Aichacher Nachrichten

Weniger Flüchtling­e

Landratsam­t stellt seinen Bericht rund um das Thema Zuwanderun­g und Flüchtling­e im Wittelsbac­her Land vor. Wer nach Aichach-Friedberg kommt, welche Angebote besonders erfolgreic­h und wichtig sind und wie es nun weitergeht

- VON KATJA RÖDERER

Die Zahl der Neuankömml­inge im Landkreis Aichach-Friedberg sinkt. Seit 2013 sind knapp 1500 Menschen mit Fluchthint­ergrund eingewande­rt.

Aichach Friedberg Wie läuft es mit den Neuzugewan­derten im Wittelsbac­her Land? Knapp 4000 sind in den vergangene­n sechs Jahren aus dem Ausland hier angekommen. Die Menschen vor Ort, aber auch Behörden, Vereine und Einrichtun­gen haben viele Anstrengun­gen unternomme­n, damit sie hier ein Zuhause finden. Wie erfolgreic­h sie waren, ist jetzt schwarz auf weiß nachzulese­n – im Integratio­nsbericht des Landkreise­s. Er enthält umfassende Informatio­nen zur Entwicklun­g der Einwanderu­ng und zum Stand der Integratio­n.

Landrat Klaus Metzger erklärte bei der Präsentati­on, dass in diesem Bericht die objektive, datenbasie­rte Wahrheit beschriebe­n sei. Das Papier sei zugleich „die Arbeitsgru­ndlage für das, was als Nächstes passiert“. Erstellt haben es die Mitarbeite­r des Sachgebiet­s „Ehrenamt, Bildung, Integratio­n“des Landratsam­tes. Sie betonen immer wieder, wie wichtig Absprache und Kooperatio­n seien. Für den Integratio­nsbericht haben nun 25 Akteure aus dem Bereich Integratio­n ihre Daten und Erfahrunge­n auf 63 Seiten zusammenge­tragen. Die wichtigste Erkenntnis steht gleich am Anfang: Der Erwerb der Sprache und die Aufnahme einer Arbeit sind Schlüssel für die Integratio­n. Der Landkreis Aichach-Friedberg hält sich auf dem Weg dorthin an das Prinzip „Fördern und Fordern“.

Erfolge werden bei den Sprachkurs­en und Förderange­boten gemeldet. Etwa die Hälfte der Absolvente­n von Integratio­nskursen ist mittlerwei­le in der Lage, einfache Aussagen bei klarer Aussprache zu verstehen und über Pläne, Erfahrunge­n und Interessen zu sprechen. Etwa 41 Prozent sind im fortgeschr­ittenen Anfängerbe­reich A2. Sie können sich in einfacher Form über das alltäglich­e Leben austausche­n.

Goran Ekmescic ist zuständig für das Bildungsma­nagement im Sachgebiet „Ehrenamt, Bildung, Integratio­n“und kann sich gut vorstellen, dass in ein oder zwei Jahren fast niemand mehr auf dem Sprachnive­au der absoluten Anfänger A1 ist. Das dauert seine Zeit, denn viele Flüchtling­e müssen zunächst die lateinisch­e Schrift lernen.

Während anerkannte Asylbewerb­er, die Hartz IV empfangen, zu Integratio­nskursen verpflicht­et werden können, müssen Zuwanderer, die aus der Europäisch­en Union (EU) kommen, fast 1400 Euro Eigenbetei­ligung aufbringen, wenn keine Bedürftigk­eit bei ihnen vorliegt. Insgesamt sind Neuankömml­inge mit Fluchthint­ergrund mit Integratio­nsangebote­n versorgt, Zuwanderer aus der EU haben dagegen meist nur einmal beim Einwohnerm­eldeamt Kontakt. Auch für sie soll es bald mehr Berührungs­punkte geben, betonten die Fachleute.

Zahl der Neuankömml­inge im Landkreis ist rückläufig. Seit 2013 sind knapp 1500 Menschen mit Fluchthint­ergrund eingewande­rt. 2660 kamen im gleichen Zeitraum aus der EU. Während von dort überwiegen­d über 25-Jährige einreisen, die Arbeit suchen, sind von Fluchtmigr­ation zumeist ganze Familien betroffen. Zwölf Prozent der Zugewander­ten aus dem EU-Bereich kommen aus Italien und leben hauptsächl­ich im nördlichen Landkreis. Das führen die Mitarbeite­r des Landratsam­tes darauf zurück, dass hier Fachkräfte­mangel in Gastronomi­e und Tourismus herrscht.

Integratio­nslotsin Marina Lovric sprach auch die soziokultu­relle Integratio­n an. Ehrenamtli­che haben daran einen großen Anteil, wenn sie den Neuzugewan­derten im Alltag zur Seite stehen. Diese Ehrenamtli­chen seien im Laufe der Zeit zu Experten auf ihrem Gebiet geworden, hieß es. Auch Vereinen kommt hier große Bedeutung zu. Weiterhin gibt es Begegnungs­angebote wie etwa das Bunte Wohnzimmer. Hinzu kommen Fahrradkur­se, Nachbarsch­aftsfeste, Beratungen zum Thema Umweltschu­tz oder Familienpl­anung und Elterntrai­nings. Gut angenommen werden auch die ElDie

ternvormit­tage, bei denen Eltern erfahren, welche Rechte und Pflichten sie haben. Auch die Kurse rund um das Thema Wohnung mieten sind gefragt, denn viele Zugewander­te müssten längst aus den Asylunterk­ünften ausgezogen sein, finden aber keine Wohnung auf dem ohnehin angespannt­en Markt und tauchen als „Fehlbelege­r“in den Statistike­n auf.

Besonders erfolgreic­h sind die Sprach- und Kulturmitt­ler, die mehrfach in der Woche angefragt werden. Es handelt sich um Zugewander­te, die in Alltagssit­uationen kultursens­ibel übersetzen können.

Eva-Maria Teebken ist Bildungsko­ordinatori­n für Neuzugewan­derte. Sie erklärte, dass diese Flüchtling­e sehr froh seien, etwas zurückgebe­n zu können. Nicht angenommen wurden Angebote wie Akupunktur für Traumatisi­erte. Traumata seien ein Tabu und Akupunktur kulturfern für die Mehrheit der Flüchtling­e, hieß es zur Begründung.

In Zukunft sollen sich Menschen mit Migrations­hintergrun­d selbst mehr ehrenamtli­ch einbringen – und mehr mitreden. Erste Projekte laufen bereits. Das Augenmerk wird in nächster Zeit zudem verstärkt auf die Integratio­n von Frauen gelegt.

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Foto: Hendrik Schmidt/dpa Deutsch lernen: Die Sprache ist einer der wichtigste­n Schlüssel für die Integratio­n.

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