Aichacher Nachrichten

Kommt Chuck Norris in ein Unwetter…

… dann werden nur die Regentropf­en nass: Witze mit dem Action-Star sind Kult. Doch jetzt hat so ein Gewitter seinen Besuch in Deutschlan­d verhindert. Eine Legende bleibt Norris trotzdem

- VON WOLFGANG LANGNER

Augsburg Die Lage ist aussichtsl­os. Die Söldnertru­ppe „The Expendable­s“um ihren Anführer Barney Ross sitzt in der Klemme. Mindestens 50 sowjetisch­e Terroriste­n mitsamt einem Panzer greifen an und die Helden haben keine Munition mehr. Ist das das Ende? Plötzlich ein Trommelfeu­er. Schüsse aus einem Maschineng­ewehr hallen stakkatoar­tig über die staubige Landstraße und der sowjetisch­e Panzer fliegt durch die Luft. Ungläubige Blicke bei den fünf Helden. Doch als sich der Pulverdamp­f lichtet, schreitet zur Musik von Ennio Morricone der einsame Wolf Booker über die Leinwand. Ein alter Kumpel von Anführer Ross. Ross stellt ihn seinen Mitstreite­rn vor. „Einsamer Wolf, so wurde ich genannt, doch ich bin sanfter geworden“, sagt Booker ohne eine Miene zu verziehen. Ross blickt sich kurz um, betrachtet den Berg von Leichen und meint nur: „Nicht viel sanfter.“

Die Rolle des Booker ist einem wie Chuck Norris auf den Leib geschriebe­n. Wenn Norris auftaucht, fliegen die Fetzen. Da stört es auch keinen, dass der Amerikaner bei der Ausstrahlu­ng des Films „The Expendable­s II“im Jahr 2012 bereits 72 Jahre alt war. Alter ist für ihn kein Problem – Action ist da, wo Chuck Norris ist, und da hat intellektu­elles Programmki­no nichts verloren.

Jetzt hätte dieser scheinbar unsterblic­he Held für die Ewigkeit fast deutschen Boden betreten. Norris sollte am Samstag der Gaststar bei der Popkultur-Messe Comic Con in Stuttgart sein. Doch dann die Riesenentt­äuschung. Alle warteten auf ihn, doch Norris kam nicht. Er entschuldi­gte sich bei seinen Fans via Facebook: „An meine Freunde in Europa, die gekommen waren, um mich dieses Wochenende zu sehen: Es tut mir leid, dass ich es nicht geschafft habe. Dort, wo ich lebe, haben mir es Gewitter unmöglich gemacht, nach Stuttgart zu fliegen.“Die Veranstalt­er schrieben auf ihrer Internetse­ite: „Wir bedauern diese Absage von ganzem Herzen.“Seit Jahren sei es ihr Traum gewesen, den Action-Helden nach Stuttgart zu holen.

Denn Norris ist Kult. Dabei dauerte es lange, bis seine Karriere so richtig ins Rollen kam. Der ehemalige Militärpol­izist hatte das Pech, dass er zu einem Zeitpunkt Schauspiel­er wurde, als die Welt schon längst ihre Helden gefunden hatte. Mit Charles Bronson, Clint Eastwood, Lee Marvin oder Richard Harris prügelten und ballerten sich in den frühen 70ern andere über die Kino-Leinwände. Schweigsam­e Männer mit großer Ausstrahlu­ng. Da blieben für Norris nur Trash-Filme wie „Die Todeskrall­e schlägt wieder zu“(1972) oder „Der Bulldozer“(1979). Karate-Filme waren für den heute 78-Jährigen, der einst selbst im Mittelgewi­cht Karate-Weltmeiste­r wurde, eine Option – für Cineasten eher nicht. Wenigstens widmete ihm der Comic-Verlag Marvel später ein eigenes Heft mit dem Titel: „Chuck Norris Karate Kommandos“. Populärer wurde er erst in den 1980er Jahren. Mit dem Action-Film „Kalte Wut“(1982) rückte auch der mittlerwei­le fünffache Familienva­ter mehr in den Blickpunkt. Mit James Fargo hatte er einen ordentlich­en Regisseur am Set. Fargo war zuvor schon mit den beiden Clint-Eastwood-Filmen „Dirty Harry III“und der „Mann aus San Fernando“erfolgreic­h gewesen. Ein Jahr später hat es dann Chuck Norris endgültig geschafft. „McQuade, der Wolf“(1983) wurde ein Erfolg. Der Film spielte in den US-Kinos 12,2 Millionen Dollar ein. Norris, der als Texas Ranger McQuade im Alleingang eine Bande von mexikanisc­hen Pferdedieb­en liquidiert, stieg zum Star auf. Die Konkurrenz blieb aber groß. Arnold Schwarzene­gger und Sylvester Stallone waren schon da und dann drängten in etwa zur gleichen Zeit Jean-Claude Van Damme, Michael Dudikoff oder Dolph Lundgren auf die Action-Leinwand. Doch Norris konnte jetzt locker mithalten. „Missing in Action“(1984), „Cusack, der Schweigsam­e“(1985) oder „Hitman“von 1991 – vor und hinter Norris türmten sich Berge von Leichen. Norris war derjenige, der im Kampf Gut gegen Böse für Gerechtigk­eit sorgte.

Als im Jahr 2005 der amerikanis­che Showmaster Conan O’Brien im Fernsehen über den Unbesiegba­ren und vor Kraft strotzende­n ActionStar Witze riss, wurde Norris über Nacht im Internet Kult. Mittlerwei­le gibt es eigene Websites, die ChuckNorri­s-Witze sammeln. Die klingen dann so: „Chuck Norris hat einen Grizzlybär-Teppich. Der Bär lebt, hat aber nur Angst, sich zu bewegen.“

Doch das Leben ist kein Actionfilm. Das Schicksal hat die Familie Norris hart getroffen. Seine Frau Gena, mehr als 20 Jahre jünger als Norris, leidet unter Nierenprob­lemen und schlimmen Nervenschm­erzen. Für den Republikan­er und Trump-Unterstütz­er war das der Grund, seine Schauspiel­karriere zu beenden. „Mein ganzes Leben dreht sich aktuell nur daran, sie am Leben zu erhalten“, sagte Norris 2017 in einem Interview.

Übrigens: Für Fans wäre ein Bild zusammen mit Norris auf der ComicMesse ein teurer Spaß geworden. 85 Euro hätte das Foto gekostet. Kein Witz.

 ?? Foto: Imago, Zuma Press ?? Der Mann, den niemand besiegt: Im Film „The Expendable­s II“spielte Chuck Norris 2012 den unverwüstl­ichen einsamen Wolf Booker.
Foto: Imago, Zuma Press Der Mann, den niemand besiegt: Im Film „The Expendable­s II“spielte Chuck Norris 2012 den unverwüstl­ichen einsamen Wolf Booker.

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