Aichacher Nachrichten

„Die Rettung macht mich sehr stolz“

Der Nürnberger Tauchlehre­r Nick Vollmar half dabei, die thailändis­chen Jugendlich­en aus einer Höhle zu befreien. Was vor Ort die größte Herausford­erung war

- Interview: Christoph Hägele

Herr Vollmar, Sie sind Tauchlehre­r und waren an der Rettung der thailändis­chen Jugendlich­en beteiligt. Am Ende ging alles gut. Hatten Sie an einen solch glückliche­n Ausgang überhaupt zu denken gewagt?

Nick Vollmar: Ich hatte mir von Herzen gewünscht, dass die Rettung gelingt. Die Rettung der Jugendlich­en und ihres Trainers ist das Ergebnis einer gigantisch­en logistisch­en Leistung. Was hier innerhalb von Tagen geleistet worden ist, ist ohne jedes Beispiel. Die Rettung macht mich sehr stolz auf meine thailändis­chen Freunde und unser Team.

Sie haben geholfen, die Höhle für den Rettungsei­nsatz vorzuberei­ten – als einziger Deutscher in einem Team von Freiwillig­en. Was haben Sie vor Ort genau gemacht?

Vollmar: Ich war Teil eines von zwei privaten Teams. Das eine bestand aus hochspezia­lisierten Höhlentauc­hern aus England. Sie waren es ja auch, die zu den Jugendlich­en vorstießen. Mein eigenes Team bestand aus fünf Leuten. Wir waren zusammenge­würfelte Freiwillig­e. Grob gesprochen haben wir die Höhle aufgeräumt und den Rettungsei­nsatz der Taucher vorbereite­t.

Wie haben Sie das gemacht? Vollmar: Unser Einsatzgeb­iet lag zwischen dem Basiscamp, das die Thai Navy Seals errichtet haben, und dem Standort der Jugendlich­en. Wir haben unter Wasser Hinderniss­e identifizi­ert und aus dem Weg geschafft. Es lagen wahnsinnig viele Leitungen in der Höhle. Dort verliefen unter anderem Strom- und Telefonkab­el. Wir haben an Kabeln zusammenge­rollt und beiseitege­schafft, was nur ging. Die Taucher und die Jugendlich­en sollten sich nicht darin verheddern.

Wie kamen Sie überhaupt nach Thailand?

Vollmar: Hintergrun­d war, dass es in ganz Thailand offenbar kein einziges SF2-Sidemount-Rebreather-Gerät gab. Ich habe in einer FacebookGr­uppe einen entspreche­nden Aufruf entdeckt. Ich besitze ein solches Gerät und bot deshalb meine Hilfe an.

Was sind Sidemount-Rebreather? Vollmar: Tauchgerät­e, die nicht auf dem Rücken, sondern an der Seite festgeschn­allt werden. Das verleiht den Tauchern ein flaches Profil, was angesichts der verwinkelt­en Höhle sehr wichtig war. Es handelt sich zudem um ein Kreislaufg­erät, das einerseits lange Tauchgänge ermög- licht, anderersei­ts keine Blasen durch ausgeatmet­e Luft ausstößt. Blasen hätten die ohnehin schlechte Sicht weiter verschlech­tert.

Wie lange waren Sie vor Ort? Vollmar: Ich war von Montag bis Donnerstag an und in der Höhle. Dann hat mich leider eine Erkältung erwischt. Für weitere Taucheinsä­tze wäre ich in diesem Zustand nicht mehr infrage gekommen. Das wäre weder mir selbst noch den anderen Tauchern gegenüber vertretbar gewesen. Also bin ich wieder abgereist. Ich wollte nicht bloß rumstehen und die Retter noch bei ihrer Arbeit behindern.

Haben Sie die betreffend­e Höhle schon einmal selbst betaucht?

Vollmar: Kein einziger Mensch hat meines Wissens je zuvor in der Höhle getaucht. Das ist keine Höhle, die man betaucht, wenn einem das eigene Leben lieb und teuer ist.

Was macht das Höhlentauc­hen zu einer solchen Grenzerfah­rung? Vollmar: Die Sicht ist oft schlecht. In der thailändis­chen Höhle liegt sie unter einem halben Meter. Hinzu kommen oft tückische Strömungen. Das Belastends­te ist aber wohl das Wissen, nicht einfach so wieder auftauchen zu können. Dieses Wissen setzt die Psyche des Tauchers unter großen Stress. Wen dieses Wissen in Panik versetzt, der hat unter Wasser ein großes Problem. Dann ist sein Leben in Gefahr.

Wie bringt man denn Jugendlich­en, die zum Teil gar nicht schwimmen können, binnen weniger Tage das Tauchen bei – ist das überhaupt möglich?

Vollmar: Sie mussten zwei grundlegen­de Dinge lernen: zum einen durch ein Gerät zu atmen. Das ist zu schaffen. Zum anderen mussten sie den Tauchern, die sie nach draußen führten, vertrauen. Das ist schon schwierige­r.

Wie verhindern Tauchlehre­r, dass ihre Schüler in Panik geraten?

Vollmar: Durch Ruhe, durch Präsenz, durch Blick- und Körperkont­akt. Der Tauchschül­er muss das Gefühl haben, nicht allein zu sein. Er muss wissen, dass der Tauchlehre­r bei ihm ist und die Situation unter Kontrolle hat.

 ?? Foto: Thai Navy Seals, dpa ?? Die zwölf Jungs der thailändis­chen Fußballman­nschaft und ihr Trainer wurden erst nach 17 Tagen aus einer Höhle gerettet. Ein Nürnberger Tauchlehre­r hat vor Ort mitge holfen, das Wunder möglich zu machen.
Foto: Thai Navy Seals, dpa Die zwölf Jungs der thailändis­chen Fußballman­nschaft und ihr Trainer wurden erst nach 17 Tagen aus einer Höhle gerettet. Ein Nürnberger Tauchlehre­r hat vor Ort mitge holfen, das Wunder möglich zu machen.
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Nick Vollmar

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