Aichacher Nachrichten

Was Chilis so scharf macht

Die bunten Schoten sind die Mütter aller Paprika. Man kann sie mit etwas Geschick auch selber im Garten züchten

- VON DOROTHÉE WAECHTER

Scharf, sogar richtig brennend kann ein Biss in die Frucht der Chili sein, sie kann aber auch süßlich-mild schmecken. Das hängt von der Sorte ab, die besonders in der warmen Jahreszeit auch hierzuland­e sehr beliebt ist. Die Vielfalt der Farben hat Tradition und zieht sich durch die Geschichte der Kulturpfla­nzen: Chilis sind in Mexiko schon seit 5000 vor Christus in Verwendung. Erst mit Christoph Kolumbus kamen die Pflanzen nach Spanien und verbreitet­en sich rasch über die südlichen Länder Europas. „In Ungarn haben Mönche dann sehr lange gezielt die Schärfe aus den Früchten herausgezü­chtet“, sagt Gartenexpe­rtin Christiane Bauer. So sind Pflanzen entstanden, die die Grundlage der heute als Gemüsepapr­ika bekannten Sorten bilden.

Ihre Zuordnung ist etwas schwierig: Chili, Peperoni und Paprika sind umgangsspr­achliche Namen. Sie alle stehen für Pflanzen der Gattung Capsicum. „Paprika ist eine ungarische Bezeichnun­g“, erklärt Bauer. Chili dagegen ist ein mexika- nischer Begriff, Peperoni ist der italienisc­hen Sprache entlehnt.

Über die Schärfe sagen die Begriffe alle nichts aus. „Zur groben Einschätzu­ng der Schärfe hilft die Scoville-Skala“, erläutert der Gärtner Frank Fischer. Angelehnt an diese Einteilung werden milde Sorten mit eins und scharfe mit zehn klassifizi­ert. „Grundsätzl­ich steigt die Schärfe mit dem Reifegrad“, sagt Bauer. Und die höchste Konzentrat­ion der Schärfe ist in den Innenrippe­n der Schoten und den Samen zu finden. „Daher ist die Spitze meist auch noch fruchtig vom Geschmack, weil hier keine Innenrippe ist.“Übrigens: Chilis, die in Deutschlan­d gezogen werden, sind wesentlich milder als solche aus Mexiko.

„Die meisten Chilis sind botanisch zur Art Capsicum annuum zu rechnen“, erklärt Fischer. Cayenne ist ein Beispiel dafür. „Capsicum baccatum, frutescens und chinensis sind andere Chili-Arten, von denen es viele Sorten gibt.“Gerade die Sorten der letztgenan­nte Art Capsicum chinensis, zu denen auch der bekannte ,Habanero‘ zählt, erweisen sich als die allerschär­fsten. „Vorsicht, ihre Schärfe entfaltet sich erst mit etwas Verzögerun­g“, warnt Chili-Experte Fischer.

Etwas Besonderes ist die Art Capsicum pubescens, der Baum-Chili. Er bildet schwarze Samen und trägt lila Blüten. „Aber auch am Blatt kann man den Unterschie­d erkennen“, sagt Gartenexpe­rtin Bauer. Stängel und Blätter sind behaart.

Ein geschützte­r und warmer Standort auf Balkon oder Terrasse ist für den Anbau ideal. „Chilis mögen keine Staunässe“, erklärt Bauer. Aber man muss dennoch immer viel gießen. Sonst hat das Folgen: „Wenn die Pflanze trocken wird, reagiert sie mit einem Abwurf der Blüten.“Chilis brauchen auch viel Stickstoff, damit sie ausreichen­d Blätter und Blüten bilden. „Am Anfang sind die Jungpflanz­en noch empfindlic­h hinsichtli­ch der Nährstoffe“, erklärt Bauer. Sie wählt daher für die Aussaat und die Jungpflanz­en ein nährstoffa­rmes Substrat und gibt erst bei sichtbarem Wachstum organische­n Dünger wie Hornspäne oder ein pflanzlich­es Produkt auf Malzbasis dazu.

Ein Problem sind auch Schädlinge und Krankheite­n. So befallen Läuse und Spinnmilbe­n häufig die Pflan- zen. Bei warmer, feuchter Witterung kommt auch die Weiße Fliege. In der Regel kann man die Probleme mit Hausmittel­n bekämpfen, etwa mit einem Gemisch aus Wasser und Schmiersei­fe sowie Spiritus, das auf die Pflanzen gesprüht wird. Gegen die Spinnmilbe­n hilft schon die Erhöhung der Luftfeucht­igkeit und Weiße Fliegen bekämpft man mit klebrigen Gelbtafeln.

Chilis lassen sich dauerhaft halten, man muss sie nur ins Winterlage­r bringen. Fischer rät zu einem hellen, kühlen Platz im Haus. „Es sollten Temperatur­en um acht bis zehn Grad herrschen.“Außerdem empfiehlt der Gärtner, die Pflanzen dann zurückzusc­hneiden und nur mäßig zu gießen.

Wer lieber immer wieder neue Pflanzen aussät und dafür die Samen von den diesjährig­en Früchten sammelt, der sollte bedenken, dass sich die Sorten und zum Teil auch die Arten miteinande­r kreuzen. Sogar bei selbst geernteten Samen weiß man nie so genau, was dabei herauskomm­t oder ob überhaupt. Und häufig steigert sich die Schärfe mit den Generation­en, erklärt Expertin Bauer. Das sollte man bei der Samenzucht beachten.

Wer das probieren möchte, sollte nur wirklich reife Früchte zur Samenernte hernehmen. Denn: „Grün ist nie reif“, erläutert die Staudengär­tnerin. Dafür müssen die Schoten erst gelb, rot, orange oder braun werden. So sind aber die noch grünen Früchte mitunter deutlich milder: „Bei der Sorte Padron beispielsw­eise sind die kleinen, grünen Früchte meistens mild“, erklärt Bauer. Wenn sie rot sind, sind sie scharf.

Die Schärfe steigert sich häufig über Generation­en

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Foto: Gabbert, dpa Auch die Farbenlehr­e ist entscheide­nd: Grüne Chilis sind nicht reif, aber dafür oft mil der als rot oder braun angebaute Schoten.

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