Die „Windsors von Mindelheim“
Gitti und Hannes Weber geben heuer zum letzten Mal das Ehepaar Frundsberg
Mindelheim In Mindelheim kennt die beiden jeder. Beim Bäcker und Metzger heißen sie nur die Frundsbergs. Doch das könnte sich bald ändern. Denn Gitti und Hannes Weber schlüpfen in diesem Jahr zum letzten Mal in die Rolle des berühmtesten Ehepaares der Kreisstadt. Seit 2006 mimen sie alle drei Jahre den Landsknechtsführer Georg von Frundsberg und seiner Ehefrau Anna von Lodron.
„Eine Handvoll Frundsberg ist genug“, findet der 61-jährige Steuerberater und scherzt: „Sonst heißt es eines Tages nicht mehr Vater, sondern Opa der Landsknechte.“„Irgendwann muss man halt loslassen können, schließlich wollen auch mal Jüngere zum Zug kommen“, stimmt ihm seine Frau zu. „Wir hatten eine wunderbare Zeit, die wir nicht missen möchten“, sind sich die „Windsors von Mindelheim“einig. Hauptdarsteller zu sein bei einem der ältesten historischen Feste Deutschlands, das ab Freitag wieder stattfindet, hat das Leben von Gitti und Hannes Weber geprägt. „Wir haben uns voll mit den historischen Figuren identifiziert“, sagen sie.
„Diese Rollen kann man nicht spielen, man muss sie leben, wenn sie überzeugend rüberkommen sollen“, lautet das Credo der Frundsbergs, denen der Abschied nicht leichtfällt. Bisweilen hatten sie an ihrem Rollenspiel buchstäblich schwer zu tragen. Wiegt doch die Rüstung von Ritter Jörg ganze 32 Kilo, während das Kleid der Anna von Lodron zehn Kilo auf die Waage bringt. „In diese Montur komme ich allein gar nicht hinein, geschweige denn wieder heraus“, sagt Gitti Weber und klärt auf: „Da müssen am Rücken des Kleides 40 bis 50 kleine Häkchen eingehängt werden, das ist mühevolle Kleinarbeit.“Früher half den höfischen Damen eine Zofe beim Ankleiden. „Mein Mann kann das aber auch sehr gut“, bemerkt die „italienische Gräfin“lachend, während ihr Gemahl viele schöne Erinnerungen Revue passieren lässt.
So traten die Frundsbergs zu Fuß und hoch zu Ross schon bei zahlreichen Landsknechtstreffen und historischen Umzügen in ganz Süddeutschland auf, hielten Hof bei Ministerpräsident Markus Söder in der Bayerischen Staatskanzlei und unternahmen auch Reisen zu den Originalschauplätzen in Südtirol, Ladrone und Pavia.
Reiten musste das Frundsberg nicht lernen. alles Glück der Erde auf den Rücken von Ehepaar Dass Pferden liegt, haben sie schon in jungen Jahren mitbekommen. „Seit 20 Jahren haben wir eigene Pferde im Stall stehen, die jedoch nicht zugtauglich sind“, sagen sie. Hannes Weber macht keinen Hehl daraus, dass ihm die Rolle des Georg von Frundsberg mit den Jahren ans Herz gewachsen ist.
Der Mindelheimer sieht in dem Landsknechtsführer, der zu Beginn des 16. Jahrhunderts unter anderem für Kaiser Maximilian I. in den Krieg zog, weniger einen Feldherrn als einen fürsorglichen Vater der Söldner. „Auf dem Weg vom Mittelalter in eine neue Zeit hat Ritter Jörg Aufbruchstimmung verbreitet“, ist er überzeugt. Um sein „Vorbild“besser kennenzulernen, vertiefte sich der 61-Jährige in die Biografien des kaiserlichen Hauptmannes und machte sich auch mit den Ereignissen von anno dazumal vertraut. Geschichtsbücher füllen in seinem Haus ein ganzes Zimmer, die Frundsberg-Biografie des Historikers Reinhard Baumann ist für ihn Pflichtlektüre.
Auch Gitti Weber, deren Karriere als Marketenderin begann, hat sich mit der Historie der Anna von Lodron eingehend beschäftigt. Beeindruckt ist sie vor allem von der Stärke der italienischen Gräfin, die in Mindelheim die Stellung hielt, wenn Ehemann Georg wieder einmal in den Krieg gezogen war.
Jetzt, so kurz vor dem großen Fest, trägt der gewöhnlich glatt rasierte Frundsberg-Darsteller wieder seinen Vollbart. Schon jetzt jagt ein Termin den nächsten. Um alle Termine wahrnehmen zu können, haben sich Gitti und Hannes Weber Urlaub genommen. „Sonst ist das Pensum nicht zu schaffen“, sagen sie. Zehn Tage lang stehen die Frundsbergs bald wieder im Scheinwerferlicht und werden von Fotografen umschwärmt. Was den Webers Sorge bereitet, ist jedoch, „dass weit und breit keine Nachfolger in Sicht sind“.
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Termine Das Frundsbergfest in Min delheim findet vom 29. Juni bis 8. Juli statt. Näheres dazu im Internet unter www.frundsbergfest.de