Und wer jubelt am Ende?
Wolfram Paulus und Chung-Soon Paulus-Han sind seit 43 Jahren verheiratet. Doch am Mittwochabend ist er für Deutschland und sie für Südkorea. Sie ahnen aber schon, wie es ausgeht
Wenn am Mittwoch das Spiel Deutschland gegen Südkorea angepfiffen wird, dann ist der Nervenkitzel beim fußballbegeisterten Ehepaar Paulus-Han noch größer, als er sonst schon während der Weltmeisterschaftsspiele ist. Diesmal wird nicht nur über Deutschlands Weiterkommen entschieden, es ist noch viel persönlicher, denn die Eheleute unterstützen jeweils die eigene Mannschaft.
Chung-Soon Paulus-Han ist gebürtige Südkoreanerin und ihr Mann Wolfram Paulus ein waschechter Augsburger. Das internationale Ehepaar ist seit 43 Jahren verheiratet und sich bisher bei Fußballfragen eigentlich so ziemlich immer einig gewesen. Dieses Mal ist es etwas anderes, denn ihre beiden Heimatnationen stehen als Konkurrenten auf dem Platz. Auch wenn Chung-Soon Paulus-Han schon sehr lange in Deutschland lebt, spricht sie den Südkoreanern ihre volle Unterstützung zu: „Natürlich feuere ich Südkorea an! Das sind alles sehr fleißige Spieler und ich bin sehr stolz darauf, dass sie bei der Weltmeisterschaft dabei sind.“
Ihr Mann Wolfram Paulus zeigt dafür vollstes Verständnis und verspricht, während des Spiels diplomatisch zu bleiben: „Wenn Deutschland ein Tor schießt, werde ich natürlich nicht so frenetisch jubeln, wie ich es sonst immer tue.“Chung-Soon Paulus-Han ist ihm dafür sehr dankbar und versichert augenzwinkernd, dass es schon nicht zu seinem Ehestreit kommen werde.
Die gebürtige Südkoreanerin kam vor 45 Jahren als eine von 10000 Krankenschwestern von Korea nach Deutschland. Ihren Mann, der damals Zivildienstleistender im Krankenhaus war, lernte sie auf der Arbeit kennen. Wolfram Paulus arbeitete danach als Beamter für Rentenversicherungen, Chung-Soon Paulus-Han als Krankenschwester im Klinikum in Augsburg. Mittlerweile sind die beiden pensioniert, haben aber immer noch alle Hände voll zu tun: Denn gemeinsam leiten sie den von ihnen gegründeten Koreanischen Verein in Augsburg. In diesem wird Kulturpflege großgeschrieben und so werden Sprachund Kochkurse, gemeinsame Ausflüge, Trommelkurse und vieles mehr angeboten.
Mindestens einmal im Jahr fliegt Chung-Soon Paulus-Han in die alte Heimat zurück, um Freunde und ihre Familie zu treffen. Ihr ist es wichtig, nie den Kontakt zu den Menschen in der Heimat zu verlieren. Vor allem zur Zeit tausche sie viele Nachrichten mit ihren fußballverrückten Nichten und Neffen in Südkorea wegen des bevorstehenden Spiels aus. „Wir sind alle ganz schön nervös“, erklärt sie.
Das Spiel wird sie am Mittwoch zusammen mit anderen Südkoreanern aus dem Verein und ihrem Mann im Biergarten anschauen – „ein Ritt auf der Rasierklinge“, scherzt Wolfram Paulus. Auf die Frage, wer wohl als Sieger aus dem Spiel hervorgehen wird, sind sich die beiden aber einig: „Deutschland wird das Spiel schon gewinnen. Ein Ehrentor für Südkorea sollte aber drin sein!“