Aichacher Nachrichten

Ein Stück Textilindu­strie kehrt zurück

Im Innovation­spark gibt es ein kleines Institut, das Stoff für eine Erfolgsges­chichte liefern möchte. Erforscht werden Flor und Vliesstoff­e. Wie Auto- und Flugzeugba­uer davon profitiere­n sollen

- VON MICHAEL HÖRMANN

Augsburg ist eine Stadt mit großer Vergangenh­eit in der Textilindu­strie. Viele Unternehme­n dieser Branche sind jedoch in den zurücklieg­enden Jahren vom Markt verschwund­en. Ehemalige Gelände von namhaften Augsburger Textilfirm­en sind zu großen Wohngebiet­en umfunktion­iert worden. Auf dem früheren NAK-Gelände steht die City-Galerie als großes Einkaufsze­ntrum. Nicht weit davon auf dem früheren AKS-Gelände gibt es eine ansprechen­de Bebauung mit Wohnen und Handel.

Das Unternehme­n Freudenber­g fertigt noch am Standort Augsburg. Im Martinipar­k werden Produkte der Marke Vileda hergestell­t. Die Dierig Holding AG hat ihren Sitz noch immer in Augsburg. Auch sie ist nach wie vor in der Textilbran­che tätig. Seit einigen Jahren behauptet sich zudem das Textilunte­rnehmen Manomama, das von Sina Trinkwalde­r geführt wird, erfolgreic­h am Markt. Ansonsten ist es jedoch schwer, eine Verbindung zur Textilbran­che in Augsburg zu schaffen.

Insofern muss es also durchaus überrasche­n, dass im Innovation­spark, der nahe der Universitä­t entsteht, ein Stück Textilindu­strie wieder auflebt. Hier im Technologi­ezentrum (TZA) ist von Anfang an das Institut für Textiltech­nik (ITA) Augsburg angesiedel­t. Es ist ein junges Institut mit wissenscha­ftlichem Hintergrun­d und Anspruch.

Prof. Stefan Schlichter ist Geschäftsf­ührer des Instituts. Der 61-Jährige unterricht­et zudem an der Universitä­t Augsburg, die das Institut fördert – allerdings nicht mit Geld. Finanziell­e Rückendeck­ung kommt dagegen aus Aachen. Hier sitzt die Rheinisch-Westfälisc­he Technische Hochschule (RWTH). Aachen ist ähnlich wie Augsburg eine Stadt mit großer Textilgesc­hichte. Das Mutterhaus hat nun in Augsburg eine Tochter ausgegründ­et, die sich mit Forschungs­projekten befasst. Neun Mitarbeite­r gehören gegenwärti­g zum Team. Es sind Ingenieure, die über ihre Tätigkeit im Institut den Doktortite­l anstreben. Gegenwärti­g sind zehn Forschungs­projekte am Laufen. Zusammenge­arbeitet wird hier zum Teil mit großen heimischen Unternehme­n. Der Jahresumsa­tz des Instituts liegt bei mehr als einer Million Euro.

„Letztlich geht es hier vor allem darum, mit Karbonfase­rn zu forschen“, erläutert Schlichter, der auf eine mehr als 30-jährige Erfahrung in der Industrie zurückblic­kt. Produziert und geforscht wird an großen Maschinen, die nur zum Teil im Technologi­ezentrum stehen. Eine größere Anlage ist im Sigma Technopark an der Werner-von-Siemens-Straße in Augsburg. „Wir forschen viel mit Vliesstoff­en“, sagt Schlichter. Ausgangsma­terial sei Flor. So werden in der Textiltech­nik Fasern bezeichnet, die aus dem Gewebe abstehen. Vliesstoff­e wiederum sind größtentei­ls flexible textile Flächengeb­ilde. Hier kommt nun die Verbindung zu den Karbonfase­rstoffen ins Spiel, die für Automobilu­nd Fugzeugbau­industrie eine immer größere Rolle spielen. Die Fasern werden überwiegen­d zur Herstellun­g von kohlenstof­ffaservers­tärktem Kunststoff (CFK = Carbonfase­rverstärkt­er Kunststoff) benutzt. Ein Beispiel, wie sich die Tätigkeit des Instituts praxisnah auswirkt, ist ein Tankdeckel, den ein Automobilh­ersteller nun fertigen lässt. Was sich für Laien höchst komplizier­t anhört, bringt Institutsl­eiter Schlichter mit bekannten Firmen in Verbindung: „Wenn jetzt Premium Aerotec und Faurecia gemeinsam ein neues Projekt im TZA in Augsburg starten, sind wir als Institut daran beteiligt.“Beteiligt an der Kooperatio­n ist zudem das Unternehme­n Solvay, eine Firma für Werkstoffe und Spezialche­mikalien mit Hauptsitz in Brüssel.

Wolfgang Hehl, Geschäftsf­ührer des Innovation­sparks, weiß um die Bedeutung, die vom Institut für Textiltech­nik ausgeht. „Das Gesamtvolu­men der laufenden Forschungs­projekte liegt bei 34 Millionen Euro.“

 ?? Fotos: Silvio Wyszengrad ?? Die Erforschun­g von Textilien gehört zu den Aufgaben der Mitarbeite­r des Instituts für Textilindu­strie. Aus Flor (links) werden in einem weiteren Schritt Vliesstoff­e (rechts).
Fotos: Silvio Wyszengrad Die Erforschun­g von Textilien gehört zu den Aufgaben der Mitarbeite­r des Instituts für Textilindu­strie. Aus Flor (links) werden in einem weiteren Schritt Vliesstoff­e (rechts).
 ??  ?? Prof. Stefan Schlichter ist Geschäftsf­ührer des Instituts für Textilindu­strie im Innova tionspark.
Prof. Stefan Schlichter ist Geschäftsf­ührer des Instituts für Textilindu­strie im Innova tionspark.

Newspapers in German

Newspapers from Germany