Gratis Nahverkehr: Geteiltes Echo
Der Fahrgastverband fürchtet, dass so Autofahrer an den Rand der Innenstadt gelockt würden. Der Tourismusdirektor freut sich
Der Fahrgastverband Pro Bahn bewertet die Überlegungen für einen Gratis-Nahverkehr in der Augsburger Innenstadt eher zurückhaltend. Auf diese Weise lade man Bürger aus dem Umland ein, mit dem Auto möglichst nah an die Innenstadt heranzufahren und dann den Rest bis zur Fußgängerzone zum Nulltarif zurückzulegen, so Sprecher Winfried Karg. „Das hilft in der unmittelbaren Innenstadt nicht viel und bringt im weiteren Stadtgebiet sowie im Umland Mehrverkehr auf die Straße“, so Karg. Zudem seien die Straßenbahnen und Busse im Bereich des InnenstadtKerns jetzt schon auch außerhalb der Stoßzeiten recht voll. Sollte es nötig sein, zusätzliche Fahrzeuge einzusetzen, sei deren Finanzierung ungeklärt.
Die Stadtwerke wollen Mitte oder Ende 2019 den Nahverkehr im Kernbereich der Innenstadt (jeweils eine Haltestelle rund um Königsplatz/Moritzplatz) kostenfrei anbieten. Eine weitere Ausdehnung schließt Stadtwerke-Geschäftsführer Walter Casazza unter anderem aus Kostengründen aus. Die Stadtwerke rechnen mit Einnahmeausfällen von 500 000 Euro pro Jahr. Durch die Gratiszone verlängert sich für Fahrgäste mit dem Ziel der Innenstadt das Kurzstreckenticket um eine Haltestelle. Sie kommen somit – abhängig von der Starthaltestelle – eher für 1,45 Euro ans Ziel und müssen nicht den Standardtarif von 2,90 Euro bezahlen. Die Stadt Augsburg argumentiert, dass die Gratiszone die Luftqualität in der Innenstadt verbessern soll.
Pro Bahn fordert, dass die Stadt überlegen müsste, die bisher kostenlosen Park-and-ride-Plätze kostenpflichtig zu machen und beim Preis eine Nutzung des Nahverkehrs einzubauen. Die Stadt hat aber bereits signalisiert, Nutzungsgebühren abzulehnen. Die Stadtwerke halten es zumindest für nötig, über flankierende Maßnahmen beim Thema Parken nachzudenken. Stadtrat Rolf von Hohenhau (CSU) hatte in der Stadtratssitzung am Donnerstag erklärt, dass er mehr Parkverkehr an den Haltestellen rund um die City-Zone befürchte.
Erfreut von den Plänen zeigt sich Tourismusdirektor Götz Beck. Für Gäste sei es eine enorme Erleichterung, wenn sie innerhalb der Innenstadt einfach in Bus und Straßenbahn einsteigen können, ohne sich vertieft mit Fahrkartenpreisen und Ticketkauf auseinandersetzen zu müssen. Die Pläne der Stadtwerke dürften auch bei den Überlegungen der Regio eine Rolle spielen, eine Augsburg Card zu entwickeln, bei der Touristen für einen fixen Paketpreis Leistungen wie den Eintritt in Museen oder andere Attraktionen bekommen.
Auch vom Einzelhandel wird das Mobilitätskonzept begrüßt. „Alle Ansätze, die es Kunden erleichtern, seine Anlaufstellen in der Innenstadt zu erreichen, sind zu begrüßen“, so André Köhn, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbands. Insofern sei die Idee mit dem Gratis-Nahverkehr in der Innenstadt gut. Allerdings dürfe man auch die anderen Punkte des Mobilitätskonzepts nicht aus den Augen lassen. Dies gelte für das Parkleitsystem, das seit Jahren auf sich warten lässt. „Es geht darum, dem Kunden den Einkauf so bequem wie möglich zu machen“, so Köhn. Auch der Versuch mit Smart Parking und einer App, die freie Parkplätze am Straßenrand anzeigt, könne helfen, unnötigen Parksuchverkehr zu vermeiden.
Im Facebook-Auftritt unserer Zeitung wird der Plan kontrovers diskutiert. Zahlreiche Diskutanten zeigen sich skeptisch. Für einen sieht es nach einem „Augenwischerei-Projekt“ aus, denn: „Wer kann das nutzen?“Andere Kritiker fordern stattdessen lieber günstigere Tarife oder schlagen vor, den Gratisbereich auszudehnen. Ein weiterer Einwand erinnert an die Skepsis von Pro Bahn: Autofahrer könnten an den Innenstadtrand gelockt werden. Es gibt jedoch auch Zustimmung. Eine Leserin schreibt: „Ich fände es eine tolle Idee.“Ein anderer Diskutant spricht von einem „schönen Anfang“, der allerdings noch weitergedacht werden müsse.