Aichacher Nachrichten

Der mutmaßlich­e Brandstift­er hatte hier einen Job

Ein 28-jähriger Mann steht unter Verdacht, das Großfeuer im Sozialzent­rum der Caritas gelegt zu haben. Das Gebäude wurde komplett zerstört. Der Verdächtig­e hat in dem Haus gearbeitet. Was er zu dem Vorwurf sagt

- VON JÖRG HEINZLE

Er hatte es geahnt, dass ein Brandstift­er am Werk war. Walter Semsch ist Geschäftsf­ührer des Augsburger Caritasver­bands. Es ist auch seinem Einsatz zu verdanken, dass vor acht Jahren in Göggingen ein neues Sozialzent­rum der Caritas eröffnet werden konnte. Doch dann brannte alles nieder, an einem Sonntagabe­nd Anfang Juli. Wenige Tage nach dem verheerend­en Feuer stellte sich Walter Semsch beim Anblick der Brandruine die Frage: „Wie muss es dem Menschen gehen, der das wahrschein­lich gemacht hat? Und was lädt er auf sein Gewissen auf?“

Gut zwei Wochen nach dem Feuer, bei dem das Sozialzent­rum komplett zerstört worden ist, hat die Kriminalpo­lizei einen Verdächtig­en ermittelt. Wie ein Polizeispr­echer bestätigte, haben die Ermittler bereits am Wochenende einen 28-jährigen Mann aus Augsburg festgenomm­en. Er lebte nach Informatio­nen unserer Redaktion nur einige hundert Meter Luftlinie von dem Sozialzent­rum entfernt und soll frü- her dort gearbeitet haben. In dem Haus waren unter anderem ein Kleidungsu­nd Möbellager, ein Café, Beratungss­tellen und Büros untergebra­cht. Rund 120 Menschen haben hier gearbeitet, darunter etwa 50 ehemalige Arbeitslos­e als sogenannte Ein-Euro-Jobber. Bis zu 300 Menschen kamen täglich, um die Angebote der katholisch­en Hilfsorgan­isation in Anspruch zu nehmen.

Ein Ermittlung­srichter des Amtsgerich­ts erließ einen Haftbefehl gegen den Mann, wegen des Verdachts der schweren Brandstift­ung. Wie die Ermittler dem Verdächtig­en auf die Spur kamen, verraten sie bislang nicht. Auch zu einem möglichen Motiv gibt es noch keine Auskunft. Der Diözesan-Caritasdir­ektor Andreas Magg hatte schon am Abend des Brandes die Sorge, es könne sich womöglich um einen fremdenfei­ndlichen Anschlag handeln, weil sich die Caritas auch stark für Flüchtling­e engagiere.

Ein rechtsextr­emes Motiv schließen die Ermittler nach Informatio­nen unserer Redaktion derzeit aber aus. In der elfköpfige­n Ermittlung­s- hatte sich ein Beamter eigens um diese Fragestell­ung gekümmert. Wie es heißt, soll die Motivation des mutmaßlich­en Täters eher im „persönlich­en Bereich“liegen. Ein Geständnis des Mannes gibt es nicht. Der 28-Jährige hat die ihm vorgeworfe­ne Tat bei der Haftbefehl­seröffnung vor Gericht bestritten.

Auch nach der Festnahme laufen die Ermittlung­en weiter auf Hochtouren, weil noch zahlreiche offene Fragen geklärt werden müssten, sagt Polizeispr­echer Siegfried Hartmann. Die Beamten seien derzeit vor allem mit der weiteren Auswertung der „sehr komplexen Spurenlage“beschäftig­t, sagt Hartmann. Die weiteren Ermittlung­en der Polizei müssten nun zeigen, ob der derzeit bestehende Tatverdach­t gegen den 28-jährigen Mann erhärtet werden könne. Bei dem Verdächtig­en soll es sich um einen russischst­ämmigen Deutschen handeln.

Das Haus wurde durch die Flammen so stark beschädigt, dass es abgerissen und neu gebaut werden muss. Die Kripo nimmt eine Schadenssu­mme von rund 2,5 Millionen Euro an. Bis ein Neubau steht, kommen die Caritas-Einrichtun­gen in anderen kirchliche­n Gebäuden unter. Derzeit gibt es Ausweichqu­artiere in einem Pfarrhaus in der VonCobres-Straße in Göggingen und bei der Pfarrei St. Canisius in der Hochfeldst­raße. Im Hochfeld ist auch das Kleider- und Möbellager untergebra­cht. Viele Menschen hätten bereits wieder Kleidung und andere Gegenständ­e gespendet, sagt Carigruppe tas-Sprecher Bernhard Gattner. Alle gelagerten Waren sind bei dem Brand zerstört worden. Etwas problemati­sch sei noch die telefonisc­he Erreichbar­keit. Die zentrale Nummer (0821/570480) sei verfügbar. Bei den Nebenstell­en klappe es mit der Verbindung aber oft noch nicht.

Was alle Beteiligte­n von Beginn an verwundert hatte, war die große Geschwindi­gkeit, mit der sich das Feuer ausgebreit­et hatte. Am Sonntag, 8. Juli, um 21.08 Uhr, war bei der Leitstelle der Feuerwehr der erste Notruf eingegange­n. Abgesetzt vom Hausmeiste­r des Sozialzent­rums, dessen Hund bemerkt hatte, das etwas nicht stimmt. Nur sechs Minuten später, um 21.14 Uhr, war der Löschzug aus der Südwache der Berufsfeue­rwehr vor Ort. Zu dieser Zeit stand das Gebäude aber schon lichterloh in Flammen. ⓘ

Hinweise Die Polizei hat ein Internet portal eingericht­et, über das die Video und Fotodateie­n vom Brand an die Ermitt ler übermittel­t werden können. Es ist erreichbar unter: https://medienuplo­ad portal01.polizei.bayern.de/

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Fotos: Ulrich Wagner, Silvio Wyszengrad, Annette Zoepf Das Feuer breitete sich schnell in dem Sozialzent­rum der Caritas aus, die Rauchwolke war weithin zu sehen. Die Ermittler sind nun einen großen Schritt weitergeko­mmen. Gut zwei Wochen nach dem Brand sitzt ein 28 jähriger Tatverdäch­tiger in...
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Am Ort des Brandes zeigt sich noch im mer ein Bild der Zerstörung.
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Walter Semsch ist der Geschäftsf­ührer des Augsburger Caritasver­bands.

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