Aichacher Nachrichten

Meerjungfr­auen in Not

Seekühe sollen der Ursprung für die Sagengesta­lten sein. Wie sie ihr Leben im Amazonas verbringen

- VON FRANZISKA WOLFINGER

Augsburg Mit Muschelbik­ini und langem Fischschwa­nz rekelt sich die Meerjungfr­au auf einem Felsen, der mitten aus dem Meer ragt. Die orangerote Abendsonne glitzert dabei im Wasser.

Der Weg von den grau-braunen und dicklichen, langsam im Wasser treibenden Seekühen zum oben beschriebe­nen Bild ist weit. Dennoch gelten die Seekühe oder Manatis als Ursprung der Meerjungfr­auenlegend­e. Es waren wohl die etwa auf Brusthöhe der Tiere stehenden Zitzen, die die Seefahrer an Frauenbrüs­te erinnert haben. Selbst der botanische Name der Tiere, Sirenia, weist auf die Legende hin. Er ist angelehnt an die Sirenen aus der griechisch­en Mythologie, die Seefahrer mit ihrem betörenden Gesang in die Falle locken.

Während von den Seekühen für Matrosen tatsächlic­h keine Gefahr ausgeht, gelten inzwischen alle Manati-Arten als bedroht. Auch die Amazonas-Seekuh, die, wie der Name verrät, nur im weitläufig­en Flusssyste­m des Amazonas vorkommt. Darunter auch in einigen Zuflüssen in Peru, Ecuador und Kolumbien. Die Flussseeku­h zählt zur Familie der Rundschwan­zseekühe, auch Manatis genannt. Daneben gibt es noch Gabelschwa­nzseekühe (Dugongs). Die Amazonas-Seekuh ist die einzige Manati-Art, die ausschließ­lich im Süßwasser lebt.

Die dicken grauen Tiere verbringen ihr ganzes Leben im Wasser. Wie Wale und Delfine müssen die Seekühe zum Atmen auftauchen. Das machen sie in der Regel mehrmals pro Minute, können aber auch bis zu 15 Minuten unter Wasser bleiben. Ihre Nahrung finden die Amazonas-Manatis demzufolge unter Wasser. Sie ernähren sich ausschließ­lich von Wasserpfla­nzen. Angaben des WWF (World Wildlife Fund) zufolge müssen die Tiere täglich zwischen acht und 15 Prozent ihres Körpergewi­chts fressen. Dabei bringt die Amazonas-Seekuh als kleinste Manati-Art immer noch zwischen 350 und 500 Kilogramm auf die Waage. Ausgewachs­ene Tiere sind im Schnitt zwischen 250 und 300 Zentimeter lang.

Hungerperi­oden, etwa wenn in der Trockenzei­t nur wenige Wasserpfla­nzen wachsen können, überstehen die Tiere dank einer dicken Fettschich­t, dem sogenannte­n Blubber. Im Extremfall überleben die behäbigen Säugetiere bis zu sechs Monate ohne Nahrung. Trotz dieser beeindruck­enden Leistung und der Tatsache, dass sie kaum natürliche Feinde haben, zählen die Amazonas-Seekühe zu den bedrohten Arten. Eine genaue Schätzung der Bestandsgr­öße ist jedoch schwer zu erstellen, da das Amazonasge­biet, in dem sie leben, sehr groß und gleichzeit­ig sehr unwegsam ist.

Es ist vor allem der Mensch, der den Tieren zusetzt. Das Fleisch und Fett der langsamen, friedferti­gen und daher leicht zu jagenden Tiere war über Jahrhunder­te sehr begehrt. Heute ist die größte Gefahr für die Fluss-Manatis die Rodung des Amazonas-Regenwalds für Plantagen, Tierweiden, Bergbau und Holzproduk­tion. Dadurch wird ihr Lebensraum immer kleiner.

Der Name Seekuh führt übrigens auf eine falsche Fährte. Die nächsten Verwandten der Tiere an Land sind nicht Kühe, sondern Elefanten.

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Foto: Daniel Karmann, dpa Gemächlich treibt diese Amazonas Seekuh durch das Becken des Manati Hauses im Nürnberger Zoo.

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