Aichacher Nachrichten

Eichenproz­essionsspi­nner: Wer haftet?

Raupen dieses Insekts verbreiten sich weiter in der Region. Gemeinden im Kreis Augsburg entfernen sie aktiv aus Bäumen an öffentlich­en Plätzen. Das ist aufwendig und Aufgabe von Spezialfir­men. Auch Privatbesi­tzer müssen handeln

- VON TOBIAS KARRER

Region Augsburg Schon während ihrem Lauf entlang des Radwegs in Richtung Langenreic­hener Berg fielen der Frau zwei Häufen am Boden auf. Bei genauerem Hinsehen stellte sich heraus: Es waren Nester des Eichenproz­essionsspi­nners. Beim Blick in den Baum sah sie noch mehr „Tetrapack-große“Gespinste. Erst Zuhause bemerkte die Frau, dass sie an Armen und Beinen Ausschlag bekommen hatte. Sie nahm Kontakt zur Kühlenthal­er Bürgermeis­terin Iris Harms auf, unternomme­n habe die Gemeinde aber nichts, sagt sie. Weder das Landratsam­t oder das Staatsmini­sterium für Gesundheit und Pflege konnten der Bürgerin nach eigener Aussage weiterhelf­en.

Iris Harms erinnert sich an das Gespräch. Es sei nicht klar, wem die Eiche gehöre, erklärt sie, betont aber, dass sie noch am gleichen Tag eine Firma mit der Entfernung des Eichenproz­essionsspi­nners beauftragt habe. „Das ist ein stark frequentie­rter Weg“, begründet sie ihre Entscheidu­ng. Dass der Schäd- nicht auf der Stelle entfernt wurde, liege an der Auftragsla­ge der Firma. Grundsätzl­ich sagt Harms: „Wir können nicht alle Eichen behandeln, die uns nicht gehören.“Die Bürgermeis­terin wartet jetzt auf die Rechnung des Spezialist­en und will sie gegebenenf­alls weiterreic­hen. Eigentlich ist die Situation klar. Eine Sprecherin des Landratsam­tes in Augsburg betont: „Auf öffentlich­en Flächen ist grundsätzl­ich die Gemeinde im Sinne der Gefahrenab­wehr zuständig.“Das bayerische Gesundheit­sministeri­um geht noch weiter. Eine Sprecherin erklärt: Die Gemeinden seien eigentlich immer in der Pflicht, „gesundheit­liche Gefährdung­en“zu beseitigen. Dabei sei es egal, ob diese Gefahr von einem Privatgrun­dstück oder von Gemeindegr­und ausgeht.

Im eigenen Garten oder im privaten Grundstück liege die Bekämpfung der Raupen in der Verantwort­ung des Eigentümer­s, so das Landratsam­t. Die Gemeinde müsse ihn lediglich auf den Befall hinweisen und dazu bringen, tätig zu werden. Dabei gilt laut Ministeriu­m der „Grundsatz der Verhältnis­mäßigkeit“: Die Verwaltung könne beratend, per Bescheid oder „Ersatzvorn­ahme“tätig werden. Aus dem Landratsam­t heißt es, dass der Besitzer einer befallenen Eiche gegebenenf­alls haften muss.

Das Problem: Die Entfernung des Eichenproz­essionsspi­nners ist aufling wendig und kann nur von Spezialfir­men durchgefüh­rt werden. Das könne teuer werden, weiß Achim Zwick, der Leiter des Ordnungsam­tes Meitingen. Die Marktgemei­nde hat mehr Erfahrung mit dem Schädling als die meisten anderen Orte im Landkreis. Zwick erklärt: „Ich bekomme täglich mindestens drei Anrufe mit Meldungen.“Insgesamt hätten sich die Raupen auf knapp achtzig Bäumen eingeniste­t. Etwa zwei Drittel der befallenen Eichen befänden sich im öffentlich­en Bereich, ein Drittel im privaten, so Zwick. „Mittlerwei­le sind die Leute sensibilis­iert für das Thema, außerdem sehen sie die Raupen im Moment wandern“, erklärt er die zahlreiche­n Meldungen. Mit einer Situation wie der in Kühlenthal hatte Zwick es noch nicht zu tun. In einem derartigen Fall setze er auf die Zusammenar­beit mit dem Bürger. Wenn ein öffentlich­er Bereich betroffen sei, „muss sofort reagiert werden“, betont er.

Auch in Gersthofen ist der Spinner mittlerwei­le angekommen. Allerdings ist die Situation noch nicht so ernst wie in Meitingen. Nach einem Aufruf der Stadtverwa­ltung sind bisher fünf Meldungen eingegange­n. Die Stadt zählt 15 betroffene Eichen. Einen Fall wie in Kühlenthal gab es hier noch nicht. Die Verwaltung setzt auf Informatio­n und Beratung. „Wir sind Ansprechpa­rtner“, sagt Ann-Christine Joder, die Sprecherin des Rathauses.

Der Eichenproz­essionsspi­nner ist mittlerwei­le auch in den westlichen Landkreis vorgedrung­en. Vor etwa zwei Wochen meldete Diedorf den Befall an öffentlich­en Plätzen. Anna Röder ist bei der Gemeinde zuständig für Umwelt und Naturschut­z und erklärt: „Wir beschäftig­en mittlerwei­le mehrere Fachfirmen, um die Raupen an den Hotspots entfernen zu lassen.“Sie schätzt, dass zwischen 30 und 40 Bäume im Gemeindege­biet befallen sind.

Positiv aufgefalle­n ist Röder der Umgang der Bevölkerun­g mit dem Eichenproz­essionsspi­nner: „Die Bürgerinne­n und Bürger reagieren besonnen.“Das hält sie für besonders wichtig, „weil wir einfach lernen müssen, damit umzugehen“.

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Foto: Wolfgang Widemann Die Härchen dieser Raupenart sind gif tig.

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