Wo Kinder auf der Tanzfläche spielen
Bei Reggae in Wulf haben am Wochenende rund 5700 Menschen miteinander gefeiert. Wie ein Polizeieinsatz am Münchner Flughafen für Komplikationen beim Musikfestival sorgte
Friedberg Nattali Rize ist eine Frau mit Mission. „Wir sind zwölf Stunden hergeflogen, um jetzt in diesem Moment mit euch verbunden zu sein“, fasst sie das Reggae-Lebensgefühl in einem Satz zusammen. Gemeinsam, friedlich und tiefenentspannt. Die Musikerin aus Australien ist am Samstagabend als einzige Frau bei Reggae in Wulf aufgetreten. Noch mehr Stimmung brachten nur die Altmeister Cocoa Tea und Anthony B aus Jamaika nach Friedberg-Wulfertshausen.
Freitag, 17 Uhr, auf dem Gelände des SV Wulfertshausen. Man erkennt nur noch das Vereinshaus. Bagger haben Kies und Sand aufgeschüttet, um vor der Hauptbühne die richtige Atmosphäre zu schaffen: Sonne, Strand, Jamaika. Rundherum stehen Verkaufsstände und Imbissbuden. Es riecht nach Eintopf: karibisches Lammcurry. The Unduster, eine Reggae-Band aus Niederbayern, ist beim Soundcheck. Einer der Helfer wässert den Sand. Die Sonne brennt vom Himmel. Einige Besucher lassen sich mit dem Wasserschlauch abspritzen. Insgesamt 2700 Menschen kommen an diesem Abend, um bei Reggae in Wulf zu feiern.
„So viele Besucher hatten wir an einem Freitag noch nie“, sagt Markus Friedrich. Er ist Geschäftsführer des Vereins Wulf United. Das Festival wird nur von den Ehrenamtlichen organisiert. Seit 17 Jahren holen sie regelmäßig internationale Größen der Reggae-Szene nach Friedberg. Zum Beispiel den Jamaikaner Anthony B, der 1995 mit seinem Stück „Warrior“(Krieger) einen Hit landete. Als der am Freitagabend gegen halb elf sein erstes Lied anstimmt, ist die Tanzfläche dicht gefüllt. Die Besucher wiegen sich im Dancehall-Stil: So heißen die Bewegungen, mit denen man zur ReggaeMusik tanzt.
Am Samstagnachmittag ist dann Kinderprogramm auf dem Festivalgelände. Wer möchte, springt auf der Hüpfburg oder lässt sich eine Runde auf einem Kamel oder einem kleinen Pony führen. Kilian und Julian haben sich das noch nicht getraut. Dafür haben die Buben, fünf und drei Jahre alt, schon die Pommes getestet. Die beiden sind mit ihren Eltern Bettina und Oliver Schönwälder aus Friedberg-West auf das Festivalgelände gekommen. „Wir sind heute zum ersten Mal hier“, sagt Bettina Schönwälder. Ihr Urteil? „Klasse, ganz entspannt. Uns gefällt es sehr gut, und für die Kinder ist es toll.“Auf der Fläche vor der Hauptbühne türmen Kinder den Sand zu immer neuen Skulpturen auf. Mit herumliegenden Zigarettenstummeln verzieren sie die Kunstwerke. Auch am Samstag füllt sich das Gelände im Laufe des Abends immer weiter. 3000 Besucher flanieren am zweiten Tag über das Festival. Obwohl Gewitter vorhergesagt sind, bleibt das Wetter stabil, abgesehen von ein paar ordentlichen Windböen.
„Wir hatten uns schon einen Notfallplan überlegt“, berichtet Friedrich am Sonntag unserer Zeitung. Auch ansonsten habe alles gut geklappt, berichtet er. Mit einer Ausnahme. „Der große Polizeieinsatz am Münchner Flughafen hat uns große Probleme gemacht“, sagt Friedrich. Einige der internationalen Künstler, wie Nattali Rize und Cocoa Tea, seien im Terminal 2 gelandet. Wegen der Verzögerung habe man die Musiker kurzfristig mit Taxis abholen lassen müssen.
Die Zuschauer bemerken davon nichts, pünktlich um halb zehn steht Nattali Rize auf der Bühne. Neben sattem Elektro-Reggae hat sie auch eine politische Botschaft dabei. Sie hat die Worte auf einen Zettel geschrieben. Ihre Band spielt leise, während die Australierin auf Deutsch vorliest: „Wir erinnern uns, dass wir eine Familie sind, die gemeinsam auf dieser Erde ist. Und dass keine Frau, kein Mann, kein Kind illegal ist.“
Am Sonntag fällt nicht nur das Fazit von Veranstaltern und Fans positiv aus. Laut Rotem Kreuz und Polizei gab es keine größeren Zwischenfälle. Für Friedrich und seine Mitstreiter von Wulf United bedeutet das: Das Festival wird es auch im nächsten Jahr wieder geben.
zum Vorfall am Münchner Flughafen Eine Bildergalerie gibt es im Internet aichacher nachrichten.de/bilder