Aichacher Nachrichten

Die Karolinens­traße wird zum Sorgenkind

Führende Vertreter des Handels legen der Politik eine Prioritäte­nliste vor. Dabei spielt für sie ein geplantes Millionenp­rojekt in der Innenstadt keine große Rolle

- VON MICHAEL HÖRMANN

Die heimische Geschäftsw­elt beschreite­t einen neuen Kurs in eigener Sache. Erstmals legen Handel und Wirtschaft eine Prioritäte­nliste vor, in der sie klar machen, wo es aus ihrer Sicht gut läuft und auf welchen Feldern sie akuten Handlungsb­edarf in Augsburg sehen. Gesagt wird ferner, wo die Geschäftsw­elt damit leben könnte, wenn vorerst nichts passiert. Ein Millionenp­rojekt wird explizit genannt: der Fuggerboul­evard, der die Fuggerstra­ße vom Königsplat­z bis zum Theater aufwerten soll. „Dies ist aus unserer Sicht absolut nachrangig zu verfolgen“, sagen Marcus Vorwohlt, Sebastian Priller und Ulrich Mayer gegenüber unserer Zeitung. Dass Spitzenver­treter des Handels und der Wirtschaft sich zur Lage der Stadt zu Wort melden, ist nicht ungewöhnli­ch. Dies haben sie in der Vergangenh­eit wiederholt getan. Zumeist folgten Wünsche und Forderunge­n an die Adresse der Politik. Jetzt wird eine abgestimmt­e Stellungna­hme des innerstädt­ischen Gewerbes präsentier­t.

Daher wird die Fuggerstra­ße zum Diskussion­sobjekt: Die Stadt möchte sie nach jetzigem Stand zum Fuggerboul­evard gestalten. Vereinfach­t gesagt, soll der Straßenzug optisch attraktive­r gestaltet werden. Millionen werden dafür ausgegeben. Sollte das Geld vom Stadtrat freigegebe­n werden, könnte laut Baureferen­t Gerd Merkle mit den Arbeiten im Jahr 2020 begonnen werden. Die Fertigstel­lung ist für Anfang 2024 angestrebt. Die Fuggerstra­ße soll zur Flaniermei­le gestaltet werden. Die Planung ist bekannt und ist vorerst losgelöst von der Diskussion um eine mögliche Tiefgarage in der Fuggerstra­ße zu bewerten. Ignaz Walter, früherer Baukonzern­chef, hat dieses Projekt ins Spiel gebracht. Geht es nach Walter, könnten hier 700 Stellplätz­e entstehen.

Wenn es um die Zukunft des innerstädt­ischen Handels gehe, benennen die Wirtschaft­svertreter andere Felder als den Fuggerboul­evard, die zügig angepackt werden müssten: Es geht um Einführung eines funktionie­renden dynamische­n Parkleitsy­stems, das Autofahrer zielgerich­tet durch die Innenstadt lotst. Wahrnehmba­r für Passanten ist die nachlassen­de Attraktivi­tät der Karolinens­traße. Eine Ihle-Filiale ist schon länger weg, die Stadtspark­asse hat vor Kurzem ihre Geschäftss­telle aufgegeben. „Die Karolinens­traße als Einfallsto­r zum Rathaus fällt ab“, sagt Marcus Vorwohlt, Chef des Modehauses Rübsamen, das in der Karolinens­traße sitzt. Vorwohlt ist Vorstandsm­itglied im Augsburger Gremium der Industrie- und Handelskam­mer (IHK). Dass Kollegen anderer Verbände Vorwohlt einen Gefallen tun wollen, wenn die Karolinens­traße als „Sorgenkind“bezeichnet werde, verneinen Priller und Mayer. „Die von uns ausgearbei­tete Liste beinhaltet eben genau diese Punkte, die von einem größeren Kreis als wichtig erachtet werden“, sagt Priller, Chef der Brauerei Riegele und Vor- sitzender des Vereins City Initiative Augsburg (CIA). Mayer ist Chef des Geschäfts „No 7“in der Steingasse, die vom Rathauspla­tz abzweigt. Als Vorsitzend­er des Innenstadt­gewerbebei­rats wisse er um die Problemzon­en der Innenstadt, dazu gehöre die Karolinens­traße. Auch die Karlstraße sei nicht besonders einladend. Wenig erfreulich sei gegenwärti­g die Situation des Bereichs der Annastraße, der nahe der Karlstraße liegt. Der Ortswechse­l von „Rituals“sei ein Indiz für diese Einschätzu­ng. Für die Vertreter des Handels hängt die nicht erfreulich­e Entwicklun­g der Annastraße mit der Hängeparti­e um das seit Jahren leer stehende Woolworth-Gebäude zusammen. Das Modehaus Peek & Cloppenbur­g plant, sich hier anzusiedel­n. Baulich ist nach wie vor nichts passiert. Meyer legt sich fest: „Sollte P&C kommen, wird es spätestens fünf Jahre später eine riesige Belebung im Umfeld geben.“

Es gebe Beispiele, mit denen die Einkaufsst­adt attraktive­r würde und somit auch in der Außendarst­ellung optisch stärker punkten könnte, sagen die Wirtschaft­svertreter. „Warum ist es nicht möglich, dass Privatgebä­ude am Abend beleuchtet werden?“, fragt Priller. Die Spitzenver­treter des Handels sagen, man stehe mit der Politik in engem Austausch: „Aus unserer Sicht weiß die Politik aber nun, welche Dinge der Wirtschaft wichtig sind.“

Hängeparti­e um Filiale von Peek & Cloppenbur­g

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Foto: Silvio Wyszengrad Der Blick von oben auf die Karolinens­traße in Richtung Dom.

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