Die Karolinenstraße wird zum Sorgenkind
Führende Vertreter des Handels legen der Politik eine Prioritätenliste vor. Dabei spielt für sie ein geplantes Millionenprojekt in der Innenstadt keine große Rolle
Die heimische Geschäftswelt beschreitet einen neuen Kurs in eigener Sache. Erstmals legen Handel und Wirtschaft eine Prioritätenliste vor, in der sie klar machen, wo es aus ihrer Sicht gut läuft und auf welchen Feldern sie akuten Handlungsbedarf in Augsburg sehen. Gesagt wird ferner, wo die Geschäftswelt damit leben könnte, wenn vorerst nichts passiert. Ein Millionenprojekt wird explizit genannt: der Fuggerboulevard, der die Fuggerstraße vom Königsplatz bis zum Theater aufwerten soll. „Dies ist aus unserer Sicht absolut nachrangig zu verfolgen“, sagen Marcus Vorwohlt, Sebastian Priller und Ulrich Mayer gegenüber unserer Zeitung. Dass Spitzenvertreter des Handels und der Wirtschaft sich zur Lage der Stadt zu Wort melden, ist nicht ungewöhnlich. Dies haben sie in der Vergangenheit wiederholt getan. Zumeist folgten Wünsche und Forderungen an die Adresse der Politik. Jetzt wird eine abgestimmte Stellungnahme des innerstädtischen Gewerbes präsentiert.
Daher wird die Fuggerstraße zum Diskussionsobjekt: Die Stadt möchte sie nach jetzigem Stand zum Fuggerboulevard gestalten. Vereinfacht gesagt, soll der Straßenzug optisch attraktiver gestaltet werden. Millionen werden dafür ausgegeben. Sollte das Geld vom Stadtrat freigegeben werden, könnte laut Baureferent Gerd Merkle mit den Arbeiten im Jahr 2020 begonnen werden. Die Fertigstellung ist für Anfang 2024 angestrebt. Die Fuggerstraße soll zur Flaniermeile gestaltet werden. Die Planung ist bekannt und ist vorerst losgelöst von der Diskussion um eine mögliche Tiefgarage in der Fuggerstraße zu bewerten. Ignaz Walter, früherer Baukonzernchef, hat dieses Projekt ins Spiel gebracht. Geht es nach Walter, könnten hier 700 Stellplätze entstehen.
Wenn es um die Zukunft des innerstädtischen Handels gehe, benennen die Wirtschaftsvertreter andere Felder als den Fuggerboulevard, die zügig angepackt werden müssten: Es geht um Einführung eines funktionierenden dynamischen Parkleitsystems, das Autofahrer zielgerichtet durch die Innenstadt lotst. Wahrnehmbar für Passanten ist die nachlassende Attraktivität der Karolinenstraße. Eine Ihle-Filiale ist schon länger weg, die Stadtsparkasse hat vor Kurzem ihre Geschäftsstelle aufgegeben. „Die Karolinenstraße als Einfallstor zum Rathaus fällt ab“, sagt Marcus Vorwohlt, Chef des Modehauses Rübsamen, das in der Karolinenstraße sitzt. Vorwohlt ist Vorstandsmitglied im Augsburger Gremium der Industrie- und Handelskammer (IHK). Dass Kollegen anderer Verbände Vorwohlt einen Gefallen tun wollen, wenn die Karolinenstraße als „Sorgenkind“bezeichnet werde, verneinen Priller und Mayer. „Die von uns ausgearbeitete Liste beinhaltet eben genau diese Punkte, die von einem größeren Kreis als wichtig erachtet werden“, sagt Priller, Chef der Brauerei Riegele und Vor- sitzender des Vereins City Initiative Augsburg (CIA). Mayer ist Chef des Geschäfts „No 7“in der Steingasse, die vom Rathausplatz abzweigt. Als Vorsitzender des Innenstadtgewerbebeirats wisse er um die Problemzonen der Innenstadt, dazu gehöre die Karolinenstraße. Auch die Karlstraße sei nicht besonders einladend. Wenig erfreulich sei gegenwärtig die Situation des Bereichs der Annastraße, der nahe der Karlstraße liegt. Der Ortswechsel von „Rituals“sei ein Indiz für diese Einschätzung. Für die Vertreter des Handels hängt die nicht erfreuliche Entwicklung der Annastraße mit der Hängepartie um das seit Jahren leer stehende Woolworth-Gebäude zusammen. Das Modehaus Peek & Cloppenburg plant, sich hier anzusiedeln. Baulich ist nach wie vor nichts passiert. Meyer legt sich fest: „Sollte P&C kommen, wird es spätestens fünf Jahre später eine riesige Belebung im Umfeld geben.“
Es gebe Beispiele, mit denen die Einkaufsstadt attraktiver würde und somit auch in der Außendarstellung optisch stärker punkten könnte, sagen die Wirtschaftsvertreter. „Warum ist es nicht möglich, dass Privatgebäude am Abend beleuchtet werden?“, fragt Priller. Die Spitzenvertreter des Handels sagen, man stehe mit der Politik in engem Austausch: „Aus unserer Sicht weiß die Politik aber nun, welche Dinge der Wirtschaft wichtig sind.“
Hängepartie um Filiale von Peek & Cloppenburg