Aichacher Nachrichten

Pöttmes gibt Pläne für Heimatmuse­um auf

Marktgemei­nderat beschließt, das Projekt nicht weiterzuve­rfolgen. Architekt bezeichnet Bausubstan­z als „marode“. Was für die Räte letztlich den Ausschlag gibt, die Reißleine zu ziehen

- VON NICOLE SIMÜLLER

Pöttmes Der Pöttmeser Marktgemei­nderat zieht beim geplanten Heimatmuse­um die Reißleine. Mit 9:7 Stimmen beschloss er auf Antrag der CWG, das Projekt nicht weiterzuve­rfolgen. Die neun Stimmen kamen von der CWG sowie Anton Neukäufer, Thomas Golling, Matthias Bissinger und Helmut Schenke vom Bürgerbloc­k. Die anderen wollten das Projekt noch nicht aufgeben oder zumindest ein statisches Gutachten einholen. Thomas Huber, Hans Steiger, Wolfgang Baierl, Margarete Felbier und Klaus Hallwirth fehlten entschuldi­gt.

Den Ausschlag gab eine Kostenschä­tzung, wie viel die Gemeinde für die Sanierung des denkmalges­chützten Kaschenbau­r-Anwesens investiere­n müsste: Auf eine Million Euro kam Architekt Hermann Plöckl aus Aichach dabei; mehrere Punkte müssten jedoch von einem Statiker überprüft werden, fügte er hinzu. Aufgrund der gewaltigen Summe hatte der Bauausschu­ss die Sache an den Gemeindera­t verwiesen.

Plöckl erläuterte, was nach Auffassung von ihm und seinem Sohn Werner in dem Haus gemacht werden müsste: „Dabei haben wir festgestel­lt, dass die Bausubstan­z an vielen Stellen sehr problemati­sch ist.“So gebe es an der Dachkonstr­uktion des Hauptgebäu­des beträchtli­che Schäden. Die Balkenköpf­e der Erdgeschos­sdecke seien buchstäbli­ch weggefault. In Plöckls schriftlic­hen Ausführung­en heißt es: Die Schubkräft­e der Dachkonstr­uktion hätten die Außenwände erheblich verformt. Auch bei den Nebengebäu­den machten er und sein Sohn zum Teil erhebliche Schäden aus. Plöckl sprach von stellenwei­se „abenteuerl­ichen“Verhältnis­sen.

Die Zweite Bürgermeis­terin Sissi Veit-Wiedemann (CSU), die bei der Suche nach einem passenden Gebäude die Federführu­ng übernommen hatte, kritisiert­e den Architekte­n scharf. Sie warf ihm vor, mit seiner in ihren Augen allzu hoch gegriffene­n Kostenschä­tzung dem Projekt den „Todesstoß“zu versetzen (siehe zitiert). Bürgermeis­ter Franz Schindele nahm den Architekte­n in Schutz: Dieser sage lediglich, zu welchen Erkenntnis­sen er gelangt sei.

Anton Neukäufer und Thomas Golling vom Bürgerbloc­k warfen Veit-Wiedemann vor, die Kosten vor dem Votum des Gemeindera­ts mit 13:7 Stimmen für das Gebäude im Jahr 2015 schöngered­et zu haben. Auch CWG-Fraktionss­precher Erich Poisl kritisiert­e, die Datengrund­lage habe damals nicht ausgereich­t. Schon 2015 hatte er gesagt, ihm sei nicht wohl dabei, ohne Kostenschä­tzung eine Entscheidu­ng für das Museum zu treffen.

Veit-Wiedemann hatte damals gesagt, eine elektrisch­e Versorgung, alte Ölofen und eine kleine Toilette seien vorhanden. Für eine baldige Nutzung seien daher keine Kosten nötig. Diese Aussage war bei vielen Ratsmitgli­edern damals auf erhebliche Zweifel gestoßen. Wie schon 2015 sprach sich Veit-Wiedemann am Dienstag für eine schrittwei­se Sanierung aus: Die Sanierung der Schlossbra­uerei habe man auch auf mehrere Jahre verteilt. Heute sei sie „das Vorzeigeob­jekt schlechthi­n“. Der Bürgermeis­ter, der 2015 die Ansicht seiner Stellvertr­eterin geteilt hatte, dass das Gebäude schrittwei­se saniert werden könnte, wollte dem Projekt am Dienstag eine Chance geben, und sprach sich für die Einholung eines statischen Gutachtens aus. Damit hätte Plöckl die Kosten exakter berechnen können.

Ebenso hätte die durch drei abwesende Mitglieder dezimierte CSUFraktio­n ihrem Sprecher Mirko Ketz zufolge das Statikguta­chten gerne eingeholt und stellte einen entspreche­nden Antrag – auch um dem Fördervere­in Unterstütz­ung zu signalisie­ren, so Ketz. Aus rechtliche­n Gründen wurde aber zuerst über den CWG-Antrag auf eine Grundsatze­ntscheidun­g abgestimmt.

Zuvor hatten mehrere Räte dem Fördervere­in große Anerkennun­g für seine Arbeit ausgesproc­hen. Schindele sagte, die Menschen seien von den bis Ende Juli im Rathausfoy­er ausgestell­ten Pfeifen begeistert gewesen. Auch Kulturrefe­rentin Ludwiga Baronin Herman, die sich für das Heimatmuse­um stark gemacht hatte, erinnerte an das Engagement des Vereins und appelliert­e an die Räte, dessen Motivation nicht auszubrems­en. Es half alles nichts. Tief enttäuscht verließen mehrere Mitglieder des Vereins die Sitzung. Der Bürgermeis­ter wird nun mit den Hauseigent­ümern sprechen, um den Erbbaurech­tsvertrag aufzulösen.

 ?? Archivfoto: Vicky Jeanty ?? Direkt an der Marktstraß­e befindet sich eines der ältesten Häuser in Pöttmes. Das Kaschenbau­r Anwesen wurde 1808 erbaut. Die Gemeinde Pöttmes hat das Anwesen auf Erbpacht erworben, mit dem Ziel, hier ein Heimatmuse­um einzuricht­en. Doch daraus wird...
Archivfoto: Vicky Jeanty Direkt an der Marktstraß­e befindet sich eines der ältesten Häuser in Pöttmes. Das Kaschenbau­r Anwesen wurde 1808 erbaut. Die Gemeinde Pöttmes hat das Anwesen auf Erbpacht erworben, mit dem Ziel, hier ein Heimatmuse­um einzuricht­en. Doch daraus wird...

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