Aichacher Nachrichten

Um acht geht im JuZe das Licht aus – und dann?

Nur wenige junge Friedberge­r nutzen städtische Einrichtun­gen, um mit Freunden gemeinsam Zeit zu verbringen. An der Stadtmauer beschweren sich Anwohner über Jugend. Warum das so ist und wohin sie ausweichen / Serie (Teil 1)

- VON MAX VON LINDEN

Aichach Friedberg Die alte Hausmeiste­rwohnung in der Aichacher Straße 5a dient als Jugendzent­rum (JuZe) für die Friedberge­r Innenund Kernstadt. Was anfänglich nur eine Übergangsl­ösung sein sollte, besteht nun seit fast 20 Jahren. Das JuZe und das Jugendcafé Tandem im Wasserturm sind die einzigen beiden Jugendtref­fs in der Stadt, die nicht von Vereinen oder den Kirchen betrieben werden. Immer wieder wurde und wird ein Neubau diskutiert. Doch sowohl der derzeitige Stadtrat als auch dessen Vorgänger lehnten das immer wieder ab oder vertröstet­en auf die Zukunft. Nur Reparature­n und Sanierungs­arbeiten, zum Beispiel der Einbau einer neuen Küche nach einem Wasserscha­den, wurden in den vergangene­n Jahren vorgenomme­n.

Dennoch treffen sich im JuZe nach wie vor einige Mädchen und Jungen. Laut Stadtjugen­dpflegerin Linda Greiter stieg die Anzahl der Besucher in letzter Zeit sogar. Die Jugendlich­en sind zwischen 14 und 18 Jahren alt. Freitags kochen und essen sie gemeinsam im JuZe. Aber auch andere Aktivitäte­n wie Billard und Kicker stehen auf dem Programm. Immer mittwochs können die jungen Leute Sportangeb­ote in der Stadthalle oder dem Hartplatz der Mittelschu­le nutzen.

Die Jugendlich­en sind gern hier. Entgegen des weit verbreitet­en Vorurteils, dass die Besucher hauptsächl­ich aus der benachbart­en Mittelschu­le kommen, trifft man dort auf einen bunten Mix von Schülern sämtlicher Friedberge­r Schulen und sogar auf einige Auszubilde­nde. Sie gehören nach eigener Aussage alle zu einer großen Clique, deren Mitglieder aus dem ganzen Stadtberei­ch und aus Ortsteilen wie Wulfertsha­usen kommen. Dass sich meist nur ein Freundeskr­eis im JuZe aufhält, für Linda Greiter an den baulichen Gegebenhei­ten. „Mehrere Cliquen können im Jugendzent­rum zur selben Zeit nicht existieren, da es nicht genügend Räume gibt.“Im Erdgeschos­s befindet sich neben der Küche nur ein großer Aufenthalt­sraum. Der Keller wird zwar von der Stadt auf deren Website als attraktiv beworben, von den Jugendlich­en aber eher als ungemütlic­h angesehen.

Neben Spiel und Spaß bietet das Büro der städtische­n Jugendpfle­gerin, welches ebenfalls im JuZe ansässig ist, Beratung bei Bewerbunge­n und Ähnlichem. Eine Möglichkei­t, die die Jugendlich­en gerne wahrnehmen. All das funktionie­rt tagsüber wunderbar. Aber wohin gehen die Jugendlich­en eigentlich, wenn das Jugendzent­rum an Wochentage­n um 19 Uhr und am Wochenende um 20 Uhr schließt?

„Früher waren wir oft unten am neu gestaltete­n Schlosswei­her“, sagt Aleks. „Doch seit den Vandalismu­svorwürfen im vergangene­n Jahr sind wir dort nicht mehr. Wir möchten mit so was nicht in Verbindung gebracht werden.“So wie ihm geht es vielen jungen Menschen, die sich gern dort unten und an der Stadtmauer aufhalten würden.

Inzwischen habe die Polizei ihre Präsenz verstärkt, erzählen sie. Sobald Anwohnerbe­schwerden eingehen, kommen Beamte, die dann die Personalie­n der jungen Leute am Ort feststelle­n und versuchen, sie zu sensibilis­ieren und um Ruhe zu bitten. Das Problem: Meistens träfe es die Falschen, erzählen die jungen Leute. Denn oft seien die Störenfrie­de schon nicht mehr da, wenn die Polizei auftaucht.

Auch die Sicherheit­swacht schaut regelmäßig vorbei. Diese Besuche führten laut mehreren Jugendlich­en dazu, dass sich dort heute viel weniger junge Leute aufhielten. „Heute treffen wir uns eher bei jemandem privat zu Hause“, sagt ein Jugendlili­egt cher, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. Er will nicht mit den Ruhestörun­gen in Verbindung gebracht werden. Um die Jugendlich­en von vorneherei­n auf die Nachbarn aufmerksam zu machen, hat die Stadt Friedberg Hinweissch­ilder an der Stadtmauer aufstellen lassen. Gleich drei Stück im Abstand von nur wenigen Metern. »Lies mich!

ⓘ Serie Ob Jugendzent­rum, Bauwagen oder Bushaltest­elle: Junge Menschen brauchen einen Platz, an dem sie sich mit Freunden treffen, Musik hören, rum blödeln und sich ausprobier­en können. Manchmal stoßen sie dabei aber auf Mauern: Es gibt keinen Platz, überall stö ren sie. Wo junge Leute sich im Land kreis Treffpunkt­e eingericht­et haben, stel len wir in unserer neuen Serie Jugend ohne Ort vor. Ihr möchtet, dass euer per sönlicher Treffpunkt in die Zeitung kommt? Meldet euch unter klar text@friedberge­r allgemeine.de bei uns und werdet Teil unserer Serie!

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Foto: Mareike König Bitte nicht stören: An der Friedberge­r Stadtmauer ist für die jungen Bewohner nur Platz, wenn sie leise sind.

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