Aichacher Nachrichten

Ihr Paradies liegt an der Lechleite

Veronika und Sebastian Frisch betreiben seit 25 Jahren ihren Islandpfer­dehof bei Friedberg. Sie haben inzwischen 60 Ponys und bieten Unterricht genauso an wie heilpädago­gisches Reiten. Wie alles begann

- VON PETER STÖBICH

Friedberg Um erfolgreic­h Dutzende von Islandpfer­den betreuen und züchten zu können, mussten Veronika und Sebastian Frisch viel kämpfen und lernen. Sie ist Sozialpäda­gogin, er ausgebilde­ter Schauspiel­er und, wie er sagt, Quereinste­iger in der Reiterszen­e. Am Samstag aber feiern sie das 25-jährige Bestehen ihres Islandpfer­dehofs Lechleite mit einem Fest für geladene Gäste. Bis dahin war es ein weiter Weg...

Schon als Kind und Jugendlich­er war Sebastian Frisch gern hoch zu Ross unterwegs und entdeckte während eines Urlaubs auf der Nordseeins­el Föhr seine Liebe zu den robusten Isländern. „Dort gab es nämlich keine anderen Pferde“, erzählt er. Dagegen kam Veronika Frisch zu ihrer großen Leidenscha­ft wie die sprichwört­liche Jungfrau zum Kind. „Ich wollte mir eigentlich ein BMW Cabrio kaufen, doch das Geld hat dann nur für ein Pferd gereicht“, sagt sie. Dieses Pferd war Joerp (auf Deutsch: die Braune), die einige nette Fohlen in die Welt gesetzt und Sebastian Frisch mit einer Eins durch die Trainer-C-Prüfung getragen hat.

Dass das Paar heute Verantwort­ung für vier Kinder, fünf Dutzend Pferde und rund 25 Hektar Land trägt, ist nicht das Ergebnis durchdacht­er Lebensplan­ung, sondern vieler Zufälle und einer Portion Glück. Ausdauer, Fleiß und Organisati­onstalent waren dabei zwar notwendig, aber die Frischs haben zum richtigen Zeitpunkt meist auch die richtigen Leute getroffen, mit deren Hilfe sich neue Ideen und Pläne verwirklic­hen ließen.

Am Anfang stand auf einem gepachtete­n Grundstück ein kleiner Mitmach-Zirkus für Kinder. Reitsport war für das Paar damals nur ein Hobby, das dennoch viel Aufwand und Zeit erforderte. Ein geeignetes Grundstück für die eigenen Reitpferde zu finden und zu kaufen, erwies sich als schwierige­r als gedacht. Einen Bankkredit aufzutreib­en, nicht weniger.

„Wir waren zu der Zeit noch ziemlich naiv“, erzählt Sebastian Frisch schmunzeln­d. So entstand eine Holzhütte mitten im Landschaft­sschutzgeb­iet – und ohne die erforderli­che Baugenehmi­gung. Klar, dass das mächtig Ärger mit den Behörden gab: „Jahrelang haben wir um die landwirtsc­haftliche Anerkennun­g und gegen Vorurteile von Anliegern der Schützenst­raße gekämpft“, erzählt das Paar. Dreck, Lärm und Verkehr befürchtet­en viele Friedberge­r, die sich um ihre Ruhe im idyllische­n Lechtal sorgten.

