, der auch als Herzkatheterplatz genutzt werden kann. Leissner sagt: „Das hat uns viel Hirnschmalz gekostet.“Währenddessen erklärt Hitzler auf der Dachterrasse, dass es eine weitere eigene Dachterrasse nur für Palliativpatienten gibt.
Die unterschiedlichen Bereiche im Haus sind klar getrennt. Im Eingangsgeschoss werden die Information, ein Café, die Patientenaufnahme, Arzt- und Diensträume angesiedelt sein; außerdem Labor, Bettenzentrale, Werkstätten, Personalumkleiden, Technik und Bereitschaftsdiensträume. Im ersten Stock, der ebenerdig neben dem Eingang des bestehenden Krankenhauses liegt, sind Notaufnahme, Aufnahmepflege, Diagnostik, Intensivstation, OPs, Zentralsterilisa- tion und Entbindungsabteilung untergebracht. Das abgestufte Pflegekonzept sieht vor, dass die Patienten je nach Pflegeintensität umso weiter hinten auf der Etage versorgt werden. Im zweiten Stock sind die beiden Pflegestationen.
Als die Besucher durch das große Treppenhaus gehen, staunen viele über die riesige Fensterfront. Im ganzen Gebäude haben die Planer darauf geachtet, dass möglichst viel Tageslicht hereinkommt. Es soll Ärzten, Pflegekräften und Patienten gleichermaßen helfen. Leissner sagt: „Für uns, die wir hier arbeiten, ist das eine wichtige Energiequelle.“Er habe zehn Jahre in der Radiologie ohne Tageslicht gearbeitet. Umso mehr freue er sich auf den Umzug.
Im fünf Monaten soll es so weit sein. In der ersten Oktoberwoche sollen im Neubau laut Klinik-Geschäftsführer Dr. Krzysztof Kazmierczak Trockenübungen von der Bedienung der Telefonanlage bis zum Umgang mit Notfällen stattfinden. In der zweiten Woche wird die Technik getestet, die Hygiene abgeklärt. Dann gehen Notaufnahme und Intensivstation in Betrieb. In derselben Woche wird laut Kazmierczak die Patientenbelegung reduziert, einen Teil der Patienten übernimmt das Krankenhaus in Friedberg. In der dritten Woche ziehen alle Patienten an einem Tag ins neue Haus. Auch dann bleibt die Belegung niedrig. „Ich will nicht, dass die Mitarbeiter unter Druck sind“, sagt Kazmierczak. „Wir wollen den Laden erst hochfahren, wenn wir wissen, dass alles funktioniert.“Das soll ab der vierten Oktoberwoche passieren.
Auf bis zu 132 Betten ist der Neubau ausgelegt, 102 hat das Krankenhaus bisher. Der Puffer wurde bewusst eingeplant. In Spitzenzeiten kommt das alte Haus nämlich räumlich und personell an seine Grenzen. Im ersten Quartal war es laut Kazmierczak wegen der Grippewelle mit bis zu 125 Prozent ausgelastet. Bis zu drei Patienten mussten Kazmierczak zufolge in den kleinen Zimmern miteinander auskommen. Der Klinik-Geschäftsführer ist ihnen noch heute dankbar: Kein Einziger habe sich beschwert.