Onkel missbraucht zwölfjährige Nichte
Mann öffnet Hose der Schlafenden. Als das Mädchen aufwacht, zieht er sich zurück. Wie das Jugendschutzgericht in Aichach urteilt
Aichach Wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern stand gestern ein 37-Jähriger aus dem nördlichen Landkreis vor dem Jugendschutzgericht Aichach. Als vor rund zwei Jahren seine damals knapp zwölfjährige Nichte bei ihm übernachtete, öffnete er bei der Schlafenden die Schleife, mit der die Schlafanzughose zugebunden war. Als das Mädchen aufwachte, sah es den nackten Onkel neben sich stehen. Der zog sich zwar sofort zurück, unter den psychischen Folgen leidet die heute 13-Jährige aber noch immer. Bevor die Verhandlung begann, musste das Gericht jedoch erst noch eine grundsätzliche Frage klären.
Aus Sicht von Verteidiger Sascha Petzold war das Jugendschutzgericht Aichach nämlich gar nicht zuständig, weil der vermeintliche Tatort in München war. Dort hat der Angeklagte einen zweiten Wohnsitz. Da das Handy des Angeklagten, auf dem diverse kinder- und jugendpornografische Bilder gespeichert waren, jedoch in Aichach beschlagnahmt worden war, sah Richterin Eva-Maria Grosse die örtliche Zuständigkeit als gegeben an.
Erst nach rund einer Stunde konnte Staatsanwältin Melanie Ostermeier die Anklage verlesen. Demnach sah der Angeklagte, nachdem seine Nichte sich hingelegt hatte, im Fernsehen Pornos an. Anschließend soll er der damals Zwölfjährigen den Hosenbund des Schlafanzuges geöffnet haben, um sexuelle Handlungen vorzunehmen.
Als sie aufgewacht sei, habe ihr Onkel die aufgezogenen Bänder noch in der Hand gehabt, sagte die Nichte aus. Im Fernsehen lief weiterhin der Porno, und der 37-Jährige stand nackt neben ihrem Bett. Die Nichte zum weiteren Ablauf: „Ich habe mich umgedreht, damit er weggeht.“Daraufhin sei er schnell zur Couch gegangen und habe seine Unterhose angezogen. Auch das Fernsehprogramm wechselte er. Die spontane Reaktion der Zwölfjährigen: Sie rief ihren Vater an, damit er sie abholt. Als Begründung nannte das Mädchen, dass sie Sehnsucht nach ihm habe.
Es dauerte rund ein Jahr, bis sie sich ihren Eltern schließlich anvertraute und die zur Polizei gingen. Der Mutter war später zwar aufgefallen, dass ihre Tochter sich zurückzog, im Bett einnässte und bei den schulischen Leistungen abfiel. Die heute 13-Jährige antwortete auf Nachfragen der Mutter jedoch nicht.
Der Eindruck des Polizeibeamten von dem Mädchen: „Sie war durch den Vorfall ziemlich geschockt und hat ihn schwer verarbeitet.“Kurz bevor sie mit ihren Eltern auf der Polizeiinspektion erschienen war, hatte er ein Amtshilfeersuchen aus Coburg erhalten. Dort ermittelten die Beamten gegen den Angeklagten, weil er mit einer angeblich zwölfjährigen Chat-Bekanntschaft Geschlechtsverkehr haben wollte.
Verteidiger Petzold hob in seinem ausführlichen Plädoyer hervor, dass es aus seiner Sicht deutliche Widersprüche bei den Zeugenaussagen gab: „Wir haben ein Dilemma. Wir wissen nicht, wie es war.“Er forderte daher für seinen Mandanten Freispruch. Da der Angeklagte sich in der Verhandlung nicht äußerte, womit er seiner Nichte möglicherweise die Aussage vor Gericht hätte ersparen können, stützte sich Staatsanwältin Ostermeier auf die Beweisaufnahme. Die war aus ihrer Sicht eindeutig. Wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Besitzes von kinder- und jugendpornografischen Schriften forderte sie eine 15-monatige Haftstrafe.
Richterin Grosse verurteilte den 37-Jährigen zu einem Jahr Haft. Ihre Begründung, warum es keine Bewährung gab: „Ich bin nicht überzeugt, dass keine ähnlich gelagerten Straftaten mehr passieren werden.“Werner Ruisinger, Vertreter der Nebenklage, bedauerte, dass der Angeklagte keinen anderen Weg gegangen war und sich zum Beispiel bei seiner Nichte entschuldigt hatte.