Aichacher Nachrichten

19 jähriger Flüchtling darf allein abgeschobe­n werden

Mann aus Obergriesb­ach muss möglicherw­eise ins ihm fremde Afghanista­n. Gericht lehnt neues Asylverfah­ren ab

-

Obergriesb­ach/Augsburg Ein 19-jähriger Flüchtling, der in Obergriesb­ach lebt, darf nach Afghanista­n abgeschobe­n werden, obwohl er noch nie dort war und keine Familie in dem Land hat. Das entschied das Verwaltung­sgericht Augsburg. Es hatte bereits sein Erstasylve­rfahren vor einem Jahr abgewiesen (wir berichtete­n). Der junge Mann strebte nun ein zweites Asylverfah­ren an.

Doch dafür hätte er triftige neue Beweismitt­el nennen müssen, die eine andere Entscheidu­ng zur Folge haben würden, wie Katharina Kempf vom Gericht auf Anfrage unserer Zeitung deutlich machte. Der junge Mann ist ebenso wie seine zwei Geschwiste­r im Iran geboren und aufgewachs­en. In Afghanista­n war er nie. Trotzdem ist er afghanisch­er Staatsbürg­er. Wie eine Sprecherin nach dem Erstasylve­rfahren vor einem Jahr berichtet hatte, lebten die Eltern der drei Kinder, als sie selbst noch im Kindesalte­r waren, in Afghanista­n, ehe sie nach eigenen Angaben vor Diskrimini­erung in den Iran flüchteten.

Der 19-Jährige machte nun geltend, dass ein Onkel von ihm, der vor gut fünf Jahren vom Iran nach Afghanista­n zurückgeke­hrt sei, bei einem Anschlag ums Leben gekommen sei. Kempf zufolge wollte der junge Mann damit belegen, dass auch sein Leben in Afghanista­n bedroht wäre. Doch dieser Schicksals­schlag könne kein neues Asylverfah­ren begründen, so Kempf. Er habe sich bereits vor dem Erstasylve­rfahren ereignet und hätte dort bereits vorgebrach­t werden können. Ein abgeschlos­senes Asylverfah­ren könne nicht immer wieder von Neuem aufgerollt werden.

Der 19-Jährige habe außerdem auf Anschläge verwiesen, von denen er über die Medien erfahren habe: zum Beispiel auf den Anschlag auf die deutsche Botschaft in Kabul Ende Mai vergangene­n Jahres mit mindestens 150 Toten. Danach wurden Abschiebun­gen nach Afghanista­n vorübergeh­end eingestell­t, einige Monate später aber wieder aufgenomme­n. Allerdings entschied die Bundesregi­erung, zunächst nur straffälli­ge Flüchtling­e abzuschieb­en.

Die neuerliche Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichts ist noch nicht rechtskräf­tig. Der junge Mann kann rechtlich dagegen vorgehen. Wäre er nicht kurz vor dem Erstasylve­rfahren volljährig geworden, wäre der komplette Rechtsstre­it womöglich kürzer ausgefalle­n.

Denn aufgrund seines Alters zählte er nicht mehr zur Kernfamili­e. Diese sollte ebenfalls abgeschobe­n werden und reichte beim Verwaltung­sgericht erfolgreic­h Klage gegen die Ablehnung ihres Asylantrag­s ein. Die Bundesrepu­blik Deutschlan­d, vertreten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf), wurde damit verpflicht­et, das Abschiebev­erbot festzustel­len.

Dem 19-Jährigen dagegen drohte die Abschiebun­g. Die Familie würde dadurch dauerhaft getrennt. Der junge Mann sei immerhin mit der Landesspra­che und mit muslimisch geprägten Lebensverh­ältnissen vertraut. Die Sprache Afghanisch gebe es nicht, hatte eine Gerichtssp­recherin nach der Verhandlun­g vor einem Jahr erklärt. In Afghanista­n werde nur Dari gesprochen, das „keine großen Unterschie­de“zu Farsi habe, das im Iran verbreitet ist.

Der 19-Jährige gilt als gut integriert und kann sich gut auf Deutsch verständig­en. Zur Verhandlun­g vor einem Jahr kamen viele Mitglieder des SV Obergriesb­ach, die mit ihm Fußball spielten, um seine Familie zu unterstütz­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany