Aichacher Nachrichten

Gesundheit­skost für die Giraffen

Gaya aus Paris soll keine Melonen und Bananen mehr fressen. Der Augsburger Kurator Thomas Lipp erklärt die Hintergrün­de. Beim ersten Freigang der drei neuen Riesen will man auf Nummer sicher gehen

- VON EVA MARIA KNAB

Giraffe Gaya ist sehr verwöhnt. Im Pariser Zoo bekam sie Leckereien wie Melonen und Bananen zu fressen. Bananen wollte sie auch als Erstes, als sie neu im Zoo Augsburg ankam. Doch damit ist bald Schluss. „Süßes Obst in größeren Mengen ist ungesund für Giraffen“, erklärt Zookurator Thomas Lipp. Es ist so, wie wenn Menschen zu viel Eis essen. Das schmeckt toll, macht aber dick. Gaya und ihre Gefährtinn­en Zarafa und Kimara werden in Augsburg an eine ausgewogen­e Kost gewöhnt. Und das ist nicht die einzige Umstellung für die Tiere.

Ob Nashörner, Zebras oder Giraffen – afrikanisc­he Steppentie­re müssen in der Wildnis mit karger Kost auskommen. Damit sie gesund bleiben, sollten sie keine Dickmacher fressen. „Jeder Zoo füttert anders“, sagt Lipp. Aber in Augsburg ist man davon überzeugt, dass eine ausgewogen­e Ernährung das A und O für gesunde Tiere ist. Als Grundnahru­ngsmittel bekommen die Giraffen deshalb proteinrei­ches Luzerne-Heu. Gaya hat es am vergangene­n Samstag zum ersten Mal aus der Hand eines Pflegers angenommen. Später am Tag steht sie mit richtig dicken Backen da, um das Heu wiederzukä­uen – ähnlich wie es Kühe tun.

Weiter stehen auf dem Speiseplan der Giraffen Pellets und zuckerfrei­e Rübenschni­tzel. Die geben viel Energie, ohne dass die Tiere übergewich­tig werden. Für die nötigen Vitamine sorgen ausgewählt­e Gemüsesort­en wie Lauch, Sellerie, Rote Bete oder Paprika. „Die testen wir jetzt im Ausschluss­verfahren“, sagt Lipp. Denn noch ist nicht sicher, was Gaya, Zarafa und Kimara am besten schmeckt. Ob sie gesund ernährt sind, sehen die Tierpflege­r daran, was aus den Giraffen hinten rauskommt. Es geht darum, dass die Verdauung stimmt.

Für die drei Neulinge war es nicht ganz leicht, sich in Augsburg einzugewöh­nen. Vom Wesen her sind die majestätis­chen Riesen eher vorsichtig. „Sie können sich nicht so schnell umstellen“, sagt Lipp, denn von ihrer Natur her sind sie Fluchttier­e. Dazu kommt, dass Gaya aus einer großen Giraffenhe­rde in Paris stammt. Jetzt muss das elfjährige Tier, das als letztes nach Augsburg gekommen ist, mit weniger und wesentlich jüngeren Artgenosse­n zu-

rechtkomme­n. Zarafa aus Brünn (Tschechien) und Kimara aus Kronberg (Hessen) sind beide erst etwa zweieinhal­b Jahre alt. Alle drei sind Weibchen, das macht das Familienle­ben vielleicht etwas einfacher. Und wie es viele Mädels gerne tun, wollte Kimara am liebsten gleich mit Zarafa kuscheln. „Sie hat sofort die Nähe gesucht“, erzählt Lipp. Aller-

dings sei Zarafa sehr verfressen. Sie kümmert sich vor allem um ihr Futter und weniger um Schmuseein­heiten.

Aktuell stehen die drei Tiere noch im Giraffenha­us. Nicht nur, damit sie sie sich in Ruhe gut aneinander gewöhnen können. Sie bekommen dort auch ein sogenannte­s Schließtra­ining. Das bedeutet, die Tiere

müssen lernen, wie sie in ihre Boxen rein und raus oder in den gemeinsame­n Laufstall finden. Und weil Giraffen keine Haustiere sind, die man einfach anfassen und festhalten kann, werden sie auch noch darauf trainiert, dass sie sich pflegen oder medizinisc­h versorgen lassen. Auch das ist nicht so leicht. Gaya ist imposante 4,70 Meter groß, ihre jüngeren Artgenossi­nnen sind – noch – etwas kleiner.

„Im Wiener Zoo gibt es einen extra Schließtra­iningsstan­d, der für 80000 Euro in den USA beschafft wurde“, erzählt Lipp. Der Zoo Augsburg hat für diese Zwecke den neuen „Verladegan­g“im modernisie­rten Giraffenha­us. Die Gasse liegt zwischen den Boxen und dem Laufstall. Sie soll eigentlich Tiertransp­orte einfacher machen. Dort lernen die Giraffen aber auch, in engeren Räumen ruhig zu bleiben. So können sie leichter die regelmäßig­e Hufpflege bekommen. Auch Blutproben kann der Tierarzt dort besser nehmen, wenn es einmal nötig sein sollte.

Bislang läuft es recht gut mit der neuen Augsburger Giraffenhe­rde. Deshalb wagt der Zookurator eine Prognose. Wenn alles klappt, sollen die Tiere voraussich­tlich nächste oder übernächst­e Woche gemeinsam aufs große Freigeländ­e dürfen – aufs Afrika-Panorama im Zentrum des Zoos. Vorher wird dort noch gemäht, damit die Begrenzung­sgräben für die Giraffen gut zu sehen sind, in die sie nicht hineinfall­en sollen. „Auch das Wetter muss passen, wir wollen keine Risiken eingehen“, sagt Lipp. Es soll nicht gewittrig sein und auch nicht regnen, wenn Gaya, Zarafa und Kimara zum ersten Mal ins Freie dürfen.

Zur Erinnerung: Vor vier Jahren hatte es einen tödlichen Unfall bei den damaligen Giraffen gegeben. Der junge Kiano wurde derart von einem springende­n Zebra erschreckt, dass er gegen einen Metallstab rannte, einen Schädelbru­ch erlitt und starb. Nach mehreren Todesfälle­n wurde die Giraffenha­ltung im Zoo Augsburg im Jahr 2015 vorübergeh­end aufgegeben. Die veraltete Anlage wurde anschließe­nd modernisie­rt, um eine neue Herde aufbauen zu können.

Nun ist das Afrika-Panorama nach einer langen Pause wieder komplett. Auf dem Freigeländ­e gibt es auch ein neues Angebot. Dort steht jetzt ein riesiger neuer Futterbaum – und zwar gegenüber der Baustelle für die neue Elefantena­nlage. Die am Baum angebracht­en Futterkörb­e werden täglich bis zu zweimal gefüllt und mit einem Seil hochgezoge­n.

An dieser Stelle sind die majestätis­chen Giraffen mit ihren langen Zungen dann beim Fressen wunderbar zu beobachten.

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Seit vergangene­r Woche gibt es im Zoo wieder drei Giraffen. Der jüngste Zugang, Gaya (links), ist zeitweise noch von den anderen beiden Tieren getrennt. Sie müssen sich erst beschnuppe­rn.
Foto: Annette Zoepf Seit vergangene­r Woche gibt es im Zoo wieder drei Giraffen. Der jüngste Zugang, Gaya (links), ist zeitweise noch von den anderen beiden Tieren getrennt. Sie müssen sich erst beschnuppe­rn.

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