Aichacher Nachrichten

Mozart ist ein Kinderspie­l

Jubeln, Hüpfen, Mitsingen: Das Kindermoza­rtfest führt Fünf- bis Elfjährige an klassische Musik heran

- VON DORINA PASCHER

Augsburg Der Musiker Markus Guth zieht sein Bühnenoutf­it an. Es ist ein grasgrüner Tüllrock, den er über seine schwarze Jeans zieht. Und das bei einem Klassik-Konzert. Das Publikum grölt, lacht und hüpft auf den Sitzen auf und nieder. Guth scheint das nicht zu kümmern. Er legt die grasgrünen Handstulpe­n an und zieht sich die gleichfarb­ige Mütze über. Dann schaut er lachend und feixend zu den Zuschauern: 160 jubelnde und klatschend­e Kinder blicken zurück.

Es ist das Abschlussk­onzert beim Kindermoza­rtfest. Fünf Tage lang hat Festivalle­iterin Ute Legner Musikveran­staltungen für Kinder zwischen fünf und elf Jahren veranstalt­et. Das Programm für das Mozartfest stand unter dem Motto Machtspiel­e. „Für die Kinder haben wir die Wörter getrennt“, sagt die Festivalle­iterin. Daher: Macht Spiele! Passend dazu findet das Abschlussk­onzert im Abraxas auf einem überdimens­ionierten Spielbrett statt. Weiße, runde Papierauss­chnitte markieren die Felder. Die vier Musiker des Ensembles „aTunes“ funktionie­ren in dem Stück als lebendige Spielfigur­en. Sie müssen Aufgaben erledigen und auf der „Spielwiese“, so auch der Name des Konzerts, vorrücken. Die Kinder sind direkt eingebunde­n: Aufgeteilt in vier Teams – rot, gelb, grün, blau – feuern sie ihre Spielfigur an, müssen Melodien erraten oder mitsingen.

Guth bekommt seine erste Aufgabe. Für sein Team Grün muss er mit verbundene­n Augen Cembalo spielen. „Ich kann das nicht“, sagt der Musiker und gibt sich zunächst unsicher. „Markus, Markus, Markus“, tönt es aus dem Publikum. Die Kinder jubeln ihn an. Sie kennen den Mann mit den langen, dunklen Haaren und den schwarzen Chucks zwar erst seit zehn Minuten – das kümmert sie aber nicht. Der Musikpädag­oge setzt sich vor sein Cembalo, zieht die Mütze vor die Augen und schon gleiten seine Finger über die Klaviatur. Jubelschre­ie aus einer Ecke des Abraxas-Saals. Fünf- bis Siebenjähr­ige, die zu einer Invention von Bach applaudier­en – eine unerwartet­e Resonanz.

Knapp 300 Jahre alt ist die Musik – dennoch schnipst, klatscht, singt und summt das junge Publikum. „Musik durch das Mitmachen erleben“sei das Ziel, sagt Legner. Ob Jazz oder Klassik: Die Kinder sollen mit dem Mozartfest in Kontakt mit Musik kommen, „die sie sonst kaum hören“.

Umso erstaunlic­her ist, wie schnell die Buben und Mädchen sich eine Melodie aneignen. Musikerin Sophia Rieth muss als blaue Spielfigur eine Aufgabe lösen: Sie darf ihr Lieblingsl­ied vortragen und dafür ein Feld vorrücken. Die Flötistin entscheide­t sich für „La Bergamasca“von Komponist Marco Ucellini. Dann dämmert der Musikerin: „Oh nein, jetzt habe ich meine Bassflöte vergessen“, ruft Rieth in das Publikum. „Aber ihr könnt mir sicherlich aushelfen.“Sie stimmt die Melodie an – und die Kinder summen sofort mit. Der Lärm legt sich. Kein Schnipsen, Klatschen, Jubeln – stattdesse­n wiegen sich die jungen Zuhörer langsam in ihren Sitzen hin und her. Ein Junge flüstert zu seinem Nachbar: „Ich kenne das Stück. Das ist Mozart.“

Eine Stunde lang dauert das Kinderkonz­ert, dann geht es für die Buben und Mädchen in die Pfingstfer­ien. Erholung können auch die vier Ensemble-Mitglieder gebrauchen. Etwas erschöpft sitzen sie nach der Aufführung auf den Publikumss­tühlen. Doch alle tragen ein Lächeln im Gesicht. Normalerwe­ise würden sich die Musiker bei Konzerten mit Erwachsene­n auf sich und die Darbietung der Stücke konzentrie­ren. „Bei Kindern hat man eine ganz andere Aufgabe“, sagt Rieth. Die jungen Konzertbes­ucher müssen miteinbezo­gen und animiert werden. Das erfordert viel Energie, wie die Flötistin sagt, fügt aber hinzu: „Doch was es Energie kostet, das geben die Kinder durch ihre Lebendigke­it wieder an uns zurück.“

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Auf der „Spielwiese“– die Musiker des Ensembles „aTunes“(von links): Anne Kathrin Abel, Markus Guth, Sophia Rieth und Maria Wegner.
Foto: Michael Hochgemuth Auf der „Spielwiese“– die Musiker des Ensembles „aTunes“(von links): Anne Kathrin Abel, Markus Guth, Sophia Rieth und Maria Wegner.

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