Parkplätze, ein begehrtes Gut in der Stadt
Anwohner, Pendler, Kneipenbesucher: In einer Stadt mit mehr als 130000 Autos sind Abstellplätze am Straßenrand ein gefragtes Gut. Was ist zu tun? Menschen aus stark betroffenen Viertel erzählen
Vor 120 Jahren gab es in den Städten keine Autos, aber sehr viele Pferde. Ihre Hinterlassenschaften auf den Straßen führten im Jahr 1894 zur großen „Pferdemistkrise“. Vier Jahre später, auf der weltweit ersten internationalen Stadtplanungskonferenz in New York, wurde über dieses Thema diskutiert. Es konnte keine Lösung gefunden werden. Es schien eher so, als würden alle Städte im Pferdemist ersticken. Dann kam das Auto.
Aus der Pferdemistkrise wurde eine Umweltkrise. Die Fahrzeuge werden nicht nur immer größer, es werden auch immer mehr. Im Jahr 2017 waren in Augsburg 133000 Autos zugelassen. Tendenz steigend. Hinzu kommen noch Fahrzeuge von auswärts. Das sorgt besonders in den Stadtvierteln mit alter Bausubstanz für Verdruss bei der Parkplatzsuche. Erst ab den 1950er Jahren wurden bei Neubauten Garagen und Stellplätze für Autos geplant und gebaut.
Im Antonsviertel, das Viertel am Augsburger Hotelturm, ist der Parkdruck besonders hoch. Das Dorint-Hotel, die Kongresshalle, die Erhard Wunderlich-Sporthalle und wie kürzlich das Modular-Festival, sorgen für Stress bei den Anwohnern und auf den Straßen. Im Antonsviertel gibt es kein Bewohnerparken, aber viele Besucher von öffentlichen Veranstaltungen. Kurt von Mende wohnt seit 10 Jahren im Antonsviertel. „Zusätzliche Bauprojekte verschärfen das Parkproblem“, sagt er. Er konnte auf seinem Grundstück einen Carport errichten, um sein Fahrzeug unterzustellen. Sein Vorschlag an die Stadt ist nicht ohne Sarkasmus: „Das Angebot von Ignaz Walter, eine Tiefgarage zu bauen annehmen, und in die Gögginger Straße vor die Kongresshalle verschieben“. Walter möchte die Garage unter der Fuggerstraße bauen und lehnte den Standort am Park bislang ab.
Karsten Kreibig wohnt seit 2013 im Antonsviertel. Er würde sich Bewohnerparken und weniger Verkehr in der Elisenstraße wünschen. „Das Parkhaus ist seit Jahren nicht voll nutzbar und sämtliche Besucher müssen sich im Viertel ihre Parkplätze suchen. Die Stadt zieht durch die Veranstaltungen bewusst die Besucher an, verschiebt aber das Parkproblem in das Viertel und damit auf die Anwohner“, sagt er. Nördlich der Gögginger Brücke beginnt das Beethovenviertel.
Hier gilt Anwohner-Parkausweis C, mit Ausnahmen. Werner Tiltz, der hier wohnt, beklagt die schlechte Beschilderung und das unübersichtliche Zonenparken, bei dem nur am Beginn der „Zone“steht, wer wo parken darf: „Da das Schild recht hoch und etwas unglücklich angebracht ist, kann es der Autofahrer, aus dem fließenden Verkehr kommend, schlecht erkennen.“In der Straße gebe es wegen des Zonenparkens keine zusätzlichen Hinweise. „Daher stellen viele Fahrer ihr Auto guten Gewissens ab“, sagt Tiltz. Ein weiterer Kritikpunkt: „Außerdem sind die Parkhäuser in der Hallstraße und am Bahnhof, mit dem Auto von der Hermanstraße kommend, nicht erreichbar. Abbiegen in die Hallstraße ist nicht möglich“, sagt er. Er hat das Augsburger Tiefbauamt auf die Parksituation bereits aufmerksam gemacht.
Die Fahrzeuge würden in der Völkstraße regelmäßig auf der falschen Seite parken und die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern werde selten eingehalten, was er auch wegen der Schüler der Bert-BrechtSchule mit Sorge sieht. Er legt ein Antwortschreiben der Stadt vor. Darin werden für das Problem die Eltern der Schüler verantwortlich gemacht, die dort ihre Kinder aus dem Auto lassen würden. „Die Eltern kommen angefahren, lassen das Kind raus und fahren wieder weg, sagt Werner Tiltz, wo ist das Problem?“Wie könnte die Situation besser werden? Neben Dingen, die die Stadt aus seiner Sicht verbessern könnte, wählt er einen ganz grundsätzlichen Ansatz. Er appelliert an die Stadtbewohner, „mehr den öffentlichen Nahverkehr und Carsharing zu nutzen“.
Frauenärztin Ulrike Winkler hat ihre Praxis im Beethovenviertel und wohnt im Thelottviertel. Dort gibt es anders als im Beethovenviertel kein Bewohnerparken. „Immer mehr Bahn-Pendler parken im Thelottviertel“, stellt sie fest. „Die Stadt nimmt sich des Themas nicht an. Wir leben im Hier und Jetzt und können nicht warten, bis uns Flugtaxis von A nach B bringen“. Auch in ihrer Praxis im Beethovenviertel erlebt sie Interessenkollisionen zwischen Anwohnern und ihren Patienten. Sie fragt, ob es nicht ausreichen würde, wenn das Bewohnerparken erst ab 16 Uhr gilt. Christiane Krebs, die im Bismarckviertel lebt, wünscht sich eine deutlichere Kennzeichnung der Bewohnerparkflächen. „Insgesamt hat der Durchgangsverkehr an Masse und Geschwindigkeit in der Hochfeldstraße zugenommen, seitdem ein Linksabbiegen in die Bismarckstraße nicht mehr möglich ist. Da das Parken in der Maxstraße teurer ist, wird gern auf das Bismarckviertel ausgewichen“, sagt sie.
Nördlich des Zentrums liegt das Stadtjägerviertel und es gilt Parkausweis F. Hier wohnt seit 17 Jahren, unweit des Plärrers, Siegfried Fischer. Er hält die Beschilderung des Zonenparkens „definitiv für nicht ausreichend“. Fast alle Falschparker, die er darauf angesprochen hat, hätten gar nicht bemerkt, dass sie sich im Bewohnerparken befinden. Während des Plärrers und bei Heimspielen der Augsburger Panther im Curt-Frenzel-Stadion würde er sich eine höhere Kontrollfrequenz der Parküberwacher wünschen. Und wie ist die Lage in den engen Gassen der Altstadt?
Im Lechviertel gilt Parkausweis B. Mit Ausnahmen „Mit Parkschein kann hier wegen der City-Galerie bis 20.30 Uhr geparkt werden“, sagt Thomas Pohl, der hier lebt: „Da wenig kontrolliert wird, stellen auch die Kneipengänger ihre Fahrzeuge ab, sodass für uns Anwohner kaum mehr Parkraum zur Verfügung steht.“Er würde sich Aktionstage der Stadt Augsburg oder auch der Polizei wünschen, die auf das Problem hinweisen, damit auch Autofahrer in beengten Städten wie Augsburg, ihr Verhalten an die Umgebung anpassen würden. „Diese Zunahme des Autoverkehrs und die damit verbundene Verdichtung in der Stadt, sollte die Menschen zum Umdenken bringen“, wünscht sich Thomas Pohl.
Anwohner fordern ein Umdenken