Mit der Gondel zur Art und zum Einkaufen?
Graz kämpft mit Luft-Problemen wie viele deutsche Städte, ist aber auch Vorbild in der Verkelitik. Augsburg will bei der kostenlosen City-Tram folgen. Doch die Österreicher sind noch radikaler
Graz Die Hauptstadt der Steiermark ist in vieler Hinsicht bemerkenswert. Wegen ihrer vielen historischen Bauten und der beeindruckenden Dächerlandschaft wurde Graz 1999 UnescoWeltkulturerbe. Entsprechend schmal sind die Straßen, vor allem in den inneren Bezirken und der Altstadt. Straßenbahnen, Räder und Autos müssen sich auf engstem Raum arrangieren. Und obwohl die Stadt über schlechte Luft klagt, gilt sie als Vorbild für moderne Verkehrspolitik.
Am historischen Rathausplatz in Graz ballen sich geparkte Fahrräder in dichten Knäuel. Vor den Geschäften stehen Metallständer mit der Mahnung: „Keine Fahrräder abstellen“. Es gibt zwar ein Fahrradparkhaus am Bahnhof, doch das ist weit von der Innenstadt entfernt. „Die fehlenden Parkplätze für Fahrräder sind wirklich ein Problem“, sagt Thomas Rajakovics, der seit zwölf Jahren für die ÖVP im Gemeinderat sitzt. „Seit unser Vizebürgermeister Edegger in den neunziger Jahren unter dem Motto „Platz für Menschen“und „Sanfte Mobilität“die Radwege ausgebaut hat, fahren viele Grazer Rad“.
Erich Edegger starb 1992 im Alter von nur 52 Jahren. Doch der radelnde ÖVP-Mann, der keinen Führerschein hatte, prägte zwei Jahrzehnte als Pionier die Grazer Verkehrspolitik. Er drosselte den Autoverkehr in der Innenstadt, führte mehr Einbahnstraßen und Tempo 30 ein. Ganz in seinem Geiste beschloss Graz vor fünf Jahren, dass alle Bürger und Gäste der Stadt die Straßenbahn in der Innenstadt kostenlos benutzen dürfen.
Zunächst war die „Altstadt-Bim“ein Experiment, dass die Abwanderung der kauflustigen Kundschaft in die Außenbezirke verhindern und Besuchern der Stadt dienen sollte. Inzwischen ist die „Bim“Vorbild für Augsburg, wo ab 2019 zwischen Hauptbahnhof und dem berühmten Rathaus von Elias Holl ebenfalls die Tram umsonst sein soll, um den Autoverkehr samt seiner Abgase zu reduzieren.
Deutlich größeren Effekt als die „Altstadt-Bim“, die sich Graz 600000 Euro im Jahr kosten lässt, erzielte Stadt Graz mit einem anderen radi len Schritt: Vor drei Jahren senkte den Preis für Jahrestickets für öffen che Verkehrsmittel um die Hälfte. D durch habe sich die Anzahl der Jahr tickets von 12000 auf 40000 mehr verdreifacht. „Über den Preis ka man am meisten erreichen“, s Stadtrat Rajakovics. 247 Euro kos heute die Jahreskarte.
Trotzdem steigt die Zahl der Au fahrer auch in Graz von Jahr zu Ja 47 Prozent aller Fahrten werden Graz bis heute mit dem Auto zurü gelegt. Und das, obwohl die besond hohe Feinstaubbelastung seit Jah bekannt ist. An mehr als 49 Tagen Jahr ist die Feinstaubbelastung hö
von der EU zugelassen. Das wird – lich wie in Stuttgart – auf die Kesage der Stadt zurückgeführt. Doch ist nur die halbe Wahrheit. Graz ist industrieller Hotspot in Österreich. W baut das neue Sportwagen-Cao Z4 in Graz. 180 Automobilzuliefebeschäftigen 45 000 Menschen. orscher der Hochschulen testen en die Luftverschmutzung einen k-and-ride-Knoten mit Fahrradkhaus und Elektrotankstellen. nn: Das Problem nimmt zu, die Bekerung im Großraum Graz ist seit 1 um 22 Prozent gewachsen. Fast 000 Menschen wohnen in der dt, davon studieren 62 000 an einer sechs Hochschulen. „Die 200 000 s, die es in Graz gibt, werden zur Hälfte von Pendlern erledigt“, berichtet Rajakovics. „Die Stadt hat zwar ein Mobilitätskonzept, das den Autoverkehr verringern will, doch die Pläne werden nicht umgesetzt“, beschwert sich Tina Wirnsberger, die grüne Umweltstadträtin über die ÖVP-FPÖMehrheit im Stadtrat.
Immerhin werden seit achtzehn Monaten vier Elektrobusse erprobt, zwei davon aus China und zwei aus Bulgarien. Der Sprecher der Verkehrsbetriebe Gerald Pichler rechnet mit einem positiven Abschlussbericht im Herbst. „Die Passagiere und die Fahrer sind damit zufrieden.“Doch die Busse fahren nur sehr selten, es gebe viele technische Probleme. Im Herbst sollen nun Wasserstoff-Busse in den Probebetrieb gehen, doch ÖVPStadtrat Rajakovics ist skeptisch: „Das Problem ist, dass die Herstellung des Wasserstoffs sehr teuer ist.“Er schwärmt von einem anderen Projekt: „Eine Seilbahn, mit der die Pendler an der Stadtgrenze abgefangen werden können.“Außerdem solle eine „Minimetro“, die sowohl überirdisch als unterirdisch fährt, Ost und Westteil der Stadt verbinden. „Das wäre allerdings viel teurer als die Gondel.“Eine Gondelbahn würde sogar der Bund fördern. Für weitere Straßenbahnen gibt es dagegen kein Geld aus Wien.
Bürgermeister Siegfried Nagl ist in der Zwickmühle. Im Mai hat er eine Studie präsentiert, die Forscher der Grazer Universität und des Bundesumweltamtes ausgearbeitet haben. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass eine City-Maut in Höhe von acht Euro pro Tag eine Reduzierung des Verkehrs um 23 Prozent zur Folge hätte. Auch ein autofreier Tag hätte ebenso starke Wirkung. Doch der Stadtregierung passen die Ergebnisse nicht ins Konzept. „Eine City-Maut würde den Geschäftsleuten in der Stadt schaden“, sagt Stadtrat Rajakovics. „Die Feinstaubzone geht weit über Graz hinaus. Die Menschen würden dann einfach außerhalb einkaufen.“Zur City-Maut kämen die Parkgebühren hinzu. Das sei „politisch nicht durchsetzbar“, sagt der ÖVP-Mann. Er will lieber den Nahverkehr im Umland ausbauen und auch dort die Ticketpreise halbieren.