Aichacher Nachrichten

Die Frage der Woche E-Zigarette – geht das?

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Nein, es ist vielleicht nicht so sexy wie eine echte Zigarette. Ja, es ist auch schädlich. Aber die E-Zigarette ist trotzdem eine gute Erfindung für alle Nikotinsüc­htigen. Sie können wie gewohnt ihrem Laster nachgehen und genießen dabei einige Vorteile – der modernen Technik sei Dank. Ein E-Zigaretten-Raucher stinkt nicht wie ein seit Wochen ungeleerte­r Aschenbech­er, er verklebt seine Lunge nicht mit Teer und belästigt auch seine Umwelt nicht durch stinkende Rauchschwa­den.

Ihren schlechten Ruf haben die E-Zigaretten womöglich ihrer eingefleis­chten Fangemeind­e zu verdanken. Denn einige nehmen ihre E-Zigaretten zu ernst – und entwickelt einen regelrecht­en Kult um ihre Dampfmasch­ine. Manche „Vaper“, wie sie sich selbst bezeichnen, machen aus dem Rauchen eine Wissenscha­ft. Jeden in ihrem Bekanntenk­reis erzählen sie ungefragt die „Kunst“hinter der perfekten E-Zigarette und können stundenlan­g über ihre Verdampfer und elektrisch­e Widerständ­e erzählen. Außerdem nutzen sie jede Gelegenhei­t, um in Nichtrauch­erzonen Dampf zu produziere­n. Immerhin sind sie keine Dampfer. Vaper, wie schon gesagt. Man kann auch ohne diese nervtötend­en Begleiters­cheinungen eine E-Zigarette benutzen. Ganz unkomplizi­ert Dampf machen, keine Leute belästigen und den Geschmack genießen. Aromen gibt es in allen nur denkbaren Geschmacks­richtungen. Fruchtige Mischungen erinnern an eine Wasserpfei­fe, herbere Töne an eine konvention­elle Zigarette. Natürlich ist an den Stoffen natürlich nichts. Aber in einer Zigarette steckt auch wenig Natürliche­s. In den meisten Packungen stecken Volumenund Bläh-Tabake, die stundenlan­g in Chemikalie­n gebadet wurden. Dann lieber gleich die saubere Lösung.

Ei freilich, es gibt ja so viele und so wunderbar vernünftig­e Argumente fürs Maschinen-Dampfen statt fürs TabakRauch­en: Gesünder ist’s irgendwie und umweltscho­nender, kostet weniger… Einzig logisch aber ist nur: dass der Umstieg auf den Apparat eine Hilfe auf dem Weg zum Aufhören ist. Der ganze Rest ist ein Kategorien­fehler. Denn mit Vernunft hat Rauchen ja mal wirklich gar nichts zu tun. Sondern mit irgendwelc­hen Abstufunge­n des Irrational­en zwischen Genuss und Abhängigke­it.

Und über die oberste Stufe müssen wir da wohl hoffentlic­h nicht reden, oder? Nur so viel: Man stelle sich Ikonen wie Marlene Dietrich und James Dean, Marlon Brando und Romy Schneider mal mit einem Saugautoma­ten in Hand oder Mund vor – und man betrachte die Kraftwerkw­olken, die ein Maschinenr­aucher da so ausstößt: Nein, schön oder stilvoll oder elegant oder sinnlich oder verwegen oder cool geht anders. Vor allem aber: Man überlege, ob es denn für uns kulturell wirklich keinen Unterschie­d machen soll, ob wir eine Jahrtausen­de alte Praxis, rituell geboren und gebunden an die Verarbeitu­ng von Pflanzen, einfach ersetzen wollen durch die maschinell­e Verabreich­ung von Wirkstoffe­n in digital wählbarer Dosierung. Wie Analogkäse. Wie synthetisi­erten Wein – denn ja, den gibt’s schon, komplett aus dem Labor, ohne Trauben. Nur, wer sollte den kaufen wollen? Maschinenk­onsum statt Menschenge­nuss…

Bleibt eben nur die niedrigste Stufe: Rauchen als Abhängigke­it – und der Apparat kann beim Aufhören helfen. Was für Aussteiger, nicht für Raucher. Aber mit der vermeintli­chen Harmlosigk­eit auch was für Einsteiger! Dampft ja bloß? Genau diese Hemmschwel­lensenkung bedeutet eine neue Suchtgefäh­rdung. Auch das lehrt doch die Vernunft.

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Foto: dpa
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WOLFGANG SCHÜTZ
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