Sohn rastet aus, Vater ruft Polizei
35-Jähriger bedroht seinen Vater mit einem Schraubenschlüssel. Auslöser des Wutanfalls ist ziemlich banal. Die Beamten können den Mann nur mit Gewalt zu Boden bringen und dann fesseln
Aichach Der Wutanfall ihres 35-jährigen Sohnes war so heftig, dass seine Eltern zuerst einen Sozialpädagogen zu Hilfe riefen und dann die Polizei. In seinem Zorn hatte der Sohn unter anderem seinen Kopf gegen die Garagenwand geschlagen. Als die Beamten den 35-Jährigen aus dem Raum Aichach zu seiner eigenen Sicherheit mitnehmen wollten, wehrte er sich und versuchte, sich zu befreien. Er musste sich deshalb wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte vor dem Amtsgericht Aichach verantworten.
Auslöser des Wutanfalls war scheinbar, dass der 35-Jährige, der psychisch vorbelastet ist, sich nach dem Urlaub mit seinem Mobiltelefon nicht ins Internet einwählen konnte. So schilderte es zumindest der 71-jährige Vater: „Er war voll verzweifelt.“In seiner Wut zerstörte der Sohn das Handy und schlug mit dem Kopf gegen die Garagenwand. Die Eltern befürchteten einen psychotischen Schub und riefen einen Sozialpädagogen zu Hilfe. Dieser sagte vor Gericht, die Eltern hätten ihm den Sohn am Telefon als „sehr aufgeregt und aggressiv“be- schrieben. Aggressiv reagierte der 35-Jährige scheinbar auch auf ihn selbst, verzog sich dann aber in sein Zimmer. Pädagoge und Eltern kamen zu dem Schluss, dass auf kommunikativem Weg eher nichts zu erreichen sei. Sie entschieden sich, die Polizei zu rufen, um den Sohn in eine Klinik bringen zu lassen.
Der Polizeibeamte schilderte, der 35-Jährige sei „richtig ausgerastet“. Der Angeklagte soll Möbel umgeworfen und den Vater mit einem Schraubenschlüssel bedroht haben. Als der 35-Jährige die Beamten im Flur stehen sah, habe er sie angebrüllt, sie sollten verschwinden, so der Beamte. Dann rannte er die Treppe nach oben und versuchte, sich im Zimmer einzusperren. Die Beamten schafften es, die Türe aufzudrücken. Der Sohn wehrte sich weiter, als ihn die Polizisten abführen wollten und versuchte sich loszureißen. „Wir mussten ihn mit Gewalt zu Boden bringen und fesseln“, sagte der Polizeibeamte aus. Den Angeklagten beschrieb er als „weiterhin sehr aufgebracht“.
Der Betroffene selbst hingegen fand die ganze Geschichte „reichlich überzogen“. Alle, er eingeschlossen, hätten in jeder Hinsicht überreagiert, sagte er vor Gericht. Sein aufgewühltes Verhalten begründete er mit seiner Überraschung, als die Polizeibeamten vor ihm standen. „Er wusste nichts von dem Eintreffen der Polizei“, sagte seine Verteidigerin. Ihr Mandant habe keinen Widerstand leisten wollen.
Staatsanwältin Katharina Stoll sah das anders: „Er hat versucht, sich dem Haltegriff zu entziehen.“Und er habe versucht, die Beamten von sich wegzudrücken. Für Stoll wog schwer, dass der Angeklagte erst vier Monate zuvor wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt worden war. Sie plädierte deshalb für eine Geldstrafe in Höhe von
120 Tagessätzen à 60
Euro (7200 Euro). Die Verteidigerin forderte Freispruch. Sie äußerte Zweifel, ob die gesetzlichen Voraussetzungen vorlagen, um den 35-Jährigen in eine Klinik einzuweisen. Richter Walter Hell betonte, dass das Vorgehen des Sozialpädagogen und der Polizei „vorbildlich war“. Zum Angeklagten: „Hätten sie in vernünftiger Weise mit der Polizei gesprochen, wäre der Einsatz möglicherweise beendet worden.“So wie sich der 35-Jährige verhalten habe, mussten die Beamten jedoch davon ausgehen, dass „möglicherweise eine Zeitbombe tickt“. Im Urteil berücksichtigte der Richter die frühere Geldstrafe aber auch dieses: „Ich kann nicht ganz ausschließen, dass Sie in dem Moment des Sperrens vermindert schuldfähig waren.“Er verurteilte ihn deshalb zu einer Geldstrafe in Höhe von 3600 Euro (60 Tagessätze à 60 Euro).
Richter lobt das Vorgehen der Polizeibeamten und des Sozialpädagogen