Aichacher Nachrichten

So stellt sich die Polizei für den AfD Parteitag auf

In sechs Wochen treffen sich rund 600 Delegierte der AfD in der Schwabenha­lle. Etwa 2000 Polizisten sollen dabei im Einsatz sein – so viele wie noch nie zuvor in Augsburg. Bereits jetzt kursieren diverse Aufrufe zum Krawall

- VON JÖRG HEINZLE

Die Broschüre sieht auf den ersten Blick harmlos aus, wie ein Reiseführe­r für Augsburg. Der Inhalt aber hat es in sich. Das Dokument, das derzeit im Internet kursiert, ist ein offener Aufruf, den geplanten Bundespart­eitag der AfD in Augsburg mit Krawallen zu begleiten. Aufrufe wie diesen nehmen die Behörden ernst, auch wenn oft nicht klar ist, wer genau dahinterst­eckt. Die Polizei stellt sich jedenfalls entspreche­nd auf. Schon jetzt steht fest: An dem Parteitags­wochenende am 30. Juni und 1. Juli wird der größte Polizeiein­satz ablaufen, den es bisher in Augsburg gegeben hat.

Nach derzeitige­m Stand sollen rund 2000 Polizeibea­mte eingesetzt werden, um die Bundesdele­giertenkon­ferenz auf dem Messegelän­de zu bewachen und Gegenkundg­ebungen zu begleiten. So viele Polizisten seien noch nie bei einem Einsatz in Augsburg tätig gewesen, sagt Polizeispr­echer Thomas Rieger. Es sind deutlich mehr Beamte als die aktuell gut 1500 Polizisten, die im Bereich des gesamten nordschwäb­ischen Polizeiprä­sidiums arbeiten. Neben weiteren Einheiten aus Bayern sollen deshalb zusätzlich auch Beamte aus anderen Bundesländ­ern und Bundespoli­zisten in Augsburg zum Einsatz kommen.

Die Polizei rechnet damit, dass auch gewaltbere­ite AfD-Gegner in die Stadt kommen. Thomas Rieger, der die Pressestel­le der Augsburger Polizei leitet, sagt: „Wir haben Erkenntnis­se über zahlreiche Aufrufe aus der linken Szene zur Störung des Delegierte­nparteitag­es, und zwar aus dem gesamten Bundesgebi­et.“Auf einer Internetse­ite, die mutmaßlich von linken Aktivisten erstellt wurde, heißt es dazu wörtlich: „Deshalb rufen wir anlässlich des AfD-Parteitags in Augsburg zur Revolte gegen das Kollektiv der Deutschen auf. Wir wollen nicht nur der AfD den Kampf ansagen, sondern unseren Krawall gegen jedes Kriegerden­kmal, gegen jede Repression­sbehörde des Staates, gegen jedes Parteibüro einer rassistisc­hen Par- gegen jeden Kollaborat­eur eines erneut aufkeimend­en Faschismus richten.“Veröffentl­icht werden dazu die entspreche­nden Adressen von Parteien und Behörden in Augsburg sowie die private Anschrift von diversen AfD-Funktionär­en aus der Region. Auch zahlreiche Hotels, in denen die Delegierte­n der Alternativ­e für Deutschlan­d übernachte­n könnten, listet die Internetse­ite auf.

Bei der Polizei ist der Aufruf be- kannt. Beamte des Staatsschu­tzes beobachten, was sich auf den entspreche­nden Seiten im Internet tut. Die Staatsschu­tz-Ermittler bei Polizei und Verfassung­sschutz befassen sich mit politisch motivierte­n Straftaten von Links und Rechts. Deren Erkenntnis­se werden auch genutzt, um den Polizeiein­satz vorzuberei­ten. Etwa um gefährdete Personen und Orte zu schützen. Geprüft wird zudem, ob das, was im Internet vertei, öffentlich­t wird, strafbar ist und eventuell auch gelöscht werden kann. In der Praxis ist die Löschung oft schwierig. Auf Server im Ausland hat die Polizei nur schwer Zugriff.

Die Polizei setzt darauf, Anhänger und Gegner der umstritten­en Partei auf Distanz zu halten und eine Konfrontat­ion so im Ansatz zu verhindern. Friedliche­r Protest werde von der Polizei genauso geschützt wie der AfD-Parteitag. Thomas Rieger kündigt aber an: „Allerdings werden wir gegen gewaltbere­ite Demonstran­ten, insbesonde­re erkannte Gewalttäte­r, Extremiste­n und Rädelsführ­er konsequent und bei niedriger Einschreit­schwelle vorgehen.“Sicherheit­shalber sollen auch Wasserwerf­er bereitgeha­lten werden. Allerdings nur als eine Option für „besondere und schwerwieg­ende Szenarien“.

Zum Parteitag, der am Samstag und Sonntag in der Schwabenha­lle auf dem Messegelän­de stattfinde­t, werden rund 600 Delegierte der AfD erwartet, zudem rund 500 Gäste und etwa 300 Journalist­en. Bisher wurden vier größere Gegendemon­strationen angemeldet. Geplant ist unter anderem eine vom Bündnis für Menschenwü­rde und vom Stadtjugen­dring organisier­te große Aktion

Auch die Unterbring­ung ist eine Herausford­erung

auf dem Rathauspla­tz, bei der auch bekannte Bands spielen sollen. Es soll auch einen Protestmar­sch von der Messe in die Innenstadt geben. Die Teilnehmer­zahl bei den bisher angemeldet­en Gegendemos liegt bei rund 8000. Die Polizei rechnet aber über das ganze Wochenende verteilt mit einer „deutlich fünfstelli­gen“Anzahl von Protestier­enden.

Die Augsburger müssen sich an dem Wochenende des Parteitags auf Einschränk­ungen einstellen – vor allem im Umfeld der Messe, in der Innenstadt und im Bereich der Demonstrat­ionsstreck­en. Ein wichtiges Ziel des Einsatzes sei aber, so Thomas Rieger, die Beeinträch­tigungen für die Bürger so gering wie möglich zu halten. Eine Herausford­erung wird der Einsatz für die Polizei auch unter einem anderen Aspekt: Die Beamten, die von außerhalb nach Augsburg kommen, müssen alle untergebra­cht und verpflegt werden. Die Polizisten sollen teils in Hotels und Pensionen schlafen. Zudem soll es Unterkünft­e an den Bereitscha­ftspolizei-Standorten in Königsbrun­n und Dachau geben.

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Foto: Julian Strate, dpa Das Kongressze­ntrum in Hannover war während des vergange nen AfD Parteitags streng abgeriegel­t.
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Foto: Jörg Heinzle Im Internet kursiert auf linken Seiten bereits ein Heft mit dem Titel „Reiseführe­r für Krawalltou­risten“.

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