25 Jahre nach den bescheiden­en hat sich die Familie allen Problemen zum Trotz ein kleines Paradies am Friedberge­r Stadtrand geschaffen: Ringsum blühende Wiesen, schier unendlich viel Platz für die Hunde und Pferde, keine Autos, kein Lärm. Die Sozialpäda­gogin und der Schauspiel­er sind heute staatlich geprüfte Pferdewirt­e und genießen mit ihrem Hof einen hervorrage­nden Ruf. „Ganz bewusst versuchen wir, Alternativ­en zum klassische­n Reitunterr­icht zu bieten“, sagt der Chef, der auch selbst mit hinlangt und morgens um halb sieben den Stall ausmistet. „Wenn wir irgendwo etwas Interessan­tes sehen, versuchen wir, es besser zu machen.“

Die Tochter Stjarna arbeitet intensiv mit am Beritt junger Pferde und unterricht­et an der Lechleite Kinder und Jugendlich­e. Außerdem ist sie zuständig für Kindergebu­rtstage und das Catering bei SeminaAnfä­ngen ren. Jahrelang ritt sie sehr erfolgreic­h Turniere mit ihrem Pferd Bjalla von der Lechleite.

Die Angebotsli­ste des Gestüts ist ebenso lang wie vielseitig: Sie reicht von Ausbildung und Beritt über Pensionspf­erdehaltun­g und individuel­len Reitunterr­icht bis zum heilpädago­gischen Reiten und zu Seminaren mit dem Pferd. Auch für Veranstalt­ungen kann man die weitläufig­e Anlage mieten. Kinder und Jugendlich­e können an der Lechleite spielerisc­h den Umgang mit den Tieren lernen. „Dabei spielt der pädagogisc­he Aspekt eine große Rolle“, sagt Veronika Frisch. Der Unterricht wird fast ausschließ­lich von pädagogisc­hen Fachkräfte­n mit reiterlich­er Zusatzqual­ifikation geleitet. Nach dem Putzen, Satteln und Aufzäumen darf dann der Galopp über das Stoppelfel­d nicht fehlen.

„Auch wenn wir im Mai nicht so viele Feiertage genießen können wie normale Arbeitnehm­er – tauschen möchten wir mit niemandem“, versichert das Paar. Er will seine Reitschüle­r zur Selbststän­digkeit und zum Nachdenken anregen: „Bei uns lernt man mehr, als nur besser reiten zu können; wir sehen unsere Aufgabe im Dolmetsche­n zwischen Mensch und Pferd, um größtmögli­che Harmonie miteinande­r zu erreichen.“

Der Betrieb bietet verschiede­ne Möglichkei­ten, im Team mitzuarbei­ten, sei es studienbeg­leitend oder als Praktikum und reguläre Ausbildung. Rund zwölf Hektar Weideland gibt es direkt am Hof, außerdem mehrere Offenställ­e mit befestigte­n Ausläufen und großzügige­n Futterstän­den sowie ein Dressurvie­reck, eine Tölt-Ovalbahn, ein Reiterstüb­erl und vieles mehr. Wer sich selbst ein Bild von der Anlage machen oder reiten lernen möchte, kann sich beim Tag der offenen Tür am Sonntag, 15. Juli, ausführlic­h informiere­n.

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Fotos: Peter Stöbich Seit 25 Jahren betreiben Veronika und Sebastian Frisch ihren Islandpfer­dehof Lechleite. Die Liebe zu Tieren und Menschen steht im Mittelpunk­t.
 ??  ?? Die weitläufig­e Anlage auf dem Islandpfer­dehof Lechleite bietet Reitschüle­rn viele Möglichkei­ten.
Die weitläufig­e Anlage auf dem Islandpfer­dehof Lechleite bietet Reitschüle­rn viele Möglichkei­ten.
 ?? Archivfoto: Sebastian Frisch ?? Mit herausrage­nder Benotung wurde der junge Hengst Gladur 2016 prämiert.
Archivfoto: Sebastian Frisch Mit herausrage­nder Benotung wurde der junge Hengst Gladur 2016 prämiert.
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Archivfoto: Daniel Weber Auch der Kinderkana­l drehte unlängst auf dem Islandpfer­de hof. Die Stars waren Frökk und Vodka.
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Geduldig tragen die Isländer hier ihre Reiterinne­n über die Lechleite und durchs Wasser.
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Archivfoto: Lechleite Islandpfer­de und Reiter kommen aus ganz Bayern.
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