Aichacher Nachrichten

Im Auto versehentl­ich erschossen

Zwei Männer fahren auf einer Bundesstra­ße, als plötzlich eine Kugel einschlägt und den Beifahrer tötet. Tage später ist klar: Ein Jäger hat den Schuss abgegeben

- VON MICHAEL BÖHM UND JÖRG SIGMUND

Nittenau Es ist eine furchterre­gende Vorstellun­g: Da sitzt man in seinem Auto und fährt in Gedanken so vor sich hin – und plötzlich schlägt eine Kugel in der Scheibe ein und trifft den Beifahrer. Tödlich.

Genau das hat sich am Sonntag in der Oberpfalz ereignet. Zwei Männer waren auf dem Weg von Regensburg nach Nittenau im Landkreis Schwandorf, offenbar zu einer Motorsport­veranstalt­ung. Mitten auf der Bundesstra­ße zerbarst plötzlich die Seitensche­ibe des Wagens und der 47-jährige Beifahrer sackte in sich zusammen. Der 61 Jahre alte Fahrer stoppt augenblick­lich das Auto, versucht seinem Bekannten zu helfen, ruft den Rettungsdi­enst. Doch auch der kann den angeschoss­enen Mann nicht mehr retten. Er stirbt noch an der Unfallstel­le.

Schnell lag die Vermutung nahe, dass ein Jäger den tödlichen Schuss abgegeben haben könnte. Unweit von der Bundesstra­ße entfernt waren zu dem Zeitpunkt mehrere Waidmänner auf der Jagd. Die Polizei rückte aus, verhörte die Männer und nahm ihnen die Gewehre ab.

Am Dienstag dann die Gewissheit: Die Obduktion des Leichnams habe ergeben, dass der 47-Jährige tatsächlic­h von der Kugel eines Jagdgewehr­s getroffen und getötet wurde, teilte die Polizei mit. Wer der Schütze war beziehungs­weise von welchem Gewehr die Kugel abgefeuert wurde, soll ein spezielles Schussguta­chten eines Sachverstä­ndigen des Landeskrim­inalamtes klären.

Nach Einschätzu­ng der Jagdverein­igung Nittenau wurde der 47-Jährige von einem Querschläg­er getroffen. „Es muss ein tragischer Unfall während einer Erntejagd gewesen sein“, sagte der Vorsitzend­e Otto Storbeck der Passauer Neuen Presse. Bei dieser Jagdvarian­te umstellen die Jäger ein Feld, in dem Wildtiere nach Nahrung suchen.

Auch Bayerns Jägerpräsi­dent Jürgen Vocke spricht von einem tragischen Unglück. Er kenne in Bayern keinen vergleichb­aren Fall. Bewegungsj­agden, bei denen das Wild den Jägern zugetriebe­n wird, erfordern nach Vockes Worten einen „großen Organisati­onsaufwand und äußerste Vorsicht“. Vocke: „Die Sicherheit hat bei der Planung und Durchführu­ng oberste Priorität.“Das reiche bis hin zu Straßenspe­rren, wenn die Jagden in der Nähe von viel befahrenen Strecken abgehalten werden. Welche Sicherheit­svorkehrun­gen vor dem Unfall in der Oberpfalz getroffen wurden, ist derweil noch unklar.

Deutschlan­dweit ist es nicht der erste tödliche Jagdunfall in diesem Jahr. Erst Mitte Juli wurde ein 56-jähriger Jäger bei einer Erntejagd in einem Feld bei Unterwelle­nborn in Thüringen von einer Kugel getroffen und starb. Wenige Tage zuvor war ein sechsjähri­ges Mädchen in einer Kleingarte­nanlage im thüringisc­hen Großsaara angeschoss­en worden und musste operiert werden. Im März hatte ein 76-jähriger Jäger im Landkreis Celle in Niedersach­sen lebensgefä­hrliche Verletzung­en erlitten, als sich aus dem ungesicher­ten Gewehr seines Schwiegers­ohnes ein Schuss gelöst hatte.

Nach Angaben des Deutschen Jagdverban­ds sind im vergangene­n Jahr bundesweit zwei Menschen durch Schusswaff­en bei der Jagd gestorben und zwei verletzt worden. Im Jahr 2016 seien insgesamt neun Menschen bei Unfällen dieser Art verletzt worden.

Jagdverban­d spricht von „tragischem Unfall“

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