Heute früh geht bei Bus und Tram nichts
Verdi ruft Fahrer der Stadtwerke zu vierstündigem Warnstreik auf. Erst ab 9 Uhr läuft der Betrieb wohl normal
Fahrgäste der Stadtwerke werden heute Morgen vergeblich an den Haltestellen auf Bus und Tram warten: Von 4 bis 8 Uhr bleiben alle Fahrzeuge in den Depots, nachdem die Gewerkschaft Verdi das Fahrpersonal zu einem Warnstreik aufgerufen hat. „Bis der Verkehr nach Fahrplan an allen Haltestellen läuft, dürfte es 9 Uhr werden“, so Stadtwerkesprecher Jürgen Fergg.
Wie viele Fahrgäste betroffen sind, blieb gestern unklar. An einem Werktag dürften die Stadtwerke rund 180 000 Personen befördern, allerdings läuft der Warnstreik ja nur einige Stunden. Berufstätige, Schüler und Studenten, die schon vor 9 Uhr am Ziel sein müssen, werden auf Rad und Auto umsteigen.
Nicht betroffen vom Streik ist der Regionalbusverkehr des AVV. Allerdings halten die Umlandbusse, die in die Innenstadt fahren, nur an ausgewählten Haltestellen im Stadtgebiet und fahren auch nicht so häufig. Der AVV rechnet am Mittwochmorgen mit volleren Bussen, je näher man dem Stadtzentrum kommt. Auf die Schnelle mehr Fahrzeuge einzusetzen oder zusätzliche Stopps einzulegen, sei nicht machbar, so Sprecherin Irene Goßner. Die Gersthofer Verkehrsbetriebe werden einen Shuttlebus zum Gersthofer Bahnhof einrichten, um zu verhindern, dass Fahrgäste in Augsburg-Nord, wo Passagiere in die Trams umsteigen müssen, „stranden“. Normal fahren die Regionalbahnen, die über innerstädtische Bahnhöfe für manche Viertel eine Anbindung an die City bieten.
Ein Verkehrschaos ist kaum zu befürchten, wie vergangene Streiks zeigten. Zwar ist mit mehr Autoverkehr zu rechnen, gleichzeitig fallen an Ampeln aber die Vorrangschaltungen für Bus und Tram weg, sodass für Autos mehr Luft entsteht. In Augsburg werden im Schnitt 16 Prozent aller Wege mit dem Nahverkehr zurückgelegt, im Sommer liegt dieser Anteil niedriger. Bei der Polizei sieht man die Lage gelassen. „Aus der Vergangenheit wissen wir, dass die Leute bei Streiks richtig reagieren und ausweichen“, so Sprecher Siegfried Hartmann. „Viel schlimmer ist es, wenn es im Berufsverkehr zu Unfällen an Hauptachsen kommt. Das hat wesentlich größere Auswirkungen als ein Streik.“
Arbeitnehmer sollten sich rechtzeitig nach alternativen Transportmöglichkeiten umschauen, so Anita Christl, Arbeitsrechtsexpertin der IHK. Die Verantwortung, pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen, liege beim Arbeitnehmer. Viele Arbeitgeber seien unter diesen Umständen aber kulant, so Christl. Auch für Schüler gilt ganz normal Unterrichtspflicht, doch fürs Zuspätkommen innerhalb der ersten beiden Stunden gebe es keine Konsequenzen, sagt Rainer Feller, Ministerialbeauftragter für die Realschulen. Eltern sollten in der Schule anrufen, wenn eine Verspätung absehbar sei.
Einen Notfahrplan, wie es ihn bei den Streiks 2010 gegeben hatte, gibt es nicht. Zwar werden nicht alle der 500 Fahrer dem Verdi-Aufruf folgen, weil die zweite Fahrergewerkschaft NahVG (früher unter dem Dach der Gewerkschaft der Lokführer GDL) momentan nicht streiken will. Allerdings ist die Zahl der bei NahVG organisierten Fahrer geringer als die Zahl der Verdi-Fahrer. Ein halbwegs verlässlicher Fahrplan lasse sich unter diesen Umständen nicht organisieren, so die Stadtwerke. Zudem werden auch die Verkehrsleitstelle und die Werkstätten nicht besetzt sein. Am Freitag werden Arbeitgeber und Gewerkschaften über den Tarifvertrag der Fahrer verhandeln. Verdi fordert sieben Prozent mehr Geld bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Arbeitgeber sehen den Tarifabschluss aus dem Öffentlichen Dienst (7,5 Prozent bei 30 Monaten Laufzeit) als oberste Grenze. Laut Verdi-Gewerkschafterin Maren Ulbrich geht es auch um bessere Arbeitsbedingungen, etwa mehr Urlaubstage für Nachtschichten. Laut Tarifvertrag bekommen Berufseinsteiger als Fahrer rund 2300 Euro brutto im Monat zuzüglich Zuschlägen für Schicht- und Sonntagsarbeit. In Augsburg gibt es seit 2010 die Regelung, dass neue Fahrer erst in der Tochtergesellschaft ASG zu schlechteren Konditionen eingestellt werden, später aber in den normalen Tarifvertrag wandern. Ulbrich sagt, man habe den Streik bewusst in die Morgenstunden gelegt, weil bei einer Arbeitsniederlegung tagsüber Fahrzeuge auf der Strecke stehen bleiben würden.