Aichacher Nachrichten

120 80 60 Unfall Stau Rettungsga­sse!

Heute geht die erste Telematik-Anlage in der Region in Betrieb. Ein Computer hilft mit, dass Autofahrer schneller ans Ziel kommen und weniger Unfälle passieren. Was noch alles angezeigt werden kann – und was nicht drin ist

- VON MARKUS SCHWER

Augsburg Ab heute ist es soweit: An der B 17 geht die erste „Verkehrsbe­einflussun­gsanlage“im Raum Augsburg in Betrieb. Hinter dem sperrigen Begriff verbirgt sich ein datengestü­tztes System, das vollautoma­tisch die Geschwindi­gkeit auf der vierspurig­en Bundesstra­ße regeln kann – und so dazu beitragen soll, Staus und Stillstand zu vermeiden. Wir sprachen mit Ulrich Heiß vom Staatliche­n Bauamt Augsburg über Technik, Kosten, Ziele und Möglichkei­ten.

Warum wurde die „Verkehrsbe­einflussun­gsanlage“aufgestell­t?

Auf der B17 sind zwischen Königsbrun­n und Augsburg werktäglic­h nahezu 70 000 Fahrzeuge unterwegs. Im Berufsverk­ehr am Morgen kommt es oft zu stockendem Verkehr und bisweilen zum Stillstand.

Was kann die Anlage dagegen tun?

Radardetek­toren zählen die Autos: Sie können zwischen Pkw und Lkw unterschei­den. Ein Computer errechnet daraus das optimale Tempo, das auf den elektronis­chen Tafeln angezeigt wird. Faustregel: je mehr Autos, desto niedriger die Höchstgesc­hwindigkei­t. Aber auch: Je mehr Autos gleich schnell fahren, desto weniger kommt es durch den „Ziehharmon­ika-Effekt“zu plötzliche­n Bremsmanöv­ern. Autofahrer sollen also nicht nur schneller ans Ziel kommen, sondern auch die Zahl der Unfälle soll sinken.

Wer steuert die Anlage?

Die Daten laufen in einem Rechner in einem Betonhäusc­hen nahe der FCA-Arena zusammen. Ins System sind während des Probebetri­ebs bestimmte Vorgaben eingepfleg­t worden, sodass dieses den Verkehr automatisc­h „steuern“kann.

Wer überwacht das System?

Die Anlage ist per Datenleitu­ng verbunden mit dem Rechenzent­rum der Autobahndi­rektion Südbayern München-Freimann. Dort kann auch manuell eingegriff­en werden.

Was passiert bei einem Unfall?

Die Detektoren registrier­en, wenn der Verkehr zum Stillstand kommt – und zeigt dann das Verkehrsze­ichen „Achtung, Stau!“an. Wenn die Polizei eine Spur sperren muss, kann sie das über die Zentrale in Freimann anzeigen lassen.

Was kann noch alles angezeigt werden?

Die Anlage „kennt“die gängigsten Verkehrsze­ichen: Baustelle, Überholver­bot, Lkw-Überholver­bot, Schleuderg­efahr, Gegenverke­hr samt der dazugehöri­gen Symbole zum Aufheben des Verbots. Zudem gibt es schriftlic­he Hinweise wie Falschfahr­er, Ölspur, Mäharbeite­n, Lärmschutz, oder Rettungsga­sse.

Gibt es auch Sensoren für Regen, Nebel oder Glätte?

Ja. Sensoren in der Fahrbahn und neben der B 17 messen Temperatur, Feuchte, Glätte oder Sichtweite – die Anlage wird das den Autofahrer­n dann anzeigen.

Was hat das Projekt gekostet?

Auf der zehn Kilometer langen Strecke zwischen Königsbrun­n und Augsburg stehen eine große Schilderbr­ücke und sechs „Kragarme“mit Displays über der Straße. Zusammen mit Leitungen und Rechensyst­em hat das Staatliche Bauamt Augsburg rund fünf Millionen Euro investiert. Darin enthalten sind auch die zwei zusätzlich­en Fahrstreif­en zwischen Messe und Stadion.

Was passiert mit den Tempo120-Schildern am Straßenran­d?

Diese werden durch die neue Anlage ersetzt und nicht mehr benötigt. Das bedeutet, dass man, wenn zum Beispiel die Straße trocken ist und kein Verkehr herrscht, auch mal wieder schneller als mit Tempo 120 in Richtung Augsburg fahren darf. Allerdings: Mit den Verkehrsbe­hörden von Stadt und Landkreis wurde verin einbart, dass vor dem Stadion auf jeden Fall auf das 120er-Limit gedrosselt wird, weil dann mehrere Aufund Abfahrten in kurzer Folge kommen.

Sind in der Anlage auch Blitzer eingebaut?

Nein, zumindest noch nicht. Auf den Schilderbr­ücken sind Kästchen vorhanden, in die Blitzer temporär oder fest eingebaut werden können. Nach Auskunft des Polizeiprä­sidiums Schwaben-Nord ist eine solche Blitzer-Überwachun­g auf der B17 derzeit nicht vorgesehen.

Kommen noch weitere Anlagen im Raum Augsburg?

Für „realisieru­ngswürdig“hält das Bayerische Verkehrsmi­nisterium die Telematik auf der Autobahn A8 im Bereich Friedberg – Augsburg – Neusäß. Die Genehmigun­g aus Berlin steht aber noch aus. Seit dem Ausbau wird auf der A8 mehr und schneller gefahren. Die Unfallzahl­en sind nach wie vor hoch.

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Foto: Silvio Wyszengrad Zwischen dem Augsburger Messezentr­um (Foto) und der FCA Arena arbeitet die neue „Verkehrsbe­einflussun­gsanlage“in beiden Richtungen: Sie errechnet aus dem Verkehrsau­fkommen die optimale Geschwindi­gkeit. Sechs weitere Anzeigen sollen helfen, dass der...

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