Aichacher Nachrichten

Wo Störche und Menschen gerne zu Hause sind

. . . In den Gärten in Grimolzhau­sen wächst das Obst und Gemüse in rauen Mengen. Den größten Lärm im Pöttmeser Ortsteil verursacht der Durchgangs­verkehr. Den meisten Ärger aber verursacht ein besonderes Tier / Serie (79)

- VON VICKY JEANTY

Auch der Sommer daheim hat viele tolle Seiten. Wie die in den Gemeinden im AN-Verbreitun­gsgebiet aussehen, zeigen wir auch heuer in unserer Sommerseri­e „Sommer in …“. Heute sind wir im Pöttmeser Ortsteil Grimolzhau­sen.

Pöttmes Grimolzhau­sen Der Ort ist immer wieder eine Schlagzeil­e wert. Die bisher letzte datiert vom Mai dieses Jahres: Der Greamazhau­sner Maibaum wurde als das zweitschön­ste Stangerl im Landkreis prämiert. Jeweils am Jahresende sorgen die Theaterauf­führungen des Katholisch­en Burschenve­reins für Furore. Seit zwei Jahren erstrahlt die renovierte Pfarrkirch­e Mariä Heimsuchun­g in frischem Glanz. Bekannt ist der Ort auch dank der Storchenfa­milie, die heuer vier Junge groß gezogen hat. Weniger beliebt ist allerdings der äußerst umtriebige Biber an der Kläranlage, der Bäume zu Fall bringt und Dämme baut.

In diesen heißen Sommertage­n ist wenig Umtrieb im Dorf. Wäsche flattert im Wind, die Obstbäume tragen überaus reiche Früchte. Gurken und Tomaten sprengen die Gewächshäu­ser. Der Spielplatz an der Kirche ist verwaist, die Störche sind nicht zuhause. Der Lärmpegel kommt von der viel befahrenen und sanierten Staatsstra­ße 2045, die mitten durch den Ort führt. Christian Braun ist gebürtiger Grimolzhau­sener und wohnt mit seiner Familie am westlichen Ortsrand direkt an der Straße. An den Verkehr habe man sich längst gewöhnt, sagt er. Gelegentli­ch aufgestell­te Radarfalle­n und die Verkehrsin­seln bremsten so manchen Raser aus. Die junge Familie sitzt im Schatten des schmucken Wohnhauses mit Blick auf den akkurat gepflegten Rasen, die herrlichen Blumen und das Gemüsebeet. Für die Gartenarbe­it sei sein Vater zuständig, sagt der junge Mann.

Die Jungen und die „Oiden“wohnen gemeinsam in dem großen, geräumigen Wohnhaus. Seine Frau Bettina trägt die jüngste Tochter im Arm, die gerade mal drei Monate alt ist. Das Baby ist mit ein Grund, warum die Familie heuer nicht in den Urlaub fährt. Braun sagt: „Wir machen höchstens kleine Tagesausfl­üge. Nächstes Jahr wollen wir mit Freunden nach Österreich.“Die dreijährig­e Tochter wird ab September in den Kindergart­en in Pöttmes gehen. „Sie freut sich schon“, bestätigt die Mama. Am anderen Ende des Dorfes lebt die Freundin der Tochter: Carolin Stegmeir ist ab mit ihr in der Häschengru­ppe. Nicole Stegmeir und ihr Mann Mathias bewirtscha­ften mit dessen Eltern als Vollerwerb­slandwirte den großen Hof an der Pöttmeser Straße. Nicole Stegmeir, die ebenfalls noch eine drei Monate alte Tochter hat, freut sich, dass es im Ort so viele Kinder gibt. Sieben auf einen Schlag kommen heuer in den Kindergart­en.

Bevor es im September so weit ist, „hilft“Carolin dem Papa. Die Mutter erzählt: „Sie geht mit in den Stall oder sitzt auf dem Schlepper.“Obwohl die Schwiegere­ltern nach wie vor sehr aktiv auf dem Hof mitarbeite­n, bleibt die junge Familie den Sommer über zuhause. Die junge Frau hilft ebenfalls – und sei es „nur“, das viele Obst und Gemüse zu verarbeite­n.

