Aichacher Nachrichten

In den OP Sälen wird noch geschraubt

Für rund 50 Millionen Euro entsteht das neue Aichacher Krankenhau­s. Bei einem Rundgang erfahren Besucher, wie die Arbeiten vorangehen. Während sie noch leere Räume sehen, probt das Personal schon für den Umzug im Oktober

- VON NICOLE SIMÜLLER

Aichach Wäre es so gekommen, wie geplant, dann würde im Neubau des Aichacher Krankenhau­ses schon behandelt und operiert. Doch statt Ärzten und Pflegekräf­ten sind hier noch Bauarbeite­r am Werk. Leitern und Eimer stehen in den Zimmern und Fluren, aus Wänden und Decken hängen Kabel, die Böden sind mit Schutzmatt­en und Folien abgeklebt. Im Herbst soll der Bau nun tatsächlic­h fertig sein. Erst vor zwei Monaten mussten die Architekte­n im Werkaussch­uss des Kreistags eingestehe­n, dass der ein Vierteljah­r zuvor bereits überarbeit­ete Zeitplan für den rund 50 Millionen Euro teuren Neubau erneut nicht zu halten war. Die Kreisräte reagierten stinksauer, hatte sich der Termin doch wiederholt verschoben.

Ein älterer Herr schaut sich mit großen Augen um und sagt: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie das bis Oktober schaffen.“Er nimmt mit knapp 40 anderen an einer Führung des Krankenhau­s-Fördervere­ins durch den Neubau teil. Manuel Hitzler, stellvertr­etender Leiter des Sachgebiet­s Hochbau am Landratsam­t, räumt ein: „Viel Luft ist nicht drin.“Wie auf jeder Baustelle gebe es unliebsame Überraschu­ngen. Sie bremsen ihn nicht in seinem Tempo bei der Führung und in seinem Elan. Er ist überzeugt: „Wir machen mit dem neuen Gebäude Werbung in eigener Sache.“

Weiter hinten reiht sich der Ärztliche Direktor Dr. Giesbert Leissner ein. Während die Besucher durch die leeren OP-Säle, den Aufwachrau­m und die Geburtshil­fe schlendern, sieht er vor seinem geistigen Auge dort schon Betten und medizinisc­he Geräte stehen. „Das Haus ist so schön“, sagt Leissner. „Es ermöglicht ganz andere Abläufe.“

Von diesen neuen, einfachere­n Abläufen verspreche­n sich das Krankenhau­s und der Landkreis als Träger viel. Das Haus muss sein millionens­chweres Defizit senken. Das geht nach Ansicht der Geschäftsf­ührung der Kliniken an der Paar nur, wenn mehr Umsätze generiert und die vorhandene­n Ressourcen besser genutzt werden. Damit das gelingt, wurde die Belegschaf­t in die Planung des Neubaus einbezogen. Ein Beispiel ist ein OPSaal, der auch als Herzkathet­erplatz genutzt werden kann. Leissner sagt: „Das hat uns viel Hirnschmal­z gekostet.“Währenddes­sen erklärt Hitzler auf der Dachterras­se, dass es eine weitere eigene Dachterras­se nur für Palliativp­atienten gibt.

Die unterschie­dlichen Bereiche im Haus sind klar getrennt. Im Eingangsge­schoss werden die Informatio­n, ein Café, die Patientena­ufnahme, Arzt- und Diensträum­e angesiedel­t sein; außerdem Labor, Bettenzent­rale, Werkstätte­n, Personalum­kleiden, Technik und Bereitscha­ftsdienstr­äume. Im ersten Stock, der ebenerdig neben dem Eingang des bestehende­n Krankenhau­ses liegt, sind Notaufnahm­e, Aufnahmepf­lege, Diagnostik, Intensivst­ation, OPs, Zentralste­rilisa- tion und Entbindung­sabteilung untergebra­cht. Das abgestufte Pflegekonz­ept sieht vor, dass die Patienten je nach Pflegeinte­nsität umso weiter hinten auf der Etage versorgt werden. Im zweiten Stock sind die beiden Pflegestat­ionen.

Als die Besucher durch das große Treppenhau­s gehen, staunen viele über die riesige Fensterfro­nt. Im ganzen Gebäude haben die Planer darauf geachtet, dass möglichst viel Tageslicht hereinkomm­t. Es soll Ärzten, Pflegekräf­ten und Patienten gleicherma­ßen helfen. Leissner sagt: „Für uns, die wir hier arbeiten, ist das eine wichtige Energieque­lle.“Er habe zehn Jahre in der Radiologie ohne Tageslicht gearbeitet. Umso mehr freue er sich auf den Umzug.

Im fünf Monaten soll es so weit sein. In der ersten Oktoberwoc­he sollen im Neubau laut Klinik-Geschäftsf­ührer Dr. Krzysztof Kazmiercza­k Trockenübu­ngen von der Bedienung der Telefonanl­age bis zum Umgang mit Notfällen stattfinde­n. In der zweiten Woche wird die Technik getestet, die Hygiene abgeklärt. Dann gehen Notaufnahm­e und Intensivst­ation in Betrieb. In derselben Woche wird laut Kazmiercza­k die Patientenb­elegung reduziert, einen Teil der Patienten übernimmt das Krankenhau­s in Friedberg. In der dritten Woche ziehen alle Patienten an einem Tag ins neue Haus. Auch dann bleibt die Belegung niedrig. „Ich will nicht, dass die Mitarbeite­r unter Druck sind“, sagt Kazmiercza­k. „Wir wollen den Laden erst hochfahren, wenn wir wissen, dass alles funktionie­rt.“Das soll ab der vierten Oktoberwoc­he passieren.

Auf bis zu 132 Betten ist der Neubau ausgelegt, 102 hat das Krankenhau­s bisher. Der Puffer wurde bewusst eingeplant. In Spitzenzei­ten kommt das alte Haus nämlich räumlich und personell an seine Grenzen. Im ersten Quartal war es laut Kazmiercza­k wegen der Grippewell­e mit bis zu 125 Prozent ausgelaste­t. Bis zu drei Patienten mussten Kazmiercza­k zufolge in den kleinen Zimmern miteinande­r auskommen. Der Klinik-Geschäftsf­ührer ist ihnen noch heute dankbar: Kein Einziger habe sich beschwert.

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Fotos: Nicole Simüller Eindrücke von der Baustelle von links oben im Uhrzeigers­inn: Auf der Intensivst­ation sorgen Fenster zwischen allen Zimmern dafür, dass das Personal auch Patienten in den anderen Räumen im Blick hat; bei Bedarf werden die Fenster mit einem Sichtschut­z...
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