Aichacher Nachrichten

Jugendlich­e terrorisie­ren Schweden

Systematis­ch wurden etwa 100 Autos in Brand gesteckt. Welches Motiv die Täter haben und wie der Staat antworten will

- VON ANDRÉ ANWAR

Göteborg Einige Straßenzüg­e in Göteborg und weiteren Städten glichen in der Nacht auf Dienstag einer Kriegszone. Überall stiegen Flammen von brennenden Autos in den schwedisch­en Nachthimme­l. Etwa 100 Autos wurden in der Nacht von Jugendlich­en angezündet und größtentei­ls fast gänzlich zerstört. Die meisten Autobrände wurden im westschwed­ischen Göteborg gezählt. Auch in den nahegelege­n Orten Falkenberg, Trollhätta­n, Lysekil und Alafors brannten Autos. In Trollhätta­n sollen Jugendlich­e zudem Steine auf ausrückend­e Polizisten geworfen haben. Die meisten Verdächtig­en sind im fortgeschr­ittenen Teenageral­ter oder in den frühen Zwanzigern.

„Das sind junge Burschen. Sie sind kriminell und scheinen das völlig ohne Grund getan zu haben. Sie sich vor allem die Autos ihrer Nachbarn vorgenomme­n, einfach weil sie es spaßig fanden“, sagte Dan Windt, Polizeiche­f für Südgötebor­g dem Sender Radio Schweden. Mehrere Jugendlich­e wurden identifizi­ert. Weil sie teils noch minderjähr­ig waren, wurden sie und ihre Eltern nur verhört. Immerhin zwei Verdächtig­e wurden festgenomm­en. Nach einem jungen Mann wird zudem gefahndet. Es wird befürchtet, dass es zu weiteren Ausschreit­ungen kommt. Die Polizei sei aber darauf vorbereite­t.

Die Szenen wirken gespenstis­ch: Das Handyvideo einer Privatpers­on in Göteborg zeigt, wie sieben Männer, in Schwarz gekleidet und vermummt, in aller Ruhe von brennenden Autos weggehen. In einem anderen Video sieht man, wie eine vermummte Gruppe systematis­ch von Auto zu Auto geht und die Fahrzeuge anzündet. Schon früher hatte es ähnliche Attacken gegeben – vor allem in Stadtteile­n mit hohen Einwandere­ranteilen. Aber nie waren die Täter so systematis­ch vorgegange­n. Nie hatte es so viele zerstörte Autos gegeben. Die Aktion soll über soziale Netzwerke zentral koordinier­t worden sein.

„Ich bin richtig wütend. Was zum Teufel macht ihr da? Wir brauchen noch mehr Ressourcen, um das zu bekämpfen“, sagte Ministerpr­äsident Stefan Löfven im Radio Schweden und wandte sich direkt an die Jugendlich­en: „Ihr zerstört euer Leben und das eurer Eltern, der Nachbarn. Da muss die Gesellscha­ft steinhart antworten“, sagte er.

Bislang ist unbekannt, ob es sich bei den Tätern um Migranten handelt. Schwedisch­e Medien und die Polizei informiere­n nicht darüber. Bei Straftaten soll die ethnische Herkunft der Täter keine Rolle spielen – so lautet die Devise. Intehaben gration und Sicherheit zählen derzeit in Schweden zu den zentralen Wahlkampft­hemen. Davon profitiere­n vor allem die ausländerf­eindlichen Schwedende­mokraten, die in Umfragen mit über 20 Prozent inzwischen zweitstärk­ste Kraft im Lande sind.

„Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Die verstehen nicht, was sie da Menschen antun“, sagt der ältere Göteborger Nuno Mendoza und schaut auf sein total ausgebrann­tes Auto. „Ich fahre damit, um meiner Mutter zu helfen. Das ist so verdammt unnötig gewesen“, sagt er.

Bei den Automodell­en machten die Täter keine Unterschie­de. Zu den 100 zerstörten Autos zählten sowohl teure Schlitten wie auch Kleinwagen. Die Polizei kündigte an, ihre Präsenz in den betroffene­n Gebieten in den kommenden Tagen deutlich zu verstärken. Zudem sollen Sozialarbe­iter eingesetzt werden.

 ?? Foto: Adam Ihse, TT News Agency, AP, dpa ?? Auch auf dem Frölunda Platz in Göteborg wurden Autos angezündet.
Foto: Adam Ihse, TT News Agency, AP, dpa Auch auf dem Frölunda Platz in Göteborg wurden Autos angezündet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany