Aichacher Nachrichten

Ein schlauer Zug

Auf den Spuren der Weldenbahn sieht man, wie Vergangenh­eit und Gegenwart verknüpfen werden / Serie (6)

- VON MICHAEL EICHHAMMER

Adelsried/Horgau Ein paar Meter vom Sitz des Gartenbau- und Landschaft­spflegever­eins Adelsried ist in einem Gebüsch ein stummer Zeuge vergangene­r Zeiten versteckt. Nur ein kurzes Gleisstück im Gras erinnert daran, dass hier früher einmal ein Bahnhof in Betrieb war. Adelsried zählte zu den Stationen der 1903 ins Leben gerufenen Weldenbahn. Sie verband auf ihrer Strecke Neusäß und Welden.

1982 fuhr hier der letzte Zug. Rund fünf Jahre später kaufte die Gemeinde die Immobilie von der Bahn. Für den mittlerwei­le verstorben­en Bürgermeis­ter Ewald Zirch ein Stück Heimatpfle­ge. Ihm ist auch zu verdanken, dass das erwähnte Schienenst­ück noch heute aus dem Gras schaut. Quasi als DreiMeter-Freilichtm­useum. Alles andere als museumsrei­f ist dagegen die neue Nutzung des ehemaligen Empfangsge­bäudes: Es dient seit 1997 als Vereinshei­m der Gartenfreu­nde.

Obwohl das Gebäude bereits zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts gebaut wurde, musste wenig saniert werden. Nicht nur die Bausubstan­z ist authentisc­h: An der Fassade hängt noch das Bahnhofssc­hild mit dem Ortsnamen in altmodisch­en Lettern. Darüber hängt die Bahnhofsuh­r. An Stelle eines Namensschi­lds steht an der Eingangstü­r „Bahnhofsvo­rsteher“. Wenn Petra Lohwasser den Aufenthalt­sraum betritt, werden Kindheitse­rinnerunge­n wach: „Das war früher die Wartehalle. Da saß ein Schaffner im Kämmerle und hat die Karten verkauft.“Der Raum, in dem heute der Vereinstis­ch steht, diente zu Zeiten der Bahn als Lager. Durch die Schiebetor­e wurden Lasten in die Züge gezogen. Holzkohle und Gänse beispielsw­eise.

Endstation Welden? Das gilt auch am ehemaligen Bahnhof Horgau nicht mehr. Mitte der 80er Jahre wurde der Bahnbetrie­b eingestell­t. kurz darauf an Stelle des Schienenne­tzes ein Radweg errichtet. Der Zahn der Zeit nagte seitdem am Empfangsge­bäude wie ein Specht am nahen Wald. Ein erster Versuch, die Räumlichke­iten zu sanieren und für die Gastronomi­e zu nutzen, scheiterte. Mittlerwei­le gibt es einen neuen Investor. Bauamt-Mitarbeite­r Albert Vogg ist zuversicht­lich, dass die Gemeinde noch in diesem Jahr „um eine Attraktion reicher sein wird“. Auch Thomas Gewitsch, Geschäftsl­eiter der Gemeinde, ist voller Vorfreude und empfindet das Projekt als „positiv für ganz Horgau“. In Zukunft sollen Spaziergän­ger, Radfahrer und Camper im Bahnhof einkehren. Koch Hermann Lauter will mit seiner Frau Andrea ein Restaurant mit Biergarten errichten. Geplant ist auch ein Campingpla­tz mit Camping Pods nach schwedisch­em Vorbild. Das alte Empfangsge­bäude soll als Herzstück originalge­treu bestehen bleiben und zur Wirtsstube werden. Links davon soll das „Rampenstüb­le“entstehen, rechts die Gaststube. „Unbeschrei­blich teuer“sei die Sanierung. Nervös macht die Bausumme von 700000 Euro den Gastronome­n dennoch nicht. Ebenso wenig die Tatsache, dass viele Mitbewerbe­r nach kurzer Zeit ihren Laden wieder dichtmacht­en. „Es braucht einen Branchenpr­ofi, der im Vorfeld überlegt, was zum Ort und Angebot passt.“Ein solcher Profi ist der 53-Jährige: Bevor er in seine schwäbisch­e Heimat zurückkehr­te, um den Traum vom eigenen Restaurant zu leben, war er in einer Betriebska­ntine in Dresden tätig. Ist die Geschichte der Weldenbahn damit zu Ende erzählt? Nicht, wenn es nach der Ortsgruppe Welden des Bundes Naturschut­z geht: Die wünscht sich die Weldenbahn zurück.

Serie In unregelmäß­igen Abständen stellen wird ehemalige Bahnhofsge bäude vor und erzählen, wie sie jetzt ge nutzt werden.

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Fotos: Michael Eichhammer Das stillgeleg­te Bahnhofsge­bäude in Horgau (links) wird saniert und zu einem Restaurant mit Biergarten umgebaut. Der stillge legte Bahnhof Adelsried dient heute als Vereinshei­m des Gartenbau und Landschaft­spflegever­eins Adelsried. Der Bahnhof war eine...
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