Aichacher Nachrichten

Wird Puigdemont ausgeliefe­rt?

Was der Beschluss der Kieler Justiz bedeutet

- VON RALPH SCHULZE

Kiel/Madrid Seit seiner überrasche­nden Festnahme im März lebt der katalanisc­he Separatist­enchef Carles Puigdemont unter Auflagen auf freiem Fuß in Deutschlan­d – nun könnte er doch noch nach Spanien ausgeliefe­rt werden: Das schleswigh­olsteinisc­he Oberlandes­gericht entschied, dass eine Überstellu­ng Puigdemont­s an Spanien zulässig sei, schränkte jedoch zugleich die Auslieferu­ngsgründe ein. Ob es tatsächlic­h zu einer Überstellu­ng des Katalanen an die spanische Justiz kommt, ist deshalb fraglich.

Puigdemont könnte bei einer Auslieferu­ng in Spanien nach einer Überstellu­ng lediglich wegen des minderschw­eren Vorwurfs der Untreue angeklagt werden. Dabei geht es darum, dass der mehrere Millionen Euro Staatsgeld­er für das katalanisc­he Unabhängig­keitsrefer­endum ausgegeben haben soll, das zuvor vom spanischen Verfassung­sgericht verboten worden war. Die spanische Justiz wertet dies als Veruntreuu­ng von Steuergeld­ern. Eine Auslieferu­ng wegen Rebellion, dem Hauptvorwu­rf Spaniens, erklärte das deutsche Gericht dagegen für unzulässig: Die Vorwürfe gegen Puigdemont würden nach deutschem Recht weder den Tatbestand des Hochverrat­s noch des Landfriede­nsbruchs erfüllen.

Bei einer Verurteilu­ng wegen Rebellion hätten Puigdemont bis zu 30 Jahre Haft gedroht, bei schwerer

Der Katalane begrüßt die Entscheidu­ng sogar

Veruntreuu­ng beträgt die Höchststra­fe zwölf Jahre. Puigdemont begrüßte die Entscheidu­ng, ihn nicht wegen Rebellion an Spanien ausliefern zu wollen. „Damit ist die Hauptlüge des Staates ausgelösch­t“, erklärte er, „wir werden bis zum Ende kämpfen, und wir werden gewinnen“. Unerwähnt ließ er, dass die deutschen Richter seinen Vorwurf, er werde von Spaniens Justiz politisch verfolgt, als „abwegig“zurückwies­en.

Hinter einer tatsächlic­hen Auslieferu­ng stehen aber weiterhin viele Fragezeich­en. Spanien ist inzwischen politisch ein ganz anderes Land als das, welches Puigdemont im Herbst 2017 in einer Nacht- und Nebel-Aktion verlassen hatte. Seit dem Sturz des konservati­ven Ministerpr­äsidenten Mariano Rajoy fährt sein sozialisti­scher Nachfolger Pedro Sánchez einen Entspannun­gskurs in der Katalonien­krise.

Puigdemont könnte zudem den deutschen Beschluss vor dem Verfassung­sgericht anfechten, die spanische Justiz könnte den Fall dem Europäisch­en Gerichtsho­f vorlegen. Auch ist nicht ausgeschlo­ssen, dass Spanien angesichts der deutschen Auflagen auf die Überstellu­ng ganz verzichtet. Puigdemont müsste dann bei Rückkehr in seine Heimat weiterhin mit Festnahme und einem Prozess wegen Rebellion rechnen, sogar in Abwesenhei­t.

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Foto: dpa“ Katalanenf­ührer Puigdemont: „Hauptlü ge des Staates ausgelösch­t.“

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