Wie die Polizei einem Sprayer auf die Spur kam
Ein 21-Jähriger wurde auf frischer Tat erwischt. Vor Gericht musste er sich am Ende für 50 Fälle verantworten
Maler und Lackierer lernt der 21-jährige Angeklagte derzeit im Gefängnis, mit guten Ergebnissen, wie die Jugendgerichtshelferin ausführte. Dafür, dass seine Ausbildung dort etwas länger dauert, sorgte der junge Mann selbst, nachdem er im vergangenen Jahr mindestens 50 Mal seine unerwünschten „Tags“als Graffiti-Aktivist in Augsburg hinterlassen hatte. Wegen Sachbeschädigung wurde er jetzt vom Jugendschöffengericht des Augsburger Amtsgerichts zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zwei Monaten Haft verurteilt.
Monatelang ging es für den Angeklagten und seine Mitstreiter gut. Immer wieder kreuzten sie zwischen Februar und Mai 2017 mit dicken Farbstiften und Lacksprays in der Augsburger Innenstadt auf und hinterließen ihre Schriftzüge („Tags“): Sharp, Alesh, Solek oder Asil stand über Nacht auf Fensterläden, Rolltoren, Türen, Schaltkästen und, und, und. Dann, im Juli vergangenen Jahres, wurde ein Trio am Milchberg von einer Polizeistreife auf frischer Tat ertappt, darunter der Angeklagte, noch mit Farbflecken an den Händen und der Kleidung. Jetzt konnte die Polizei auch mehr mit dem Video einer Kamera aus dem Afragäßchen anfangen. Nach Aussage einer Beamtin der „Arbeitsgruppe Graffiti“der Polizei ist darauf dieselbe, auffällige Sportjacke des festgenommenen Angeklagten zu erkennen. 50 Fälle, so die Beamtin vor Gericht, konnten aufgrund der charakteristischen Schreibweise demselben Täter zugeordnet werden. Und dann stellte sich heraus, dass seine Freundin Lisa hieß (rückwärts geschrieben „Asil“). Für weitere etwa 100 Schadensfälle, bei denen dieselben Wörter, aber offenbar in einem anderen Stil geschrieben worden waren, würden gerade Verfahren gegen zwei andere Sprayer vorbereitet.
Weil er gegen Bewährungsauflagen aus zwei Vorverurteilungen (Diebstahl, Erwerb von Betäubungsmitteln) verstoßen hatte, war der Angeklagte zwischenzeitlich verhaftet worden und wurde aus dem Gefängnis zur Verhandlung vorgeführt. Dort machte er zunächst keine Angaben zu den Vorwürfen aus der Anklageschrift, die ihm vorhielt, bei rund 20 Geschädigten (darunter Stadt, Stadtwerke, Telekom, mehrere Immobilienunternehmen ...) Sachschaden von fast 35 000 Euro verursacht zu haben.
Auf Anregung von Richter Günther Baumann trafen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung eine Verständigung zu Verfahrensvereinfachung („Deal“). Entsprechend legte der 21-Jährige ein Geständnis ab, weswegen Staatsanwalt Konstantin Huber eine Verurteilung zu einem Jahr und vier Monaten Haft forderte, nicht mehr aussetzbar auf Bewährung. Verteidiger Felix Haegele sah eine Strafe von einem Jahr und zwei Monaten als angemessen an. Dem pflichtete Richter Baumann bei, der aus den bestehenden Vorverurteilungen und den aktuellen Fällen eine Jugendstrafe wegen Sachbeschädigung in 50 Fällen bildete. An den Angeklagten appellierte er, jetzt im Gefängnis die Chance zur Besserung zu ergreifen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.