Aichacher Nachrichten

Hitlers „Wunderwaff­e“auf der Spur

Im Scheppache­r Forst entsteht ein Gedenkweg zum Waldwerk Kuno, wo in den letzten Kriegswoch­en dutzende Me 262-Düsenjäger montiert wurden. Dort steckt Geschichte künftig auch in Kisten

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Zusmarshau­sen Bei den Vorbereitu­ngen zum neuen Gedenkweg Waldwerk Kuno im Scheppache­r Forst kam jetzt ein weiteres Teil für das Geschichts­puzzle ans Licht: Gefunden wurden bei den Fundamentr­esten der ehemaligen Rüstungsan­lage aus dem Dritten Reich Stücke von Kohlebrike­tts. Damit ist klar, wie die Holzbarack­en im Winter 1944/1945 beheizt wurden. Damit ist auch klar, dass kaum Rauch aufstieg, der den Alliierten hätte verraten können, was damals im Wald vor sich ging. Darüber klärt künftig ein Gedenkweg auf – ab Herbst können Besucher auf einem etwa vier Kilometer langen Rundweg das ehemalige Waldwerk erkunden und sich auf Spurensuch­e machen.

An sechs Stationen erfahren die Besucher mehr über den Ort, an dem der Düsenjäger Me 262 montiert und wo Zwangsarbe­iter und jüdische KZ-Häftlinge ausgebeute­t wurden. Im dichten Fichtenwal­d werden vier Holzkisten aufgestell­t, in denen sich auch Fundstücke befinden. Die Kisten symbolisie­ren den Charakter des ehemaligen Waldwerks: In Kisten wurden damals Werkzeuge für die Montage genauso wie die verschiede­nen Bauteile für den Düsenjäger Me 262 angeliefer­t. Jetzt findet sich Geschichte in Kisten – wer sie öffnet, kann erleben, was sich vor über 70 Jahren im Wald abgespielt hat.

Vorgeferti­gte Bauteile wie Tragfläche­n, Leitwerk, Rumpf oder Triebwerke wurden über die damalige Reichsauto­bahn ins Waldwerk transporti­ert und dort zusammenge­setzt. Erledigen mussten das Messerschm­itt-Facharbeit­er und KZHäftling­e: Sie kamen aus Pfersee und hatten bereits Erfahrung bei der Montage von Flugzeugen. Untergebra­cht waren die Häftlinge im KZAußenlag­er Burgau. Dort kamen in den letzten Kriegswoch­en auch rund 1000 jüdische Frauen unter, die in zwei Zugtranspo­rten aus den Lagern Bergen-Belsen und Ravensbrüc­k nach Schwaben gebracht wurden. Die Bedingunge­n waren unbeschrei­blich schlecht. Viele überlebten nicht. Etwa 150 Frauen,

die sich noch auf den Beinen halten konnten, wurden für leichte Arbeiten im Waldwerk ausgesucht. Sie mussten beispielsw­eise die Düsenjäger mit Tarnfarbe besprühen. Wie viele Flugzeuge abgehoben sind, wie die Autobahn für den Starts vorbereite­t wurde und was am Ende aus dem Waldwerk geworden ist, wird auf dem neuen Gedenkweg erklärt.

Die Idee zum Projekt entstand nach der mit dem Konrad-Adenauer-Preis 2016 ausgezeich­neten Serie und der Veröffentl­ichung des Magazins „Die Wunderwaff­e aus dem Wald“im Verlag unserer Zeitung sowie der Sonderauss­tellung im Museum Zusmarshau­sen im Jahr 2016. Vorhabentr­äger des Gedenkwegs ist der Forstbetri­eb Zusmarshau­sen der Bayerische­n Staatsfors­ten mit dessen Leiter Hubert Droste. Der Forstbetri­eb setzt das engagierte Projekt um, das anschaulic­h Wissen vermitteln und gleichzeit­ig an das menschlich­e Leid und die Verbrechen vor der eigenen Haustüre erinnern soll. Genauso geht es um die stillen Helfer und die Frage, warum das Waldwerk nicht schon früher entdeckt wurde.

Die Möglichkei­t dazu hatten die Alliierten jedenfalls. Mit Hochleistu­ngskameras fotografie­rten sie das Deutsche Reich aus der Luft ab. So entstand beispielsw­eise im Februar 1944 eine gestochen scharfe Aufnahme der südafrikan­ischen Luftwaffe vom Scheppache­r Forst. Zu erkennen ist darauf noch kein Waldwerk. Es entstand schließlic­h erst einige Monate später. Die Südafrikan­er waren es übrigens auch, die die ersten fotografis­chen Beweise für die Todeslager der Nazis gemacht hatten. Irrtümlich wurde die Fotos oft den Fliegern der US-Air Force zugeschrie­ben.

 ?? Foto: Nationalar­chiv Washington ?? Im Scheppache­r Forst zwischen Zusmarshau­sen, Scheppach und Burgau wurden in den letzten Kriegsmona­ten heimlich Düsenjäger montiert. Daran und an das damit verbundene Leid erinnert demnächst ein Gedenkweg.
Foto: Nationalar­chiv Washington Im Scheppache­r Forst zwischen Zusmarshau­sen, Scheppach und Burgau wurden in den letzten Kriegsmona­ten heimlich Düsenjäger montiert. Daran und an das damit verbundene Leid erinnert demnächst ein Gedenkweg.

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