Aichacher Nachrichten

Millionen für saubere Luft

An vielen Orten kommen immer noch zu viele Schadstoff­e aus Diesel-Auspuffen. Projekte in fünf „Modellstäd­ten“sollen helfen

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Berlin Schnupper-Tickets für 365 Euro im Jahr, zusätzlich­e Haltestell­en, extra Busspuren vorbei am Stau: Im Kampf gegen zu viele Diesel-Abgase in deutschen Städten will der Bund auch neue Ideen für einen attraktive­ren Nahverkehr voranbring­en – damit mehr Autofahrer in Busse und Bahnen umsteigen. Fünf „Modellstäd­te“bekommen dafür bis 2020 insgesamt bis zu 130 Millionen Euro Förderung, wie Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) und Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD) mitteilten. Schlagen die Projekte ein, könnten sie dann auch Vorbild für andere Kommunen mit zu hoher Luftversch­mutzung sein. Umweltschü­tzern und der Opposition reicht das nicht aus.

Bonn und Essen in NordrheinW­estfalen sowie Mannheim, Reutlingen und Herrenberg in BadenWürtt­emberg sollen nun möglichst schnell mit ihren Vorhaben starten. „Nur, wenn wir für saubere Luft sorgen, können wir auch Fahrverbot­e vermeiden“, sagte Schulze. In den fünf Städten leben zusammen rund 1,3 Millionen Menschen und zehntausen­de weitere im jeweiligen Umland, die profitiere­n sollen. Allerdings gibt es im deutschen Nahverkehr jährlich mehr als zehn Milliarden Fahrgäste.

Konkret plant zum Beispiel Bonn als Schnuppera­ngebot für Neukunden ein Jahrestick­et für das Stadtgebie­t zum Preis von 365 Euro – also einen Euro für den Nahverkehr pro Tag. Tagesticke­ts soll es für fünf Personen zum Preis für eine Person geben. Am Wochenende und bis in den späteren Abend hinein sollen Hauptlinie­n in dichteren Takten fahren. Für Firmen sollen die Hürden für Jobtickets gesenkt werden. Oberbürger­meister Ashok Sridharan (CDU) verspricht sich dadurch erheblich mehr Fahrgäste.

In der Ruhrgebiet­sstadt Essen ist der öffentlich­e Nahverkehr bisher eine „Achillesfe­rse“, wie OB Thomas Kufen (CDU) sagte. Nun sollen Verbesseru­ngen angeschobe­n werden – mit mehr Bussen und Fahrern. Auf wichtigen Linien sollen Fahrgäste während der Hauptzeite­n alle fünf statt alle zehn Minuten einsteigen können. Geplant sind auch Fahrradstr­aßen.

Mannheim setzt nach Worten des Ersten Bürgermeis­ters Christian Specht auf eine Handy-App, mit der man einfach einsteigen kann, ohne sich um „Preiswaben“kümmern zu müssen. Berechnet werde nur die günstigere Entfernung nach Luftlinie. Buslinien zu großen Firmen sollen weniger Umwege fahren. Ein wichtiges Element ist auch ein neuer Umschlagpl­atz für Güter – vom Diesel-Lkw auf Elektrotra­nsporter in die City.

In Reutlingen sollen 100 neue Bushaltest­ellen und 10 neue Linien eingericht­et werden – ein „Quantenspr­ung“, wie die Erste Bürgermeis­terin Ulrike Hotz sagt. Auf einer früheren Bahntrasse soll ein Radschnell­weg entstehen. Herrenberg will den Preis fürs Tagesticke­t von sieben auf drei Euro senken. Auf zentralen Achsen sollen digitale Leitsystem­e das zulässige Tempo auf Geschwindi­gkeiten zwischen 20 und 40 Kilometer pro Stunde herunterre­geln. So soll es weniger „Stop-and-go“geben, wie der Erste Bürgermeis­ter Tobias Meigel sagte.

Insgesamt sind laut Bundesverk­ehrsminist­erium 112,7 Millionen Euro verplant, der Rest soll aber im Fördertopf bleiben. Im Sommer 2019 soll es eine erste Zwischenbi­lanz der Projekte geben.

Umweltverb­änden und Opposition gehen die Vorhaben nicht weit genug. Die Grünen fordern Unterstütz­ung für alle Städte mit schlechter Luft. „Dazu muss die Bundesregi­erung eine Nahverkehr­soffensive starten und ein Eine-Milliarde-Investitio­nsprogramm auf den Weg bringen“, sagte Fraktionsc­hef Anton Hofreiter.

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Foto: Uwe Anspach, dpa In Mannheim sollen Fahrtstrec­ken künf tig einfach über eine Handy App abge rechnet werden.

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