120 80 60 Unfall Stau Rettungsgasse!
Heute geht die erste Telematik-Anlage in der Region in Betrieb. Ein Computer hilft mit, dass Autofahrer schneller ans Ziel kommen und weniger Unfälle passieren. Was noch alles angezeigt werden kann – und was nicht drin ist
Augsburg Ab heute ist es soweit: An der B 17 geht die erste „Verkehrsbeeinflussungsanlage“im Raum Augsburg in Betrieb. Hinter dem sperrigen Begriff verbirgt sich ein datengestütztes System, das vollautomatisch die Geschwindigkeit auf der vierspurigen Bundesstraße regeln kann – und so dazu beitragen soll, Staus und Stillstand zu vermeiden. Wir sprachen mit Ulrich Heiß vom Staatlichen Bauamt Augsburg über Technik, Kosten, Ziele und Möglichkeiten.
Warum wurde die „Verkehrsbeeinflussungsanlage“aufgestellt?
Auf der B17 sind zwischen Königsbrunn und Augsburg werktäglich nahezu 70 000 Fahrzeuge unterwegs. Im Berufsverkehr am Morgen kommt es oft zu stockendem Verkehr und bisweilen zum Stillstand.
Was kann die Anlage dagegen tun?
Radardetektoren zählen die Autos: Sie können zwischen Pkw und Lkw unterscheiden. Ein Computer errechnet daraus das optimale Tempo, das auf den elektronischen Tafeln angezeigt wird. Faustregel: je mehr Autos, desto niedriger die Höchstgeschwindigkeit. Aber auch: Je mehr Autos gleich schnell fahren, desto weniger kommt es durch den „Ziehharmonika-Effekt“zu plötzlichen Bremsmanövern. Autofahrer sollen also nicht nur schneller ans Ziel kommen, sondern auch die Zahl der Unfälle soll sinken.
Wer steuert die Anlage?
Die Daten laufen in einem Rechner in einem Betonhäuschen nahe der FCA-Arena zusammen. Ins System sind während des Probebetriebs bestimmte Vorgaben eingepflegt worden, sodass dieses den Verkehr automatisch „steuern“kann.
Wer überwacht das System?
Die Anlage ist per Datenleitung verbunden mit dem Rechenzentrum der Autobahndirektion Südbayern München-Freimann. Dort kann auch manuell eingegriffen werden.
Was passiert bei einem Unfall?
Die Detektoren registrieren, wenn der Verkehr zum Stillstand kommt – und zeigt dann das Verkehrszeichen „Achtung, Stau!“an. Wenn die Polizei eine Spur sperren muss, kann sie das über die Zentrale in Freimann anzeigen lassen.
Was kann noch alles angezeigt werden?
Die Anlage „kennt“die gängigsten Verkehrszeichen: Baustelle, Überholverbot, Lkw-Überholverbot, Schleudergefahr, Gegenverkehr samt der dazugehörigen Symbole zum Aufheben des Verbots. Zudem gibt es schriftliche Hinweise wie Falschfahrer, Ölspur, Mäharbeiten, Lärmschutz, oder Rettungsgasse.
Gibt es auch Sensoren für Regen, Nebel oder Glätte?
Ja. Sensoren in der Fahrbahn und neben der B 17 messen Temperatur, Feuchte, Glätte oder Sichtweite – die Anlage wird das den Autofahrern dann anzeigen.
Was hat das Projekt gekostet?
Auf der zehn Kilometer langen Strecke zwischen Königsbrunn und Augsburg stehen eine große Schilderbrücke und sechs „Kragarme“mit Displays über der Straße. Zusammen mit Leitungen und Rechensystem hat das Staatliche Bauamt Augsburg rund fünf Millionen Euro investiert. Darin enthalten sind auch die zwei zusätzlichen Fahrstreifen zwischen Messe und Stadion.
Was passiert mit den Tempo120-Schildern am Straßenrand?
Diese werden durch die neue Anlage ersetzt und nicht mehr benötigt. Das bedeutet, dass man, wenn zum Beispiel die Straße trocken ist und kein Verkehr herrscht, auch mal wieder schneller als mit Tempo 120 in Richtung Augsburg fahren darf. Allerdings: Mit den Verkehrsbehörden von Stadt und Landkreis wurde verin einbart, dass vor dem Stadion auf jeden Fall auf das 120er-Limit gedrosselt wird, weil dann mehrere Aufund Abfahrten in kurzer Folge kommen.
Sind in der Anlage auch Blitzer eingebaut?
Nein, zumindest noch nicht. Auf den Schilderbrücken sind Kästchen vorhanden, in die Blitzer temporär oder fest eingebaut werden können. Nach Auskunft des Polizeipräsidiums Schwaben-Nord ist eine solche Blitzer-Überwachung auf der B17 derzeit nicht vorgesehen.
Kommen noch weitere Anlagen im Raum Augsburg?
Für „realisierungswürdig“hält das Bayerische Verkehrsministerium die Telematik auf der Autobahn A8 im Bereich Friedberg – Augsburg – Neusäß. Die Genehmigung aus Berlin steht aber noch aus. Seit dem Ausbau wird auf der A8 mehr und schneller gefahren. Die Unfallzahlen sind nach wie vor hoch.