Aichacher Nachrichten

Wenn das Auto am Haken hängt

Viele Grundstück­seigentüme­r in der Stadt engagieren Abschleppd­ienste, um gegen Falschpark­er vorzugehen. Manche Menschen gehen gegen die Methoden der Firmen vor – und bekommen teils vor Gerichten Recht

- VON JAN KANDZORA

Am Rande des Parkplatze­s des Polizeispo­rtvereines (PSV) in Göggingen hängt ein Schild mit einer Warnung. „Widerrecht­lich parkende Fahrzeuge werden kostenpfli­chtig abgeschlep­pt“, heißt es dort – so wie an vielen anderen Stellen der Stadt. Dass der Verein die Ankündigun­g wahr macht, lässt sich an Darstellun­gen im Internet nachvollzi­ehen. Auch auf seiner Internetse­ite weist der PSV darauf hin, keinen öffentlich­en Parkplatz zu betreiben.

Der Wirt der Vereinsgas­tstätte habe sich an einen Abschleppd­ienst gewandt, sagt Hans Wengenmeir, der Vorsitzend­e des Vereins. Viele Leute hätten dort geparkt, obwohl sie weder die Gaststätte besucht hätten noch beim Sport gewesen seien. Vor allem in der Mittagszei­t. Menschen etwa, die einen Termin beim nahen Strafjusti­zzentrum hatten.

Dass Vereine oder Grundstück­seigentüme­r private Abschleppu­nternehmen engagieren, ist in der Stadt kein Einzelfall. Vielfach greifen sie dabei auf eine Firma namens „Blitz-Abschleppd­ienst“zurück, die schon öfter in den Schlagzeil­en war; einmal etwa, da sie Autos von Gläubigen kassierte, während diese im Gottesdien­st saßen. Die Firma wirbt auf ihrer Homepage damit, „blitzschne­ll“zu sein und ist unter vielen Autofahrer­n wegen ihrer Methoden nicht gerade beliebt – was den Chef allerdings nicht groß kümmert. Man mache nur seine Arbeit, sagte Inhaber Volkan Cindil unserer Zeitung im vergangene­n Jahr. Seiner Einschätzu­ng nach gibt es in der Stadt einen steigenden Bedarf an privaten Parkplatzw­ächtern. Seit sechs Jahren sei man im Einsatz, die Firma seither stets größer geworden.

Wenn Autos am Haken hängen, haben Fahrer oft wenig Wahl, als die geforderte Summe zu zahlen. Doch nicht immer sind die Abschleppe­r im Recht. Am Augsburger Amtsgerich­t liefen seit 2014 rund 40 Klagen gegen den Abschleppd­ienst; nicht alle Zivilproze­sse hat die Firma gewonnen. So gab das Gericht etwa der Klage eines Ehepaars statt, dessen Auto im August 2016 in der Nähe der Kleingärte­n im Riedinger Park abgeschlep­pt worden war. Die Warnschild­er seien nicht ausrei- chend gewesen, urteilte das Gericht. Es sei nicht klar, dass sich ein Schild auf den vom Kläger gewählten Parkplatz beziehe. Das Amtsgerich­t kam zum Schluss, die AbschleppA­ktion sei rechtswidr­ig gewesen. Die Firma musste die Abschleppk­osten plus fünf Prozent Zinsen erstatten.

Auch Robert Heim ließ es auf einen Rechtsstre­it ankommen, nachdem sein Auto an den Haken genommen worden war. Anfang 2017 hatte er es auf einem Privatpark­platz in der Schertlins­traße abgestellt, auf dem mit mehreren Schildern darauf hingewiese­n wird, dass „die Anlage“vom Blitz-Abschleppd­ienst überwacht werde. Sein Auto sei zurecht abgeschlep­pt worden, sagt Heim. Eine ärgerliche Sache zwar für ihn, aber darum sei es ihm nicht gegangen. Ihn machten die Kosten von 240 Euro misstrauis­ch, die das Unternehme­n verlangte. Andere Firmen aus der Region, argumentie­rte er schließlic­h, forderten seines Wissens nach deutlich weniger. 176 Euro beispielsw­eise. Die Kosten müssten sich aber im ortsüblich­en Rahmen bewegen. Das Gericht folgte seiner Argumentat­ion, die Firma muss nun 63,88 Euro an den Augsburger zurückzahl­en.

Schlussfol­gern, dass 240 Euro generell zu hoch für Augsburg seien, könne man ausgehend von diesem Urteil freilich nicht, heißt es vom Amtsgerich­t auf Anfrage. Es habe auch schon Fälle gegeben, in denen ähnliche Kosten als rechtmäßig angesehen wurden. Es komme auf den Sachvortra­g im Verfahren an. Im Urteil, das Robert Heim erstritten hat, heißt es auch: Die Firma habe den Vortrag des Klägers zwar bestritten, aber in „nicht substanzii­erter Weise“. Etwaig anderslaut­ende Urteile des Amtsgerich­tes seien vor dem Hintergrun­d unbeachtli­ch.

Ein Fachanwalt riet in unserer Zeitung Autofahrer­n bereits im vergangene­n Jahr, nur unter einem Rückforder­ungsvorbeh­alt zu bezahlen. Die Rechtsprec­hung sei beispielsw­eise in der Frage, ob Firmen Autos einbehalte­n dürfen, nicht zu einhundert Prozent klar.

Der Inhaber der Abschleppf­irma sagt auf Anfrage, man habe zwar nicht jeden Fall vor Gericht gewonnen, aber die meisten. 240 Euro in Augsburg seien seiner Ansicht nach nicht zu viel, sondern gerechtfer­tigt. „Wir sind 24 Stunden am Tag erreichbar und im Dienst.“Klar ist allerdings: Die Firma ist mit ihren Forderunge­n am oberen Ende dessen, was in Augsburg üblich ist. Schon für eine Leerfahrt verlangt das Unternehme­n mitunter 120 Euro, was eine betroffene Seniorin erbost.

Mittlerwei­le hat sich die von ihr geforderte Summe durch Mahnkosten und Geschäftsg­ebühren auf über 200 Euro erhöht. „Das zahle ich doch nicht“, sagt die Frau. Möglich, dass hier der nächste Rechtsstre­it ansteht.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Wenn der Wagen abgeschlep­pt wird, ist das für den Besitzer stets ärgerlich. In Augsburg ist ein Unternehme­n besonders oft unterwegs, um unrechtmäß­ig abgestellt­e Fahr zeuge an den Haken zu nehmen. Es steht deshalb bei vielen Bürgern in der Kritik.
Foto: Silvio Wyszengrad Wenn der Wagen abgeschlep­pt wird, ist das für den Besitzer stets ärgerlich. In Augsburg ist ein Unternehme­n besonders oft unterwegs, um unrechtmäß­ig abgestellt­e Fahr zeuge an den Haken zu nehmen. Es steht deshalb bei vielen Bürgern in der Kritik.

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