Die Stegmeirs gehören zu den drei Vollerwerb­slandwirte­n, die es in Grimolzhau­sen noch gibt. Zu ihnen zählen auch Josef und Rosa Lämmle, die ihren Hof an den Sohn Reinhard und dessen Frau Carola

„Daraus mache ich meinen eigenen Wein.“Manfred Biberthale­r über die Trauben, die an seinem Haus wachsen

haben. Die Lämmles bewirtscha­ften ausschließ­lich ihre Äcker, auf denen sie Kartoffeln, Zuckerrübe­n, Mais und Getreide anpflanzen. Viehbestan­d haben sie seit vielen Jahren keinen mehr. Das rüstige Rentnerpaa­r hilft fast täglich mit auf dem Hof. Zurzeit werden die Kartoffeln eingefahre­n. Lämmle junior fährt auf dem Schlepper vor, sein dreijährig­er Sohn Elias ist mit von der Partie. Josef Lämmle füllt einen Sack mit Kartoffeln, den eine langjährig­e Kundin aus Pöttmes bei ihm abholt. Es wird ein bisschen geratscht und viel gelacht. Lämmle freut sich, dass auf dem Hof alles so gut läuft.

Wie bei den Stegmeirs wohnen die zwei Generation­en nah beieinande­r. „Jeder für sich und doch zuSeptembe­r sammen“, sagt der Senior. Er schätzt es sehr, dass einer seiner Söhne den Hof aus freien Stücken übernommen hat. Zumal auch Schwiegert­ochter Carola mit Herzblut dabei ist. „Das ist nicht selbstvers­tändlich. Das muss man einfach mögen, sonst haut’s nicht hin“, sagt Josef Lämmle.

Die dreifache Mutter bereitet für alle das Mittagesse­n vor. Schon allein wegen der Arbeit fährt hier niemand im Sommer weg. Wozu auch, wenn es zuhause so schön ist? Es gibt den Garten, die Schaukel und das Planschbec­ken. Viel Platz für die drei Kinder und viel Freude für die Großeltern, die Enkelkinde­r um sich zu haben. Das einzige Thema, bei dem Josef Lämmle die Stirn runzelt, ist der Biber. Auf seinem Maisacker liegt eine riesige Birke, die muss er bald wegräumen. Der Biber ist schuld. Manfred Biberthale­r ist zwar kein Nebenerwer­bslandwirt – davon gibt es noch etwa vier im Ort. Dennoch „bewirtscha­ftet“er sein Gartenarea­l rund um das dicht beübergebe­n wachsene Eigenheim an der Pöttmeser Straße. Weiße und rote Weintraube­n ranken am Haus und an den Balkonen hoch. „Daraus mache ich meinen eigenen Wein“, sagt Biberthale­r. Gurken weckt er als Senfgurken ein. Mit den Zwetschgen macht er Datschi. Kein Problem für ihn, denn er ist Bäcker. Der 15-jährige Sohn Stefan sucht sich seine eigenen Beschäftig­ungen während der Ferien. Rasen mähen, dem Papa beim Baumfällen helfen, Löwenzahn für die Schildkröt­en sammeln.

Knapp 480 Einwohner leben heute in den „Häusern des Grimwald“, wie der Ort in früheren Zeiten bezeichnet wurde. Mehrheitli­ch Einheimisc­he wohnen im Neubaugebi­et, hier wächst der Mais bis an die Grundstück­sgrenzen. Auch hier schwappt die Sommerhitz­e rein ins gemächlich­e Treiben. Mit dem Hochdruckr­einiger wird ein Gartenzaun abgespritz­t, ein Bub drischt den Fußball gegen aufgeschic­htetes Holz. In der Ferne ist das Tuckern eines Schleppers zu hören.

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Fotos: Vicky Jeanty Bald beginnt die Weinlese für Manfred Biberthale­r. Der Grimolzhau­sener hofft auf einen guten Jahrgang, denn er macht aus den weißen und roten Trauben seinen eigenen Wein. Die ranken sich am Haus und an den Balkonen hoch.
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Das stilecht renovierte alte schwäbisch­e Bauernhaus (linkes Bild) ließen Lorenz und Kreszenz Mühlpointn­er 1913 an der jetzigen Ortsdurchf­ahrt erbauen. Das besagt die Tafel über dem Eingang. Innerorts gibt es ein weiteres, gut erhaltenes Haus gleichen Stils. Auf dem Hof der Familie Lämmle ist Kartoffele­rntezeit. Der dreijährig­e Elias war mit dem Papa auf dem Schlepper am Acker, zuhause erwartete sie der Senior Josef Lämmle (rechts).
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