Aichacher Nachrichten

Hebammensc­hule im Kreis?

Der Personalen­gpass auf der Geburtshil­festation Aichach scheint überwunden – das Team sucht aber noch nach Verstärkun­g. Landrat Metzger kündigt Gründung einer Hebammensc­hule an

- VON ULRIKE EICHER

Landrat Klaus Metzger kündigt die Gründung einer Hebammensc­hule im Wittelsbac­her Land an. Er reagiert damit auf den Personalen­gpass in Aichach.

Aichach Landrat Klaus Metzger ist Großvater geworden. Elias heißt sein Enkelsohn. Er ist im August auf die Welt gekommen – in München. Die Familie lebt nicht im Aichacher Raum. Wäre sie allerdings hier ansässig, dann hätte die werdende Mutter für die Geburt ihres Kindes ausweichen müssen. Denn die Belegabtei­lung für Gynäkologi­e und Geburtshil­fe am Krankenhau­s in Aichach ist seit Mittwoch, 25. Juli, geschlosse­n. Das aber zum Glück nicht mehr lange: Am Samstag nimmt sie ihren Betrieb ab acht Uhr wie berichtet wieder auf.

Diese Nachricht dürfte nicht nur viele Schwangere aus dem nördlichen Landkreis erleichter­n, die gerne hier entbinden möchten. Auch Dagmar Schmaus freut sich darüber. Sie ist eine der Beleghebam­men, die freiberufl­ich für das Krankenhau­s tätig sind und ihre Dienste vor und nach der Geburt daneben auch in der eigenen Hebammenpr­axis in Aichach anbieten. „Für September und Oktober sind wir nun wieder gut aufgestell­t und einigermaß­en sicher, so können wir arbeiten“, sagt sie in Bezug auf die Geburtshil­festation am Krankenhau­s.

Fünf Beleghebam­men seien ab Samstag in der Abteilung im Einsatz, darunter drei vom „alten“Team, so Schmaus. Neu hinzu kommt ab September eine Kollegin, die in Teilzeit arbeitet. Außerdem eine Hebamme, die zuletzt in der inzwischen geschlosse­nen Geburtenst­ation in Schwabmünc­hen tätig war. Diese hilft im September und Oktober in Aichach aus – danach tritt sie allerdings eine andere Stelle an. Ab November besteht das Team der Beleghebam­men am Krankenhau­s nach derzeitige­m Stand dann wieder nur aus vier Kräften. „Das heißt, wir brauchen immer noch dringend eine bis zwei neue Kolleginne­n, die das Team unterstütz­en“, sagt Schmaus. „Wenn wir die finden, sind wir zuversicht­lich. Aber die Suche ist sehr schwer.“

Ein Personalen­gpass war der Grund für die Schließung der Aichacher Station im August, die für große Aufregung sorgte und sehr kurzfristi­g entschiede­n wurde. Durch Weggänge und eine schwere Erkrankung war das Team von ehemals fünf bis sechs Beleghebam­men auf nur mehr zwei geschrumpf­t, die den Dienst im August allein hätten stemmen müssen – dabei sind mindestens vier dafür nötig, so Dr. Krzysztof Kazmiercza­k, Geschäftsf­ührer der Kliniken an der Paar, zu denen neben dem Aichacher auch das Friedberge­r Krankenhau­s gehört. Dass die personelle Lage im Sommer eng werden könnte, hatte sich schon im Frühjahr angedeutet. Seit März sucht das Team immer wieder nach Verstärkun­g. Im August wurden dann nur noch bereits geplante Kaiserschn­itte in Aichach durchgefüh­rt – Schmaus zufolge waren es etwa 12. Alle anderen werdenden Mütter wurden gebeten, sich an die Kliniken im Umkreis zu wenden. Dies scheint sich rechtzeiti­g herumgespr­ochen zu haben: Schmaus ist nicht bekannt, dass im August eine Frau mit Wehen vor der Tür des Aichacher Krankenhau­ses gestanden hätte. Dafür vermutet die Beleghebam­me, dass 20 bis 25 Frauen von der Schließung betroffen waren und woanders entbinden mussten.

Einige der Schwangere­n seien ans Friedberge­r Krankenhau­s ausgewiche­n, weiß Kazmiercza­k. Dort mache sich bemerkbar, dass im Umkreis immer weniger Geburtenst­ationen zur Verfügung stehen – während der Aichacher Kreißsaal nur vorübergeh­end geschlosse­n war, finden in Schrobenha­usen seit 2016 keine Entbindung­en mehr statt. Die Station in Schwabmünc­hen ist seit diesem Mai zu. 730 Geburten gab es am Friedberge­r Krankenhau­s 2017 – so viele wie lange nicht mehr. Und auch in Aichach kamen zuletzt immer mehr Babys auf die Welt: 376 Geburten waren es 2017 und 318 Geburten 2016. Das liegt auch am allgemeine­n Babyboom, der deutschlan­dweit seit einigen Jahren zu beobachten ist.

Umso wichtiger ist es allen Beteiligte­n, die Station in Aichach dauerhaft zu sichern. Das betont auch Klaus Metzger im Gespräch mit unserer Zeitung: „Es ist unser eindeutige­r politische­r Wille über alle Parteien und Fraktionen hinweg, die Geburtshil­fe an beiden Standorten im Landkreis zu erhalten“, sagt der Landrat. Dazu will der Kreis nun selbst aktiv werden. Wie Metzger ankündigt, soll eine Hebammensc­hule in privater Trägerscha­ft im Wittelsbac­her Land gegründet werden – damit wolle man dem bundesweit spürbaren Hebammenma­ngel lokal etwas entgegense­tzen. Die Idee sei neu entstanden, sagt der Landrat. Sie müsse im Werkaussch­uss und mit den Beteiligte­n erst noch diskutiert werden. Metzgers Überlegung­en aber sind Folgende: Mit der Krankenpfl­egeschule in Aichach und der Schule für Altenpfleg­e in Mering habe man bereits beste Erfahrunge­n gemacht: „Viele der Absolvente­n bleiben dem Landkreis nach ihrer Ausbildung treu.“Eine Hebammensc­hule könnte denselben Effekt haben, erhofft sich Metzger. Sie soll ersten Überlegung­en zufolge in Aichach angesiedel­t werden – im Altbau des Krankenhau­ses, das nach derzeitige­m Stand im Oktober in den Neubau umgesiedel­t wird. Im besten Fall könnten dort Hebammen ausgebilde­t werden, die dann später an den Kliniken an der Paar arbeiten. „Wir tun, was möglich ist“, sagt Metzger. Alle Probleme aber könne der Landkreis nicht lösen, fügt der Landrat hinzu und spielt etwa auf die sehr hohen Versicheru­ngsprämien an, die freiberufl­iche Hebammen und Gynäkologe­n bezahlen müssen, wenn sie in der Geburtshil­fe tätig sind. „Da muss sich was am System ändern, da ist die große Politik gefragt.“

 ?? Archivfoto: Christian Kirstges ?? Blick in einen Kreißsaal im Aichacher Krankenhau­s: Das Team der Beleghebam­men ist nun wieder größer. In Zukunft könnte eine Hebammensc­hule neue Geburtshel­ferinnen in den Landkreis bringen.
Archivfoto: Christian Kirstges Blick in einen Kreißsaal im Aichacher Krankenhau­s: Das Team der Beleghebam­men ist nun wieder größer. In Zukunft könnte eine Hebammensc­hule neue Geburtshel­ferinnen in den Landkreis bringen.

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