Schiffe sind nur etwas für alte Seebären? Von wegen!
Porträt Helena Gramlich steuert Containerschiffe über die Weltmeere. Ihr Berufsziel: Kapitänin
Kissing/Hamburg Wenn Helena Gramlich das Steuerrad dreht, bewegt sich ein Koloss. Rund 330 Meter lang und 40 Meter breit war zum Beispiel ihr „Fahrschulgefährt“, das Ausbildungs- und Containerschiff Chicago Express mit beeindruckenden 8749 Containern Ladekapazität. Helena Gramlich aus Kissing begann im August 2016 eine Ausbildung als Offiziersassistentin bei der Reederei Hapag-Lloyd und fuhr ein Jahr lang als Azubi zur See, durchquerte die Meere und legte in Häfen von vier Kontinenten an. Dass sie in einem klassischen Männerberuf arbeitet und noch dazu aus dem Alpenvorland tikum bei Hapag-Lloyd. Sie wollte keinen normalen Bürojob, erinnert sie sich. Sondern einen, der ihr Interesse an Naturwissenschaften und Sprachen verbindet. In fünf Wochen fuhr sie mit sieben weiteren Praktikanten – darunter vier Frauen – die berühmte Linie von Hamburg nach New York und zurück und lernte die Arbeit an Bord eines Containerschiffes kennen. Im Maschinenraum durften sie mitschrauben und an Deck streichen. Die Kommandobrücke war allerdings tabu. Dafür machte sie viele Ausflüge an Land. „Im Berufsleben bleibt dafür keine Zeit mehr“, sagt Helena. „Wir kommen weniger an Land, als sich die Leute das vorstellen.“Mit einer Siebentagewoche und mindestens 60 Stunden Arbeitszeit bleibt nicht viel Raum für Freizeit.
Die 19-Jährige ist ein ruhiger, besonnener Typ, „auch nicht sehr gesprächig“, sagt sie von sich selbst. Sie genießt es, wenn sie während der Arbeit auch mal für sich alleine ist – auch wenn Teamarbeit und Kommunikation auf dem Schiff sehr wichtig sind.
Nach einem einmonatigen Sicherheitslehrgang in Elsfleth, Niedersachsen, begann ihre Ausbildung. Zunächst gemeinsam mit anderen Azubis auf demselben Ausbildungsschiff. „Dort gibt es sogar ein Klassenzimmer für den Theorieunterricht“, berichtet Helena. Danach dann als einziger Azubi mit einer kleinen Crew auf Containerschiffen. Auf ihrer ersten Tour fuhr sie in 14 Wochen nach Kanada, China und zurück, dann neun Wochen Hamburg-Südamerika-Hamburg. Zwischen den Reisen hatte Helena Urlaub. Ausbilder war der jeweilige Erste Offizier. Auf dem Ausbildungsplan standen Brückenwache, Navigation, Positionsbestimmung und Kompasskontrolle. Auch wie man eine Seekarte richtig liest, lernte die 19-Jährige. Und natürlich, wie man ein Schiff steuert. Fährt es in den Hafen ein, wird die Selbststeuerung nämlich ausgesetzt und nach Anweisungen von Lotsen per Hand gelenkt. Als sie das erste Mal in einen Hafen einfuhr, war die Kissingerin noch ziemlich aufgeregt. Inzwischen ist sie am Steuerrad ziemlich gelassen. Auch die anfängliche Seekrankheit hat sie überwunden. Ein paar kleine Abenteuer hat Helena auf ihren Fahrten über die Weltmeere auch schon erlebt. Um Australien hat sie Wale und Delfine gesehen. Einmal wurde ihr Schiff angefunkt, um nach einer Jacht zu suchen, die vermisst wurde. „Mit der Suche haben wir einen halben Tag verloren, wurden aber nicht fündig“, erinnert sie sich. Zum Glück aber wurden beide Passagiere samt ihrer Hunde später doch noch geborgen.
Inzwischen hat Helena Gramlich ihre Ausbildung abgeschlossen. Zum Wintersemester beginnt sie in Bremen Internationales Schiffsmanagement