Abschuss löst nicht das Problem
Sarah Schölzel ist die neue Wolfsbeauftragte
Frau Schölzel, Sie sind Biologin und nun im Oberallgäuer Landratsamt für Anfragen rund um den Wolf zuständig. Steht das Telefon noch still?
Sarah Schölzel: Tatsächlich ist der Informationsbedarf groß. Viele Landwirte informieren sich über das Verhalten von Wölfen und über Herdenschutzmaßnahmen.
Es heißt oft, dass Zäune nichts bringen würden, weil der Wolf sie überspringt? Schölzel: Es kommt sicher auf die Situation vor Ort an. Zäune können sehr wohl einen wirksamen Schutz bieten, vor allem, wenn sie elektrifiziert sind. Dies zeigen die Erfahrungen aus anderen Bundesländern und dem benachbarten Ausland. Diese Erfahrungen zeigen außerdem, dass Wölfe in der Regel zuerst versuchen, einen Zaun zu untergraben oder einen Durchschlupf zu finden. Das Überspringen von Zäunen ist eher untypisch. Und wenn ein Wolf dann einen elektrischen Schlag bekommt, sucht er das Weite.
Oft wird gefordert, den Wolf zu töten. Ist der Abschuss eines Wolfes die Lösung aller Probleme? Oder sind längst mehrere im Oberallgäu unterwegs? Schölzel: Aktuell liegen uns anhand genetischer Untersuchungen nur Kenntnisse von einem Wolf vor, aber die Untersuchungen gehen ja noch weiter. Für einen Abschuss bestehen hohe rechtliche und fachliche Hürden. Grundsätzlich löst die Entnahme nicht das Problem, weil schon bald der nächste Wolf durchwandern könnte.
Was raten Sie den Menschen, die Angst haben, einem Wolf zu begegnen? Schölzel: Der Wolf weiß, dass ein Mensch in der Nähe ist, bevor wir ihn überhaupt sehen und hält sich normalerweise fern. Kommt es doch zu einer Begegnung, sollte man ruhig bleiben und auf keinen Fall wegrennen. Wenn man sich in der Situation unwohl fühlt kann man sich langsam zurückziehen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass der Wolf stehen bleibt und beobachtet. Um ihn zu verscheuchen, reicht es aber meist aus, laut zu rufen, zu klatschen und mit den Armen zu wedeln. Seit es wieder Wölfe in Deutschland gibt, kam es bisher zu keinen Angriffen oder unmittelbar gefährlichen Situationen für Menschen. Ich persönlich hätte mehr Angst, ein Wildschwein zu treffen als einen Wolf.