Was für ein Auto!
Als Hochschul-Professor Michael Stoll in Florida einen Cadillac sah, war es geschehen: Er war begeistert von dem Straßenkreuzer, der nun in Augsburg unterwegs ist. Aber warum?
Klare Worte: „Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt Michael Stoll. „Wobei man da ja immer vorsichtig sein muss, ob die auch dem zweiten Blick standhält.“Diese Liebeserklärung gilt einer Partnerin auf vier Rädern: Seit Anfang Juni ist der Professor der Hochschule Augsburg stolzer Besitzer eines Cadillac Sedan de Ville. Der Professor und seine amerikanische Liebe, die dem zweiten Blick standhielt, haben das gleiche Geburtsjahr: 1965. Das allerdings war Zufall. Schicksalhaft dagegen war die erste Begegnung bei einem Autohändler in Florida.
Als Dozent für Informationsdesign und Infografik hat Michael Stoll ein Auge für Ästhetik. Der Oldtimer in der Farbe Hampton Blue faszinierte ihn „aus gestalterischen und automobilhistorischen Gründen“, erklärt Stoll. „Das Design des Fahrzeugs markiert den Übergang von den futuristisch inspirierten Modellen der späten 50er Jahre mit ihren markanten Heckflossen zu den geradlinigen Wagen der 70er Jahre.“Er beauftragte die Fachleute der Firma California Import aus Friedberg, den Wagen zu begutachten, nach Deutschland zu verschiffen und für die hiesige Straßenzulassung umzurüsten. Fünf Monate später war der Wagen bereit fürs erste Cruisen in der neuen Heimat.
Für amerikanische Fahrzeuge interessiert sich Michael Stoll seit er Mitte der 80er Jahre die Tante und den Onkel in den USA besucht hat. Jahrzehnte später wurde aus dem Traum vom Traumauto verchromte Wirklichkeit. Bemerkenswert findet Stoll nicht nur die filigrane Form des Cadillac, sondern auch die für die Zeit ungewöhnlichen Features – von den Sicherheitsgurten und Cornering Lights über die Servolenkung und den Bremskraftverstärker bis zu den elektrischen Fensterhebern und der Klimaanlage.
„Wir haben in Deutschland das Glück, dass einem die H-Zulassung ermöglicht, diese Wagen auf die Straße zu bringen“, so Stoll. Allerdings nur, wenn das Fahrzeug mindestens 30 Jahre alt und weitestgehend im Originalzustand ist. 22000 Tachomeilen hat der Cadillac Sedan de Ville auf dem originallackierten Buckel. Für einen Oldtimer also geradezu jung. „Das ist im Prinzip wie Originalzustand, das findet man so sehr selten“, weiß der 53-Jährige. Die Frage nach der Höchstge- schwindigkeit stellt sich bei der viertürigen Limousine nicht: „Man ist sehr gut beraten, den großen V8-Motor nur bis maximal 120 km/h zu fahren“, so Stoll. „Amerikanisch gemütlich“nennt er diesen Fahrstil. Weniger gemütlich wird es an der Tankstelle: „Die Spritpreise tun weh“, gesteht der Professor. In den großen Tank passen 100 Liter Super. Der Durchschnittsverbrauch ist alles andere als zeitgemäß.
Als Alltagsfahrzeug ist so ein Oldtimer ohnehin nicht ausgelegt: Bewegt werden sollte er nur bei trockener Straße. Idealerweise bei Temperaturen wie aus der Heimat gewohnt. Zum Glück handelt es sich nicht um ein Cabrio, sondern um die Hardtop-Variante, denn was die Sonnentage angeht, kann Augsburg dann doch nicht ganz mithalten mit dem „Sunshine State“.
„Diese Wagen sind mobiles Kulturgut“, findet Michael Stoll. „Gerade in Augsburg mit seiner großen amerikanischen Geschichte gehörten die eigentlich immer zum Stadtbild.“Zu dieser mobilen StadtbildVerschönerung tragen die American Car Friends bei. Stoll fand dort „sehr kompetente Freunde und Bekannte, die mir mit Rat und Tat zur Seite stehen.“Der Verein veranstaltet in diesem Jahr zum 19. Mal das US-Car-Treffen Augsburg. Die Veranstaltung am Sonntag zieht Fans amerikanischer Traumwagen weit über die Stadtgrenzen an. Hoffentlich zeigt sich Bayern an dem Tag als „Sunshine State“. Denn damit alte Liebe nicht rostet, braucht es viel Wärme.
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US Car Treffen Augsburg Sonntag, 10. Juni, ab 10 Uhr; Metro Großhandel Augsburg (Dr. Dürrwanger Straße 60); acfaugsburg.com.