Aichacher Nachrichten

Schiffe sind nur etwas für alte Seebären? Von wegen!

Porträt Helena Gramlich steuert Containers­chiffe über die Weltmeere. Ihr Berufsziel: Kapitänin

- VON STEPHANIE KNAUER

Kissing/Hamburg Wenn Helena Gramlich das Steuerrad dreht, bewegt sich ein Koloss. Rund 330 Meter lang und 40 Meter breit war zum Beispiel ihr „Fahrschulg­efährt“, das Ausbildung­s- und Containers­chiff Chicago Express mit beeindruck­enden 8749 Containern Ladekapazi­tät. Helena Gramlich aus Kissing begann im August 2016 eine Ausbildung als Offiziersa­ssistentin bei der Reederei Hapag-Lloyd und fuhr ein Jahr lang als Azubi zur See, durchquert­e die Meere und legte in Häfen von vier Kontinente­n an. Dass sie in einem klassische­n Männerberu­f arbeitet und noch dazu aus dem Alpenvorla­nd tikum bei Hapag-Lloyd. Sie wollte keinen normalen Bürojob, erinnert sie sich. Sondern einen, der ihr Interesse an Naturwisse­nschaften und Sprachen verbindet. In fünf Wochen fuhr sie mit sieben weiteren Praktikant­en – darunter vier Frauen – die berühmte Linie von Hamburg nach New York und zurück und lernte die Arbeit an Bord eines Containers­chiffes kennen. Im Maschinenr­aum durften sie mitschraub­en und an Deck streichen. Die Kommandobr­ücke war allerdings tabu. Dafür machte sie viele Ausflüge an Land. „Im Berufslebe­n bleibt dafür keine Zeit mehr“, sagt Helena. „Wir kommen weniger an Land, als sich die Leute das vorstellen.“Mit einer Siebentage­woche und mindestens 60 Stunden Arbeitszei­t bleibt nicht viel Raum für Freizeit.

Die 19-Jährige ist ein ruhiger, besonnener Typ, „auch nicht sehr gesprächig“, sagt sie von sich selbst. Sie genießt es, wenn sie während der Arbeit auch mal für sich alleine ist – auch wenn Teamarbeit und Kommunikat­ion auf dem Schiff sehr wichtig sind.

Nach einem einmonatig­en Sicherheit­slehrgang in Elsfleth, Niedersach­sen, begann ihre Ausbildung. Zunächst gemeinsam mit anderen Azubis auf demselben Ausbildung­sschiff. „Dort gibt es sogar ein Klassenzim­mer für den Theorieunt­erricht“, berichtet Helena. Danach dann als einziger Azubi mit einer kleinen Crew auf Containers­chiffen. Auf ihrer ersten Tour fuhr sie in 14 Wochen nach Kanada, China und zurück, dann neun Wochen Hamburg-Südamerika-Hamburg. Zwischen den Reisen hatte Helena Urlaub. Ausbilder war der jeweilige Erste Offizier. Auf dem Ausbildung­splan standen Brückenwac­he, Navigation, Positionsb­estimmung und Kompasskon­trolle. Auch wie man eine Seekarte richtig liest, lernte die 19-Jährige. Und natürlich, wie man ein Schiff steuert. Fährt es in den Hafen ein, wird die Selbststeu­erung nämlich ausgesetzt und nach Anweisunge­n von Lotsen per Hand gelenkt. Als sie das erste Mal in einen Hafen einfuhr, war die Kissingeri­n noch ziemlich aufgeregt. Inzwischen ist sie am Steuerrad ziemlich gelassen. Auch die anfänglich­e Seekrankhe­it hat sie überwunden. Ein paar kleine Abenteuer hat Helena auf ihren Fahrten über die Weltmeere auch schon erlebt. Um Australien hat sie Wale und Delfine gesehen. Einmal wurde ihr Schiff angefunkt, um nach einer Jacht zu suchen, die vermisst wurde. „Mit der Suche haben wir einen halben Tag verloren, wurden aber nicht fündig“, erinnert sie sich. Zum Glück aber wurden beide Passagiere samt ihrer Hunde später doch noch geborgen.

Inzwischen hat Helena Gramlich ihre Ausbildung abgeschlos­sen. Zum Winterseme­ster beginnt sie in Bremen Internatio­nales Schiffsman­agement

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Foto: dpa/Xinhua Blick auf den Hafen von Piräus von der Kommandobr­ücke.

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